Konjunktur Stahlkocher wollen Tränental verlassen

Dieses Jahr war wieder mal ein schwarzes für die deutsche Stahlbranche. Mit harten Sparprogrammen und dem Abbau von Überkapazitäten wollen die Unternehmen 2014 aus dem Tal herauskommen.

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Eisenabstich vor einem Hochofen der Salzgitter AG: Die Stahlbranche hofft auf mehr Licht im nächsten Jahr. Quelle: dpa

Düsseldorf Geplagt von Überkapazitäten, Preisdruck und Verlusten wartet die Stahlbranche weiter auf eine grundlegende Erholung. Zuletzt hätten sich die Anzeichen verdichtet, dass die wirtschaftliche Talsohle durchschritten ist, sagte kürzlich der Chef der Wirtschaftsvereinigung Stahl Hans Jürgen Kerkhoff. Er rechnet damit, dass sich die Stahlkonjunktur im kommenden Jahr zumindest moderat erholen wird. Der Präsident des europäischen Branchenverbands Eurofer, Wolfgang Eder, ist noch skeptisch: „Ob wir endlich eine etwas beständigere Erholung bekommen, wird sich nach dem ersten Quartal zeigen.“

Noch hat die Stahlbranche den Einbruch nach der Finanzkrise nicht wettgemacht. Europaweit liegt die Stahlnachfrage weiter 30 Prozent unter dem Wert des Boomjahres 2007, heißt es bei den Branchenverbänden. Nach Ansicht vieler Branchenexperten hat die Industrie darauf bislang nicht adäquat reagiert. Immer noch lasten zu viele Kapazitäten auf dem Markt. Von den gut 230 Millionen Tonnen, die pro Jahr in Europa hergestellt werden können, werden den Experten zufolge mindestens 30 Millionen nicht gebraucht. Das drückt auf die Preise.

Dabei ist die Industrie in Deutschland dank der guten Wirtschaftslage hierzulande noch vergleichsweise gut dran. Die Anlagen sind Angaben der Branche zufolge bis zu 83 Prozent ausgelastet. Davon können die Unternehmen in anderen Ländern nur träumen. Doch die Stahlhütten verdienen kaum noch Geld. Die Rohstoffkosten sind bei weitem nicht so stark gesunken wie die Verkaufspreise. Zudem klagen die Unternehmen über im internationalen Vergleich hohe Energiekosten.

Die schwache Nachfrage rührt auch daher, dass sich viele Stahlhändler und -verarbeiter seit der Wirtschaftskrise extrem vorsichtig verhalten. Um nicht noch einmal mit vollen Lagern in einen Abschwung zu rutschen, halten sie extrem niedrige Vorräte. Darin sehen die Hütten nach wie vor eine große Chance. Denn: Wer wenig Vorräte hat, muss im Fall eines Aufschwungs besonders viel bestellen. Doch bewahrheitet hat sich diese Hoffnung in den vergangenen beiden Jahren nicht.

Inzwischen ist auch den deutschen Stahlkonzernen der Geduldsfaden gerissen. Statt einfach nur auf bessere Zeiten zu hoffen, wollen sie nun auch aus eigener Kraft versuchen, das Ruder herumzureißen. Sie haben schmerzhafte Sparprogramme aufgelegt. So fallen etwa bei Salzgitter 1500 Stellen weg, bei ThyssenKrupp 2000.

Auch beim Abbau der Produktionskapazitäten machen sie mit. Sie sollen 2014 in Deutschland von 53,9 Millionen Tonnen auf 52,5 Millionen Tonnen sinken. Dabei sieht die Branche hierzulande eigentlich eher andere in der Pflicht und zeigt auf Länder in Süd- und Osteuropa. Ein Abbau von Mitarbeitern in der Stahlindustrie löst häufig starke Proteste aus. Oftmals sieht sich die Politik dann in der Pflicht, den Beschäftigten in der Traditionsbranche beiseite zu springen.

So geht es nur mühsam voran. 2013 etwa wurden in Europa gerade einmal sieben Millionen von 240 Millionen Tonnen Kapazität dauerhaft stillgelegt. Ein Großteil davon geht auf das Konto von Weltmarktführer Arcelor-Mittal, der vier Hochöfen in Frankreich und Belgien abschaltete. Mehr wollen die Luxemburger aber erstmal nicht dichtmachen und produzieren stattdessen mit den anderen Anlagen trotz Verlusten fast am Anschlag. Viele in der Branche sehen darin ein Zeichen für den harten Wettbewerb – die Schwachen sollen vom Markt verdrängt werden. Doch gelungen ist das bislang nicht. Darunter leiden alle. Deshalb wird der Ruf lauter, dass die Branche sich – unter Koordinierung der EU – auf einen Abbau verständigt.

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