Verteidigung Deutsche Waffenbauer hoffen auf Rüstungsboom

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Rüstung in Deutschland: Reichlich komplex

Tatsächlich müssen sich die Waffenbauer mit deutlich mehr Bürokratie herumschlagen als ihre Konkurrenten im Ausland. Selbst kleinste technische Änderungen ziehen oft eine Reihe behördlicher Auflagen nach sich. Zudem gelten in Deutschland auch für Kriegsgerät zivile Normen wie die Arbeitsstättenverordnung. Das hat zur Folge, dass die Luft im Panzer auch im Gefecht so rein bleiben muss wie in einer Berliner Amtsstube. Selbst Großprojekte werden so zu Zuschussgeschäften. KMW und Rheinmetall etwa zahlten nach Angaben eines Insiders beim Bau des Transportpanzers Boxer bislang rund 150 Millionen Euro drauf.

Staatssekretärin Suder hat zwar Erleichterung versprochen. Trotz einiger Fortschritte ist die Branche aber noch lange nicht zufrieden. „Sie ist bisher nicht tief genug vorgedrungen in das Gestrüpp, durch das wir uns schlagen müssen“, sagt ein führender Rüstungsmanager.

Mit europäischen Auftraggebern soll das besser werden. Weil hinter den Programmen dann gleich mehrere Länder gemeinsam stehen, sollen auch gemeinsame Vorschriften für Bau und Export der Systeme gelten. Und die sollen möglichst laxer ausfallen als im strengen Deutschland. Als Vorbild gelten in der Branche die Erfahrungen mit dem Kampfflieger Eurofighter: Deutschland verzichtet hier auch dann auf einen Einspruch, wenn seine Partner Italien, Spanien und Großbritannien den Jet außerhalb der Nato verkaufen.

Ganz so einfach wird es künftig nicht laufen. Wie komplex die europäische Zusammenarbeit bei der Verteidigung schon heute aussieht, demonstriert KMW-Chef Haun in seiner dezent beleuchteten Chefetage in einem Gewerbegebiet im Norden Münchens mithilfe seines „Spaghetti-Bilds“. Auf einem Blatt Papier hat er alle europäischen Staaten verteilt und markiert, welcher jeweils bei den bislang schon gut 30 europäischen Initiativen von AP (Air Policing Baltikum) bis WD (Weimar Triangle) dabei ist. Die Sammlung von Linien und Abkürzungen ist so verworren wie die heftig geschwungene nahe Teststrecke, auf der Hauns Top-Modell Leopard 2 immer mal wieder ein paar Runden dreht.

Der Partner wird ungeduldig

Wo die Prioritäten bei der gemeinsamen Waffenbeschaffung liegen sollen, ist im Detail noch umstritten. Deutschland setzt eher auf gesamteuropäische Programme wie Pesco. Das Engagement möglichst vieler Länder soll diese politisch enger an die EU binden. Zudem wären so gemeinsame Standards garantiert. Die würden nicht nur die gemeinsame Verwendung von Material erleichtern, sondern auch die Kosten drücken.

Frankreich dagegen favorisiert ein Militär-Europa der zwei Geschwindigkeiten. Neben der eigenen Nation sollen sich erst mal nur Deutschland und ein oder zwei andere Länder an einem Projekt beteiligen. Die kleine Runde könnte schneller festlegen, wie gemeinsame Panzer und Jets aussehen – und wer sie baut. Die übrigen europäischen Länder könnten die Waffen dann günstig kaufen. Zudem will Frankreich ganz im Sinne der eigenen Industrie die großen Rüstungskonzerne stärken. „Entscheidungen dürfen nur auf Grundlage der Fähigkeiten der Unternehmen getroffen werden“, fordert Patrice Caine, Rüstungschef beim französischen Konzern Thales. Soll heißen: Bei vielen Aufträgen blieben die Kleinen draußen.

Kennzahlen der 15 weltweit umsatzstärksten Rüstungskonzerne 2016

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