Zum Tode des großen alten Mannes vom Hügel Der letzte Patriarch Beitz ist tot

Er hat in den fast 100 Jahren seines Lebens immer am Erbe des letzten Krupp gearbeitet, es zu erhalten und zu vergrößern versucht. Er war darin erfolgreich wie kaum ein anderer Unternehmenslenker in Deutschland.

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Berthold Beitz ist im Alter von 99 Jahren gestorben. Quelle: dpa

Diesen Erfolg verdankte er einer Mischung von außergewöhnlichem Mut, Geschick und Glück. Doch am Ende wurde er fast nur noch von Pech und Missgeschick seiner Manager verfolgt. Die Gesundung des Unternehmens, um die sein Vorstandschef Heinrich Hiesinger nun unter härtesten Bedingungen kämpft, erlebt er nicht mehr.

Sein Leben war vor allem von einem Über-Ich geprägt. „Was hätte Alfried Krupp dazu gesagt?“ war die so häufig gestellte Frage, die er sich selbst vorlegte und die er immer anderen gegenüber in den Raum stellte. Persönliche Demut hat Beitz eigentlich nur gegenüber dem letzten Krupp, Alfried Krupp von Bohlen und Halbach gezeigt. Und das so inbrünstig, dass er wie ein alter Ego von Alfried Krupp wirkte.

Das war typisch für Beitz, den Vorsitzenden des Kuratoriums der Alfried Krupp von Bohlen und Halbach-Stiftung, so sein offizieller Titel, Ehrenvorsitzender des Aufsichtsrates von ThyssenKrupp, ehemaliger Testamentsvollstrecker von Alfried Krupp und heimlicher Herrscher über den in den vergangenen Monaten in schwere See geratenen Traditionskonzern ThyssenKrupp, der von Pech und Missgeschick seiner früheren Manager verfolgt wird. Der am 26. September 1913 im pommerschen Zemmin bei Stralsund geborene Beitz kann nun die Rettung des Konzerns nicht mehr miterleben.

Wie Berthold Beitz ThyssenKrupp prägte
Berthold BeitzDer Vorsitzende der Krupp-Stiftung hätte am 26. September 2013 seinen 100. Geburtstag gefeiert, doch er starb Ende Juli in seinem Ferienhaus auf Sylt. Sein wichtigster Mann im Konzern war über viele Jahre Gerhard Cromme, zunächst als Vorstandsvorsitzender von Krupp und ThyssenKrupp, später als Aufsichtsratschef. Cromme sollte auch den Stiftungsvorsitz übernehmen, wenn Beitz einmal nicht mehr sein sollte. Doch im März 2013 war plötzlich alles aus. Cromme trat von allen Ämtern zurück. Zuvor hatte es Razzien wegen des Verdachts auf Kartellabsprachen bei Karosseriestahl gegeben. Cromme fiel bei Beitz in Ungnade. 2011 erschien eine Biographie über Beitz, die er vor Drucklegung absegnete. Infolgedessen ist dort nun wenig Kritisches zu lesen. Eine überragende Position nimmt Beitz in der Nazizeit ein. Er ist zwar kein Widerstandskämpfer, rettet aber - ähnlich wie Oskar Schindler - hunderten von Juden das Leben, indem er sie als Direktor der Karpathen-Öl in Russland anstellt und somit vor dem Tod bewahrte. Quelle: dpa
Berthold Beitz, Alfried Krupp Quelle: ThyssenKrupp AG
Villa Hügel Quelle: AP
Alfred Krupp Quelle: ThyssenKrupp AG
Margarethe Krupp, Bertha Krupp
Alfried Krupp von Bohlen und Halbach Quelle: dpa
Radreifen-Skizze von Alfred Krupp Quelle: ThyssenKrupp AG

Der Höhenrausch der Stahlkonjunktur 2004 hat die damaligen Manager zu waghalsigen Milliardeninvestitionen in Brasilien und Alabama (USA) verführt, die sich nicht rechnen, die den gesamten Konzern als Erbe der untergegangenen Industriellenfamilie Krupp in die Tiefe ziehen könnten.

Mitten im Überlebenskampf im Konzern ist Beitz nun abgetreten, das Ende dieses Überlebenskampfes, ob glücklich oder nicht, erlebt er nicht mehr. Das ist die Tragik, trotz seines gesegneten Alters und seiner begnadeten Gesundheit bis in die letzten Jahre, des großen Mannes von der Ruhr.

Der über Jahrzehnte aufgebaute Kronprinz Gerhard Cromme wurde erst im Frühjahr Knall auf Fall vor die Tür gesetzt. Monatelang hatte Beitz in der Krise von ThyssenKrupp zu seinem bereits ausgerufenem Nachfolger gehalten: „Cromme bleibt“ hat er noch vor Jahresfrist jedem beschieden, der nach der Mitschuld von Cromme am Desaster bei ThyssenKrupp fragte. Doch musste Cromme im März gehen. Die Umstände der Trennung beider lange verschworener Männer sind im Dunklen geblieben. Wer wen verließ, wer wem das Männerbündnis aufkündigte, wird nie jemand genau erfahren.

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