Juwi-Gründer vor Gericht Wiedersehen mit einem Sünder

Im Korruptionsprozess um den Windparkbauer Juwi trifft der angeklagte Gründer Matthias Willenbacher am zweiten Verhandlungstag auf den Mann, den er bevorteilt haben soll. Der Zeuge ist bereits schuldig gesprochen.

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Der Juwi-Gründer beim Prozessauftakt am 7. März.

Meiningen Der Mann hat seine Strafe erhalten. 13 Monate Haft auf Bewährung bekam der frühere Thüringer Innenminister Christian Köckert – unter anderem weil er sich von Deutschlands zweitgrößtem Windparkbauer Juwi einen unerlaubten Vorteil gewähren ließ.

So jedenfalls sah es der Bundesgerichtshof 2015 im Revisionsverfahren. An diesem Montag nun tritt der CDU-Politiker dem Manager gegenüber, der ihm den Vorteil gewährt haben soll. „Ich habe eine Zeugenladung bekommen und ich habe vor, auch hinzufahren“, sagte Köckert dem Handelsblatt.

Damit verspricht der zweite Verhandlungstag im Korruptionsprozess gegen Juwi-Gründer und Ex-Vorstand Matthias Willenbacher Spannung. Der Schuldspruch gegen Köckert ist rechtskräftig. Der angeklagte Willenbacher dagegen hält sich für unschuldig. Ihm sei nicht bekannt gewesen, dass Köckert in der fraglichen Zeit Amtsträger war, sagte sein Verteidiger Gernot Zimmermann vor Prozessauftakt dem Handelsblatt.

Bei dem Prozess vor dem Landgericht Meiningen (Thüringen) geht es im Kern um einen Beratervertrag aus dem Jahr 2010, den Willenbacher als damaliger Vorstand der Juwi AG mit Köckert abgeschlossen hat. Dessen Auftrag: „Betreuung verschiedener, relevanter politischer Entscheidungsträger“. Das Problem: Gegenstand der Vereinbarung sollen auch mögliche Amtshandlungen von Köckert in seiner Eigenschaft als ehrenamtlicher Beigeordneter und stellvertretender Bürgermeister der Stadt Eisenach gewesen sein.

Unter anderem beeinflusste Köckert zu Juwis Gunsten eine Beschlussvorlage des Stadtrats zur Erweiterung von „Windvorranggebieten“. Außerdem beschaffte er dem Unternehmen wohl eine behördeninterne Liste mit Standortkoordinaten bestehender Windräder. Die Staatsanwaltschaft Erfurt sah in all dem eine unerlaubte Vorteilsgewährung von Willenbacher an Köckert – und klagte beide an.


Gericht lehnt Befangenheitsantrag ab

Während Köckerts Schuldspruch höchstrichterlich bestätigt ist, gilt für Willenbacher weiter die Unschuldsvermutung. Allein die pure Logik spricht allerdings nicht für den Unternehmer: Wenn es einen gibt, der sich bevorteilen ließ, dann muss es auch einen geben, der ihn bevorteilt hat. Wer wenn nicht der angeklagte Willenbacher soll das gewesen sein?

Ganz so einfach sei es nicht, sagen die Verteidiger. „Jedes Verfahren ist individuell. Das gilt vor allem für das Strafrecht“, sagte Willenbachers Anwalt Gernot Zimmermann dem Handelsblatt. Bisher seien längst nicht alle Aspekte aufgearbeitet worden.

Der Prozess war am 7. März turbulent gestartet. Willenbachers Anwälte stritten sich mit dem vorsitzenden Richter Wolfgang Feld-Gerdes, es kam zu stundenlangen Unterbrechungen. Die Verteidiger unterstellten dem Gericht Befangenheit. Sie forderten Einblick in weitere Akten. Und sie wollten es nicht hinnehmen, dass die Kammer mit nur zwei statt drei Berufsrichtern besetzt war, obwohl es sich doch um ein äußert komplexes Wirtschaftsstrafverfahren handele.

Den Befangenheitsantrag hat das Gericht abgelehnt, wie eine Sprecherin der Behörde am Freitag mitteilte. Die Verteidiger kommentierten diese Entscheidung nicht. Neben Christian Köckert ist am zweiten Prozesstag auch der damalige Rathauschef von Eisenach als Zeuge geladen: Ex-Oberbürgermeister Matthias Doth. Es spricht einiges dafür, dass die Verhandlung so weitergeht, wie es Windparkbauer eigentlich lieben: stürmisch.

Einen ausführlichen Report zum Korruptions-Fall Juwi finden Sie hier.

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