Laute Schreie, „Schiebung“, „Lüge“, „Buh“. Aktionäre, die zum Podium drängen, dort wo der Versammlungsleiter sitzt. Bodyguards, die ihn schützen müssen, auf Anforderung: „Security aus dem Back-Office!“ Wilde Szenen aus Oberbayern.
So endet nach zwei Tagen, 20 Stunden, 500 Fragen am Donnerstagabend eine Hauptversammlung, wie sie die deutsche Aktionärsgeschichte noch nicht erlebt hat. In München, auf dem Nockherberg, uferte bei der Constantin Medien AG der Streit zweier Großaktionäre aus.
Es gewann am Ende die Gruppe um Aufsichtsratschef Dieter Hahn, weil der Gegner Bernhard Burgener und seine Mitstreiter mit ihren ebenfalls knapp 30 Prozent der Aktien aus rechtlichen Gründen plötzlich nicht votieren durften. In der Wirtschaft ist Juristerei zuweilen die Fortsetzung des Krieges mit anderen Mitteln.
Konsterniert verfolgte das Burgener-Lager, was da geschah. Die Firma Constantin ist klein (knapp 500 Millionen Euro Umsatz, knapp 200 Millionen Euro Börsenwert), aber für Kapriolen jeder Art gut
Versammlungsleiter Franz Enderle hatte kurz vor den entscheidenden Abstimmungen eine Präsenz von nur 47,1 Prozent des Grundkapitals verkündet. Eher beiläufig verkündete er dabei, dass der Stimmenpool um Burgener von den Wahlen ausgeschlossen sei. Lähmendes Entsetzen.
Zwei Tage hatte man getagt, man war zugelassen worden, es gab früh etliche Fragen nach geplanten Stimmrechtsbeschränkungen - doch die Katze kroch so spät aus dem Sack, dass es für juristische Interventionen zu spät war. Man schrieb kurz vor acht, „Tagesschau“-Zeit.
Es habe am 15. Juni 2016 eine falsche Meldung gegeben, das habe er Burgeners Kanzlei auch mitgeteilt, erklärt Enderle öffentlich, was der betroffene Anwalt laut quittiert: „Das ist eine Lüge! Unwahrheit!“ Darauf der mit bunter Fliege forsch auftretende Versammlungsleiter: „Es gab unzählige Lügen in den Schriftsätzen.“
Aus dem Umfeld der Firma Constantin ist zu erfahren, Burgener und seine Leute hätten im Sommer mehr als 30 Prozent der Aktien besessen. Das hätten sie seitdem korrigieren und zudem ein Übernahmeangebot machen müssen. Das sei aber nicht erfolgt.
Während der Saal tobt, thront ein in sich hinein lächelnder Aufsichtsratschef Hahn über der Szenerie. Unten eilt Burgener, zeitweise im Mantel, blass umher, seine Anwälte schieben Rollkoffer, man telefoniert hektisch. Kurze Zeit später lässt der Chef der Konzerntochter Highlight Communications verkünden, er nehme den Ausschluss der Stimmrechte „unter Protest zur Kenntnis“.
Wörtlich: „Die Beschlüsse der HV sind null und nichtig.“ Niemand habe ihm eine plausible Begründung für die Radikalnaßnahmen geben können, „weil es keine gibt“. In den nächsten Tagen werde er eine Anfechtungsklage einreichen lassen. Es fällt in Gesprächen der Satz von „Türkei in München“, der Vergleich mit dem autokratischen Staatspräsidenten Erdogan.
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Burgener wird als Kläger nicht alleine bleiben. Die denkwürdigste Hauptversammlung des Jahres wird zahlreiche Klagen und Prozesse mit sich bringen. Es ist ein ökonomischer Skandal-Event, bei dem Burgener fragt, „wer uns hier das Drehbuch schreibt“.
Gleich eine ganze Armada von „Berufsaktionären“, die Hauptversammlungen unsicher machen, waren wie in einer konzertierten Aktion in den Müchener Paulaner-Hallen erschienen. Sie standen für sich und auf Burgeners Seite. Manfred Klein, Karl-Walter Freitag, Katharina Steg und andere setzten mit Tiraden und Anträgen den Constantin-Verantwortlichen schwer zu.
Man fragte nach den Verbindungen Hahns zu Enderle (kein persönlicher Mandant), dem Gehalt Kogels (700.000 Euro fix), den Kosten der Hauptversammlung (bis 570.000) sowie sogar nach dem Tabellenstand der chinesischen Fußballliga.
Die Formfehler, die die Auftragsfrondeure wunschgemäß entdeckten, sind der Treibstoff für ihre Klagen. Hatte es die Reihe der Quertreiber am ersten Tag noch mit Werner Klatten, dem Oberaufseher der Deutschen Sporthilfe, als Versammlungsleiter zu tun, so wurde der zum Soft-Stil neigende Jurist am zweiten Tag durch Hardliner Enderle ersetzt.
Der Anwalt aus der Kanzlei Bub Gauweiler hatte im Juli bereits eine chaotische Hauptversammlung geleitet, die aufgrund des Hahn-Burgener-Kriegs vertagt werden musste und zur Neuauflage auf dem Nockherberg führte. Diesmal wurde zwischenzeitlich sogar gemeldet, Enderle habe das Gebäude verlassen, was zu heftigen Protesten führte.
Nach dem Zwangsauschluss der Burgener-Riege erreichte das Hahn-Lager spielend seine Wunschergebnisse. Versammlungsleiter und Hauptversammlung genehmigt, Vorstandschef Fred Kogel mit 83,4 Prozent entlastet und natürlich auch seine neue Strategie, auf Sport zu setzen und das Filmgeschäft zu verkaufen, mit 73 Prozent akzeptiert. Burgeners Anträge hingegen fielen wegen des Stimmverlusts ganz unter den Tisch. Es gab den Gegner sozusagen gar nicht.
Am Ende teilte der Schweizer, der von 2008 bis 2015 Chef von Constantin Medien war, jedoch ein Schicksal mit seinem größten Opponenten: Beide wurden nicht entlastet. Da Dieter Hahn in eigener Sache nicht mitstimmen durfte, zählten seine 27 Millionen Aktien nicht. Er bekam nur 47,4 Prozent. Ein Schönheitsfehler in der Stunde des Siegs.
Das Aktionärstreffen war mal juristisches Proseminar, dann wieder Kabarett. Mal dozierte die anwesende Schar leise, mal brüllte man sich den Frust aus dem Leib. Freitag: „So ein Saftladen.“ Die größten Lacher hatte Radau-Profi Klein auf seiner Seite. Er kletterte plötzlich auf die Bühne, als Enderle weg war, turnte zwischen Vorstand und Aufsichtsrat umher, und verbreitete, er als Ältester müsste jetzt die Versammlung leiten.
Das brachte die Constantin-Kräfte rasch in Aktion. Der Mann aus Saarbrücken hatte sich 2007 bei der Hypo-Vereinsbank spektakulär von der Bühne gestürzt und musste damals von Sanitätern abtransportiert werden. Diesmal blieb der Heinz-Becker-Verschnitt auf dem Boden und gesund. Seine Prognose: „Bevor der Osterhase kommt, sehen wir uns wieder - zur nächsten Wiederholung der Hauptversammlung 2015. Das kann so nicht stehen bleiben.“