Hidden Champions Die Weltmarktführer im Mittelstand

Die Zeiten, in denen sich deutsche Mittelständler vornehmlich auf ihre technische Expertise verließen, sind vorbei. Vor allem die Weltmarktführer haben aus ihren Produkten wahre Botschafter des Unternehmens gemacht. Das zeigt ein in dieser Form einzigartiges Ranking der WirtschaftsWoche.

  • Teilen per:
  • Teilen per:
Martin Herrenknecht, Vorstandsvorsitzender Herrenknecht AG Quelle: PR

Der Mann ist eine Marke: klare Ansagen, klarer Kurs. Auch wenn es Ärger bringt. Politische Korrektheit? Ausgewogene Aussagen? Nicht seine Sache. Martin Herrenknecht scheut Wörter wie "Idioten", "Schwachköpfe" nicht. Der CDU-Politiker Heiner Geißler mit seinem Vorschlag, in Stuttgart einen Kombibahnhof über- und unterirdisch zu bauen – ein "Vernichter". Die Grünen-Co-Vorsitzende Claudia Roth – "unerträglich", Griechenland – ein Stall, den man ausmisten muss. Herrenknecht fühlt sich wohl, wenn er austeilen kann.

Kann ein solcher Mann für einen Weltmarktführer stehen, für den größten Hersteller von Tunnelbohrmaschinen. Für eine Marke, deren Technik dafür steht, dass Ungetüme wie die seinen beim Bau des neuen 57 Kilometer langen Schweizer Gotthard-Tunnels zentimetergenau aufeinandertrafen?

Mittelständler glänzen im Stillen

Er kann – ob bei Tunnelprojekten in den Alpen, am Bosporus oder in Shanghai. "Der Marke haben seine kantigen Auftritte nicht geschadet", sagt Tomasz de Crignis, Consulter bei der Münchner Unternehmensberatung Biesalski & Company. "Im Gegenteil, sie passen zu den Produkten und zum Unternehmensbild."

Tatsächlich haben es das 3200-Mitarbeiter-Unternehmen aus der badischen Gemeinde Schwanau und sein Gründer wie kein anderer deutscher Mittelständler geschafft, Produkt und Marke mit einem Faszinosum zu umgeben. Damit verfügt Herrenknecht über die wertvollste Marke, die deutsche Weltmarktführer mit weniger als eine Milliarde Euro Umsatz in den vergangenen Jahren aufgebaut haben. Das zeigt das Markenranking, das Biesalski & Company exklusiv für der WirtschaftsWoche erstellt hat – eine in dieser Form einzigartige Rangliste. Das Ranking bewertet die Markenstärke deutscher, mittelständischer Weltmarktführer, der sogenannten Hidden Champions.

In kaum einem anderen Land der Welt gibt es so viele Familienunternehmen, die es in ihrer Nische zu Weltmarktführern gebracht haben. Der Reinigungsmaschinenbauer Kärcher, der Hersteller von Anlagen für die Chipproduktion, Manz, oder der Reißverschlusshersteller Prym mögen außerhalb ihrer Branche vielleicht noch bekannt sein. Unternehmen wie der Druckfarbenhersteller Siegwerk, der Produzent für elektrische Kontakte Wago oder der Klebstoffhersteller Jowat glänzen dagegen vor allem im Stillen. Gleichwohl verdanken auch die weniger bekannten Unternehmen inzwischen den Großteil des Geschäfts und der Exporte ihrer Marke, die in der jeweiligen Branche wie Leuchttürme die Konkurrenz überstrahlen.

Gabi, Heidi und Sissi

Das ist jedenfalls eines der Ergebnisse der Erhebung der Berater von Biesalski & Company, die dazu 125 Branchenexperten befragten. "Es ist erstaunlich, welche Bedeutung die Marke bei den Weltmarktführern hat", sagt Markenexperte de Crignis, "die Zeiten, in denen sich die Unternehmer auf ihrem technischen Vorsprung ausruhten und den Markenaufbau dem Zufall überließen, sind vorbei."

Zwar gebe es nach wie vor bei den Weltmarktführern im Mittelstand immer wieder auch Bauchentscheidungen. Aber so gut wie alle familiengeführten Champions unterhielten heute Marketingabteilungen, die sich nicht nur als Hilfstruppen für kurzfristige Vertriebserfolge verstehen, sondern auch den langfristigen Aufbau des Markenbildes im Blick haben. So wird Unternehmensgründer Herrenknecht von einer etwa 30-Personen-Crew bei der Markenstrategie unterstützt. Die Mannschaft achtet darauf, dass die Tochterunternehmen und ihre Marken mit dem Auftritt des Gesamtunternehmens harmonieren und als Teile des Konzerns auf den ersten Blick zu erkennen sind.

Vor allem aber feilt die Mannschaft um den Herrenknecht-Markenchef Achim Kühn am Markenbild der Produkte. "Unsere Tunnelbohrmaschinen sind inzwischen selbst zu Markenpersönlichkeiten geworden, mit denen sich die Kunden ein stückweit identifizieren", sagt Kühn. Oft geben die Abnehmer den Maschinen Spitznamen. So hießen die Granitfresser unter dem Gotthard Gabi, Heidi oder Sissi. Die Ungetüme auf dem Werksgelände in Schwanau machen es den Käufern leicht, die Anlagen als etwas ganz Besonderes zu betrachten: Bis zu 19 Meter ragt eine Bohrscheibe in den Himmel, bis zu 400 Meter schiebt sich ihr Hinterteil in den Horizont.

Für Martin Herrenknecht und seine Mitarbeiter sind solche Emotionen wichtig. "Wir arbeiten in einem Geschäft, das oft von politischen Entscheidungen abhängt", sagt Herrenknecht, "da spielen die Marke, die Geschichten und Erwartungen, die damit verbunden sind, eine große Rolle."

Inhalt
  • Die Weltmarktführer im Mittelstand
Artikel auf einer Seite lesen
© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%