Wenn der Deutschland-Chef der Deutschen Telekom, Niek Jan van Damme, auf die IFA kommt, dann hat er immer auch ein paar Neuheiten für sein TV-Produkt Entertain im Gepäck. Am Freitag präsentierte er einen besonderen Clou: Die mehr als 2,5 Millionen Kunden, die heute schon das neue Tarifmodell "Magenta1" gebucht haben, können künftig auch auf ihren Smartphones und Tablets kostenlos Fernsehen schauen.
"Das ist der Vorteil eines integriertes Anbieters", sagte van Damme auf der IFA-Pressekonferenz. Und Michael Hagspihl, der Telekom-Geschäftsführer für Privatkunden ergänzte: "Wir bringen Festnetz und Mobilfunk zusammen. Die Kunden sollen selbst entscheiden, wann und wo sie Fernsehen."
Die Telekom will mit dem Vorstoß zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen. Erstens: Sie will ihr vor zehn Jahren gestartetes TV-Produkt Entertain attraktiver machen. Denn die Zuwachsraten blieben zuletzt weit hinter den selbst gesteckten Erwartungen zurück.
Fünf Begriffe zur IFA
Das sind Fernseher mit Internet-Anschluss. Die inzwischen immer besser umgesetzte Idee ist, dass der Zuschauer auf seinem Smart TV nahtlos zwischen klassischen Fernsehsendungen und Online-Angeboten umschalten kann. Den Vormarsch der vernetzten Fernseher fördern auch Online-Videodienste wie Netflix oder Maxdome. Moderne Smart TVs vereinen diese Dienste in einem Gerät, so dass auch nicht mehr viele Fernbedienungen auf dem Couchtisch liegen müssen. Die Hersteller wollen neben bequemerer Bedienung auch bessere Bildqualität zum Beispiel mit Hilfe des HDR-Formats für mehr Kontrast etablieren.
Immer mehr Geräte werden mit dem Internet und miteinander verbunden. Die Idee ist, dass zum Beispiel die Heizung sich von unterwegs steuern lässt oder sogar automatisch angeht, wenn sich das Auto des Besitzers dem Haus nähert. Bei Siemens schaltet das Kochfeld automatisch die Dunstabzugshaube an. Zugleich setzen viele Anbieter auf eigene Formate, was den Austausch von Daten zwischen verschiedenen Geräten erschwert.
Internet-Inhalte wie Musik oder Filme werden beim Streaming nicht komplett heruntergeladen, sondern direkt aus dem Netz abgespielt. Der Vorteil: Keine Ladezeiten. Der Nachteil: Man braucht eine schnelle und stabile Internet-Verbindung - was allerdings immer mehr zum Alltag gehört. In der Musikindustrie helfen die Streaming-Erlöse, die Einbußen im CD-Geschäft auszugleichen.
Die Technik soll ein viel schärferes Bild als die aktuelle HD-Auflösung bieten. Sie ist auch unter dem Begriff „4K“ bekannt. Die Bildschirme haben bei Ultra-HD 3840 mal 2160 Pixel. Bei der gewöhnlichen HD-Auflösung sind es 1920 mal 1080 Bildpunkte. Eine zentrale Frage ist allerdings, wie die Inhalte an die Zuschauer ausgeliefert werden sollen: Die bessere Qualität bedeutet auch deutlich größere Datenmengen. Aktuell kommen die Ultra-HD-Videos vor allem über schnelle Internet-Verbindungen von Streaming-Diensten. Eine passende Blu-ray-Variante ist in Arbeit.
So wird die neue Kategorie kleiner Geräte genannt, die - nach wörtlicher Übersetzung - „tragbar“ sind. Das trifft im Prinzip zwar auch auf Handys und Smartphones zu, aber bei den „Wearables“ geht es um Computertechnik, die direkt am Körper getragen wird. Zu Wearables gehören neben Computer-Uhren auch Fitness-Armbänder oder in Zukunft eventuell verstärkt auch Anziehsachen mit Chips und Internet-Anbindung. Während die Computer-Uhren die hochgesteckten Absatz-Erwartungen bisher nicht ganz erfüllen konnten, laufen die günstigen Fitness-Bänder weiterhin gut.
Derzeit haben gerade mal 2,8 Millionen Telekom-Kunden ihre Breitband-Anschlüsse um die Fernseh-Option erweitert. Schlimmer noch. Die Zuwachsraten schmelzen seit Jahresbeginn sogar dahin. Besonders deutlich zeigte sich dies in den kürzlich veröffentlichten Zahlen für das zweite Quartal. Mit einem Plus von 41000 TV-Kunden fiel der Absatz um über 30 Prozent hinter dem Vorjahr zurück. Zum Vergleich: Im zweiten Quartal 2015, schaffte die Telekom noch ein Plus von 62000 Neukunden.
Gleichzeitig will die Telekom ein zweites Problem lösen, an dem sie seit Jahren herumdoktert. Der Konzern ist zwar Marktführer im Festnetz und im Mobilfunk. Aber viel zu wenig Kunden buchen auch Komplett-Pakete aus beiden Angeboten.
Die Magenta1-Tarife sollen dieses Geschäft ankurbeln. Insofern ist es nur logisch, das Entertain-Kunden künftig auch unterwegs mit ihren mobilen Geräten Fernsehen schauen können.
Allerdings tritt die Telekom gegen starke Konkurrenten an. Bereits 77 Prozent der Deutschen Internetnutzer ab 14 Jahren schauen Filme, TV-Sendungen und andere Videos als Stream im Internet an. Besonders beliebt sind die Web-Seiten und Mediatheken
der TV-Sender, auf denen bereits gezeigte TV-Sendungen abrufbar sind. Die Telekom baut deshalb immer mehr Komfort-Features wie die Restart-Taste in ihre Entertain-Produkt ein, damit Kunden das laufende Programm jederzeit unterbrechen können. Ob das reicht, wird sich zeigen. Der Telekom-Vorstand denkt jedenfalls schon darüber nach, stärker mit eigenen Exklusiv-Inhalten auf Kundenfang zu gehen. Die Live-Übertragungsrechte für Basketball und Eishockey hat sich der Konzern schon gesichert. Der nächste Schritt wäre, das Erfolgsmodell von Netflix zu kopieren und eigene TV-Serien zu produzieren.