Diese spezielle Produktionsweise ist auch ein Grund, warum Wunschfutter.de in eine eigene Produktionshalle investiert hat, und keinen Produzenten von außen beauftragt. „Die eigene Produktion macht die Kosten anfangs natürlich höher, aber wir wollten unser Know-How nicht aus der Hand geben“, sagt Heitmann. Dieses Know-How haben sich Tobias Heitmann und seine zwei Mitgründer Kai Oestricher und Sonja Groneweg von außen geholt. Zwar hatten alle drei Erfahrung mit eigenen Unternehmen, allerdings kannte sich niemand mit der Tierfutter-Industrie aus. Die Gründer kannten sich über den Regionalkreis der „Jungen Unternehmer“ in Dortmund. Tobias Heitmann führt die Düsseldorfer Kunstgalerie Zimmermann & Heitmann, Kai Oestricher die Dortmunder Unternehmensberatung Synergate und Sonja Groneweg leitete mehrere Jahre die Groneweg-Gruppe, ein Lebensmittelunternehmen.
Geschäftsidee aus Kanada importiert
Nachdem Tobias Heitmann die anderen beiden überzeugte, einzusteigen, begannen sich die Branchen-Neulinge zu informieren – und stießen auf das kanadische Unternehmen RedMoon. Es setzt das von Tobias Heitmann angedachte Geschäftsmodell schon seit 15 Jahren in Kanada um. Die drei Unternehmer sind darauf hin nach Kanada geflogen, haben sich das Konzept angeguckt – und es gleich erworben „Gegen eine Art Franchise-Gebühr haben wir die Struktur des Unternehmens übernommen“, sagt Heitmann. „Dazu gehören Produktionsweise, Rezepte oder auch der Aufbau der Internetseite.“
Die wichtigsten Fakten zu Crowdfunding
Beim Crowdfunding stellt der Projektinitiator seine Idee auf einer Plattform vor, legt eine Summe fest, die er erreichen möchte, und bietet den Unterstützern je nach Summe, die sie bieten, eine Gegenleistung. Unterstützer bekommen so beispielsweise bei einer Filmproduktion eine Kinokarte oder eine Danksagung auf der ersten Seite, wenn es um ein Buchprojekt geht. Wer also finanzielle Unterstützung leistet, erhält meist etwas Besonderes für sein Geld. Ist die Summe komplett in der Projektzeit durch Unterstützer finanziert, bekommen die Projektinitiatoren das Geld ausbezahlt, um ihre Idee dann in die Tat umzusetzen.
Beim Crowdinvesting wird ein Projekt ebenso vorgestellt wie beim Crowdfunding. Die Unterstützer sind hier aber Investoren. Sie bekommen meistens keine Gegenleistung in Form von spezifischen „Dankeschöns“, sondern erhalten Anteile am Projekt und werden am Gewinn beteiligt. So etwa bei einem Filmprojekt je Anteil zum Beispiel einen Euro pro verkaufter Kinokarte.
Wenn ein Projekt in der Finanzierungsphase die Zielsumme nicht erreicht, gibt es kein Geld für das Projekt. Die Gelder fließen dann an die Unterstützer zurück. Nur wenn die Summe zu 100 Prozent (oder mehr) erreicht wurde, geht das Geld an das Projekt.
Jeder potenzielle Unterstützer soll die Chance bekommen möglichst alles über das Projekt zu erfahren. Dabei geht es darum, dass in einem Crowdfunding-Projekt nicht nur die Ideen und Pläne vorgestellt werden, sondern die Kostenstruktur und natürlich die Menschen im Einzelnen, die hinter der Idee stehen.
Viele kleine Beträge können viel erreichen: Beim Crowdfunding bedeutet das Prinzip des Micropayments, dass auch Kleinstbeträge von wenigen Euros oder sogar Cents gezählt werden. Dies ist bei vielen Projekten der Fall.
Beim Seedcapital handelt es sich um die Art von Crowdfunding, bei dem es um die Finanzierung von Start-ups geht. Das gesammelte Geld ermöglicht dabei erst die Gründung eines Unternehmens.
Um die anfänglichen Kosten zu stemmen, investierte jeder Gründer eine sechsstellige Summe – aus eigener Tasche, ohne Kredite. Mittlerweile ist noch eine nordrhein-westfälische Investorenfamilie eingestiegen. Diese hält nur drei Viertel an der Firma. Das Geld von außen war für aktuelle Erweiterung der Produktionsanlage nötig. Mit dem ersten Jahr zeigt sich Tobias Heitmann zufrieden. Zwar nennt der Jungunternehmer keine Zahlen, verrät aber: „Wir stehen kurz vor der Gewinnzone. Wenn es so gut weiter geht, wie bisher, werden wir schon nächstes Jahr ein Plus machen.“
Starker Partner im Hintergrund
Diese Aussichten klingen zwar gut, doch haben sich schon einige „Mass Customization“-Anbieter verzockt. Im September stellte etwa MyStofftier.com seinen Online-Shop ein, im Juli ging das Maßbekleidungsportal „Shirts on the fly“ insolvent und im Juni wurde das Start-Up MixiMuesli.de auf Ebay versteigert. Auch im Tierfutter-Bereich wurden schon zwei „Mass Customization“-Portale eingestellt: MeinHundefutter.de und MyPetFood.de. „Das war ein Hausfrauen-Laden, um es böse zu sagen. Sie sind nicht professionell genug vorgegangen“, sagt Tobias Heitmann zum Niedergang von MeinHundefutter.de. Das Problem von MyPetFood.de war, dass die Markenrechte bei Heitmann und seinen Partnern lagen. „Ich mache doch keinen Internet-Shop auf und nenne ihn Karstadt. Da informiere ich mich vorher, wer die Namensrechte hält.“
Einen direkten Konkurrenten im „Mass Custumization“-Bereich hat Wunschfutter.de noch: Seit Februar ist Canimix.com aus Hamburg online. „Man muss einen längeren Atem und strategische Kontakte aufbauen“, sagt der dortige Geschäftsführer, Sascha Lindemann, zu den bisher eingestellten Start-Ups. Diesen langen Atem und die nötigen Kontakte hat Canimix.com dank seiner Investoren. An dem Unternehmen mit 20 Mitarbeitern sind Fressnapf-Chef Torsten Toeller über seine Holding beteiligt, sowie Tengelmann Ventures, die Investmentgesellschaft des gleichnamigen Lebensmittel-Konzerns. Kurz nach dem Start der Internetseite, fragte das Kaffeehaus Tchibo an, ob Caninmix seine Produkte für spezielle Tieraktionswochen in den Tchibo-Filialen anbieten möchte. „Sie hätten uns vermutlich nicht angesprochen, wenn wir nicht so starke Partner im Hintergrund hätten“, sagt Lindemann.
Diese haben auch ihr Wissen an Sascha Lindemann und seine zwei Partner weiter gegeben. So stellte ihnen die Holding des Fressnapf-Chefs einen Berater zur Seite, der ihnen Tipps gegeben hat. Denn so wie bei Wunschfutter.de, kannten sich auch die Canimix-Gründer nicht in der Tierfutter-Industrie aus.