Hohe Kosten Atomdeal macht EnBW zu schaffen

Über Jahrzehnte hat Energie Baden-Württemberg (EnBW) gut an der Atomenergie verdient. Jetzt wird der Ausstieg zur großen Belastung. Der Energiekonzern ist schon in den roten Zahlen – und rechnet mit weiteren Verlusten.

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Atomstrom machte jahrzehntelang den größten Teil des Geschäfts von Energie Baden-Württemberg (EnBW) aus. Der Rückbau der Kraftwerke und die Entsorgung des Atommülls sind jetzt teuer. Quelle: dpa

Düsseldorf Ist die geplante Neuregelung des Atomausstiegs nun eine „historische Chance”? Oder eine „starke finanzielle Belastung”? Für Thomas Kusterer, den Finanzvorstand der Energie Baden-Württemberg AG (EnBW) ist das geplante Gesetz, mit dem die Regierung die Verantwortung für die Entsorgung des Atommülls neu regeln will, schlichtweg beides. „Das wäre ein entscheidender Schritt für den geplanten Ausstieg aus der Kernenergie, der für alle Beteiligten Handlungs- und Planungssicherheit schafft”, sagte Kusterer am Donnerstag bei der Vorlage des Zwischenberichts für die ersten neun Monate des Jahres.

Das gesellschaftspolitisch umstrittene Thema Atomenergie werde endlich nicht mehr im Mittelpunkt stehen. Und das ist nach Kusterers Worten gut für die EnBW, die jahrzehntelang als Atomkonzern bezeichnet wurde – und jetzt endlich an der Energiewende teilhaben will.

Das ist aber nur die eine, die positive Seite. Das geplante Gesetz bringe die EnBW auch „finanziell an den Rande des Möglichen”, stellte Kusterer gleichzeitig fest: Er rechnet schon für dieses Jahr mit einem Anstieg der Verschuldung und einem „deutlich negativen Jahresergebnis”.

Die Bundesregierung hatte vor kurzem einen Gesetzentwurf auf den Weg gebracht, der die Verantwortlichkeiten beim Atomausstieg neu regeln soll. Die Atomkonzerne – neben EnBW sind das RWE, Eon und Vattenfall – sollen auch künftig für den Rückbau der Reaktoren zuständig sein. Die Verantwortung für die Zwischen- und Endlagerung des Atommülls soll aber auf einen öffentlich-rechtlichen Fonds übergehen. Die Bundesregierung will damit den geordneten Atomausstieg auch langfristig sicherstellen. Selbst wenn einer der Atomkonzerne Pleite gehen sollte – ein inzwischen nicht mehr utopisches Szenario.

Die Atomkonzerne wiederum entledigen sich eines enormen Risikos, das auf den Aktienkursen lastete. Während die Kosten des AKW-Rückbaus gut zu kalkulieren ist, sind die Kosten für die Müll-Entsorgung noch äußerst unsicher. Deshalb sollen die Konzerne auch nicht nur die dafür gebildeten Rückstellungen in den Fonds einbringen, sondern auch einen Risikozuschlag von 35 Prozent.

Für die EnBW wären damit 4,7 Milliarden Euro fällig. Kusterer rechnet noch in diesen Jahr mit der Umsetzung und entsprechend mit einer Belastung für die Bilanz. Die Schulden würden sich um 1,3 bis 1,4 Milliarden Euro erhöhen und auch das Ergebnis werde deutlich belastet.


„Unternehmen in der Transformation”

Dabei war die EnBW schon in den ersten neun Monaten in die Verlustzone gerutscht. Unter dem Strich wies der Energiekonzern aus Süddeutschland einen Fehlbetrag von 192,5 Millionen Euro aus. Im Vorjahr war es noch ein Gewinn von 710,8 Millionen Euro.

Gelitten hat das Unternehmen in den ersten neun Monaten unter anderem unter den zwischenzeitlichen Tiefständen beim Großhandels-Strompreis gelitten. EnBW ist inzwischen der einzige Energiekonzern, der noch alle Bereiche abdeckt. Er hat weder das große Stromnetz verkauft, noch sich – wie Eon – von den konventionellen Kohle- und Gaskraftwerken getrennt.

Entsprechend schlägt sich das „schwierige Marktumfeld”, wie Kusterer es nennt, direkt im Ergebnis nieder. In den ersten neun Monaten sank das operative Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) um 16 Prozent auf 1,37 Milliarden Euro. Hinzu kommen weitere Sondereffekte: Wegen des niedrigen Zinsniveaus musste die EnBW die Rückstellungen für Pensionen und Kernenergie um 1,3 Milliarden Euro aufstocken.

So sehr Kusterer den Atomdeal begrüßt, gerade für „ein Unternehmen in der Transformation” sei er schwierig zu stemmen. Die EnBW will sich vom Image des Atomkonzerns lösen und investiert in erneuerbare Energien und neue Dienstleistungen.

„Wir haben beim Umbau unseres Portfolios sehr gute Fortschritte gemacht. Die Bereiche Netze, Erneuerbare und Vertrieb prägen inzwischen zu über 80 Prozent das Konzernergebnis", sagte Kusterer, fügte aber auch hinzu: „Angesichts der niedrigen Strompreise, des extrem schwierigen Zinsumfelds und vor allem im Hinblick auf die Belastungen zur Finanzierung des Kernenergieausstiegs hat die Verbesserung unserer Effizienz und die konsequente Ausrichtung im Rahmen der Strategie 2020 weiterhin höchste Priorität.”

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