Ungeachtet der boomenden Branchenkonjunktur bereiten dem europäischen Flugzeugbauer Airbus zwei Prestige-Maschinen weiter Bauchschmerzen. Die anhaltenden technischen Probleme mit dem Militärtransporter A400M sorgen für zusätzliche Belastungen in der Bilanz, wie Finanzchef Harald Wilhelm am Mittwoch auf der Luftfahrtmesse im britischen Farnborough mitteilte. Außerdem stellt sich das Management zumindest vorübergehend auf eine deutliche Abschwächung der Nachfrage nach dem Großraumflieger A380 ein.
Das A400M-Programm steht seit Jahren im Zeichen von Verzögerungen und milliardenschweren Kostenexplosionen. Zuletzt waren Risse am Rumpf des Transporters aufgetreten. Vor allem aber gibt es massive Schwierigkeiten mit den Triebwerken. Deswegen mussten zuletzt zwei der bis dahin drei deutschen A400M am Boden bleiben. Mittlerweile lieferte Airbus einen vierten Militärtransporter nach Deutschland aus.
Das Bundesverteidigungsministerium hat nach Worten von Ressortchefin Ursula von der Leyen inzwischen den A400M-Lieferplan von Airbus erhalten. "Den evaluieren wir jetzt, ob er plausibel ist", sagte die Ministerin in Berlin.
Die Chronik des Airbus-Pannenfliegers A400M
Führende europäische Rüstungskonzerne gründen im Dezember 1982 das Future International Military/Civil Airlifter-Konsortium (FIMA) mit dem Ziel, den Bau eines gemeinsamen Militärtransporters zu prüfen. Die neue Maschine soll als Ersatz für die alternenden Flieger Lockheed C-130 Hercules und Transall C-160 dienen.
orDas mittlererweile auf Euroflag umgetaufte Konsortium stellt das erste Modell der A400M auf der Flugschau in Farnborouv. Der Name: Future Large Aircraft (FLA). Kurz darauf übernimmt der Flugzeugbauer Airbus das Programm.
Airbus legt sieben Regierungen ein Angebot über feste Leistungen und Preise für den A400M vor.
Nach schwierigen und lange dauernden Verhandlungen unterschreiben die Länder im Mai 2003 einen Vertrag über die Lieferung von 180 Maschinen.
Der Bau des ersten Prototypen beginnt. Ende des Jahres gibt Airbus bekannt, dass sich der eigentlich für 2008 geplante Start der Serienproduktion wegen technischer Probleme um mindestens zwölf Monate verzögert.
Im Dezember 2009 findet schließlich der Erstflug des Militärtransporters statt. Es ist längst ausgeschlossen, dass Frankreich wie geplant im Frühjahr 2010 die erste A400M erhält.
Die Situation spitzt sich zu: Airbus zweifelt wegen der immens erhöhten Belastung durch technische Probleme und Verzögerungen in der Entwicklung intern an der Realisierung des Projekts. In Medien ist von fünf bis elf Milliarden Euro Mehrkosten die Rede.
Die Beteiligten Länder einigen sich mit Airbus auf den Bau des Flugzeugs und akzeptieren eine Preiserhöhung. Die Produktion der ersten Serienmaschinen beginnt.
Im August 2013 wirddie erste A400M an das französische Militär geliefert.
Laut Medienberichten führen Produktionsprobleme dazu, dass 2015 maximal zwei statt fünf A400M an Deutschland ausgeliefert werden können. Auch die Franzosen und Briten sind von den erneuten Verzögerungen betroffen.
Airbus-Finanzchef Wilhelm erläuterte vor Analysten, im Zusammenhang mit der Militärmaschine sei es im ersten Halbjahr wohl zu weiteren negativen Ergebniseffekten gekommen. Derartige Auswirkungen seien auch wegen verlustträchtiger Verträge zum A350 möglich. Für den neuen Langstreckenjet hatte der Konzern zuletzt einen Produktionsverzug wegen fehlender Kabinenteile berichtet. Eine Größenordnung der erwarteten Belastungen nannte Wilhelm nicht.
Sorgen machen Airbus auch rückläufige Bestellungen zum A380, dem größten Passagierflugzeug der Welt. Es ist mittlerweile weniger gefragt, weil kleinere Maschinen deutlich an Reichweite und Effizienz gewonnen haben. Ab 2018 sollen nach Firmenangaben nur noch zwölf A380-Jets pro Jahr an die Kunden gehen. Das wären weniger als halb so viele wie im vergangenen Jahr.
Aufträge von Airbus und Boeing im Vergleich
Airbus: 1.139
Boeing: 878
Anzahl der bei Airbus und Boeing bestellten Flugzeuge bis 2015 (Bruttobestellungen)
Quelle: Statista
Airbus: 1.796
Boeing: 1.550
Airbus: 914
Boeing: 1.339
Airbus: 644
Boeing: 625
Airbus: 900
Boeing: 600
Airbus: 824
Boeing: 1.007
Allerdings äußerte sich Konzernchef Tom Enders optimistisch zu den längerfristigen Aussichten für das Großraumflugzeug. Es werde hart daran gearbeitet, das Projekt auch bei niedrigeren Auslieferungszahlen profitabel zu machen. "Ich gehe nicht von massiven roten Zahlen aus", sagte Enders.
Die größten Flugzeugbauer und -zulieferer
Name: Boeing
Umsatz 2013: 86,6 Milliarden US-Dollar
Quelle: CNNMoney / Statista
Name: Airbus Group
Umsatz 2013: 78,7 Milliarden US-Dollar
Name: United Technologies
Umsatz 2013: 62,9 Milliarden US-Dollar
Name: China North Industries (Noricon)
Umsatz 2013: 62,6 Milliarden US-Dollar
Name: China South Industries (CSGC)
Umsatz 2013: 58,8 Milliarden US-Dollar
Name: Aviation Industry Corp. of China (AVIC)
Umsatz 2013: 58,8 Milliarden US-Dollar
Name: Lockheed Martin
Umsatz 2013: 45,5 Milliarden US-Dollar
Name: General Dynamics
Umsatz 2013: 31,2 Milliarden US-Dollar
Name: Onex
Umsatz 2013: 29,6 Milliarden US-Dollar
Name: BAE Systems
Umsatz 2013: 26,4 Milliarden US-Dollar
Mit diesen Äußerungen kam er an der Börse gut an: Die Airbus-Aktie lag 1,3 Prozent im Plus. Generell sehen das Unternehmen und sein US-Erzrivale Boeing rosige Perspektiven für den Flugzeugbau: Wegen des wachsenden Wohlstands in Ländern wie Indien und China rechnen die beiden mit einem Nachfrageschub. In Farnborough gaben sie bislang Orders über insgesamt mehr als 50 Milliarden Dollar bekannt.