Chefsache Nordamerika Rorsted nimmt sich Henkels Problemzone vor

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Henkels Produkte sind in den USA bekannt, Henkel selber nicht

Obwohl damit wieder ein Deutscher auf dem Chefsessel Platz nimmt, fordert Rorsted mehr Amerikaner in verantwortlichen Positionen. Sie würden den Markt und dessen Bedürfnisse besser kennen als Expats, die aus anderen Ländern in die USA gehen. Gleichzeitig räumt er ein, dass es in den Vereinigten Staaten schwierig sei, der Konkurrenz Top-Manager abzujagen. Zwar sind die Produkte von Henkel in den USA bekannt, nicht aber das Unternehmen Henkel. Damit tauchen die Düsseldorfer auf so gut wie keiner Liste der bevorzugten Arbeitgeber auf.

Kurzerhand veranlasste Rorsted daher eine Art Selbsthilfeprogramm, in dessen Rahmen gut zwei Dutzend US-Mitarbeiter mit Karrierepotenzial nach Düsseldorf geholt wurden, um die Abläufe im Konzern und wichtige Ansprechpartner in Marketing, Vertrieb und Forschung kennenzulernen.

Wissenswertes zu Henkel

Fähiges Personal ist das eine. Produkte, die vom Verbraucher goutiert werden, das andere. Auch hier drängt der bisweilen ungeduldige Konzernchef auf schnelle Resultate. Erstmals wurde daher Persil im amerikanischen Einzelhandel eingeführt. Seit Anfang März steht die US-Version des Waschmittels – vorerst noch exklusiv – in den Regalen der fast 4000 US-Läden des Einzelhandelsgiganten Wal-Mart. Bisher gab es Persil nicht im US-Handel. Henkel ist erst seit 2003, nach der Übernahme des US-Herstellers Dial und von dessen Marke Purex, im dortigen Waschmittelmarkt aktiv. Persil wurde bisher nur über das US-Vertriebsnetz des deutschen Küchenherstellers Miele aus Bielefeld oder in Online-Shops verkauft.

Mit Persil sucht Henkel die direkte Konfrontation mit P&G. Denn im Premiumsegment, also bei den höherpreisigen Waschmitteln, gab es bisher keine Alternative zu Tide von P&G. Henkel war nur im mittelpreisigen Segment mit Purex aktiv. Gerade hier gibt es immer wieder Aktionspreise und Rabattaktionen. Um hier künftig nicht mehr mitmachen zu müssen, muss Henkel den US-Konsumenten einen Zusatznutzen bieten, sprich mit Innovationen auftrumpfen. Auch hier sei viel zu wenig geschehen, hatte Rorsted im März bei der Bilanzvorlage moniert.

Ohne Geklecker

Prompt reagierte das neue US-Management und brachte mit Purex Power Shot ein Flüssigwaschmittel mit automatischer Dosiertechnik auf den Markt. Dabei muss der Kunde die Verschlusskappe nicht abschrauben, sondern kann das Waschmittel ohne Geklecker fertig dosiert in die Maschine schütten.

Die zweite Top-Marke, die Rorsted ins Rennen schickt, ist Schwarzkopf, mit rund zwei Milliarden Euro die umsatzstärkste Einzelmarke im Konzern. Schwarzkopf war bisher nur in amerikanischen Friseurgeschäften präsent. Nun sind die von Top-Model Claudia Schiffer beworbenen und angeblich auch von ihr mitentwickelten Shampoos und Spülungen der Produktserie Schwarzkopf Essence Ultime auch im US-Einzelhandel erhältlich.

Einen Umsatzsprung wird es in Henkels gesamtem Nordamerika-Geschäft in jedem Fall geben. Denn 2014 hatte Henkel dort den Klebstoffhersteller Bergquist sowie die drei Unternehmen Sexy Hair, Kenra und Alterna im Friseurgeschäft übernommen. Diese Zukäufe sind in erster Linie für den Umsatzzuwachs in Nordamerika von 670 auf 885 Millionen Euro verantwortlich, den Henkel für das erste Quartal 2015 präsentierte.

P&G wird dem Herausforderer Henkel nicht Regale und Kunden überlassen

Offenbar greifen Rorsteds Sofortmaßnahmen. Organisch, also währungsbereinigt und ohne Übernahmen, legte der Nordamerika-Umsatz immerhin wieder um 2,4 Prozent zu. „Wir haben im Auftaktquartal erste Erfolge gesehen. Es gilt nun, diese Entwicklung fortzusetzen. Wir wissen, dass hier noch ein gutes Stück Arbeit vor uns liegt“, sagte Rorsted in der vergangenen Woche der WirtschaftsWoche. Zudem forderte er, die Ergebnismarge im Nordamerika-Geschäft müsse mindestens wieder auf Konzernniveau steigen, also auf rund 16 Prozent.

Ob der Aufschwung von Dauer ist, steht allerdings nicht fest. Ohne Gegenwehr wird P&G dem deutschen Herausforderer nicht Regale und Kunden überlassen. Erst recht nicht, wenn der Riese aus Cincinnati im US-Staat Ohio Ballast abgeworfen haben wird.

P&G-Chef Alan Lafley hat angekündigt, sich bis spätestens Ende dieses Jahres von rund 100 Marken zu trennen. Nur die wachstumsstärksten 60 Marken dürfen bleiben. Dazu zählen Massenschlager wie Pantene und Head & Shoulders. Nach dem großen Ausverkauf könnte P&G schlagkräftiger und angriffslustiger sein als je zuvor.

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