Indien und das Freedom 251 Das Drei-Euro-Smartphone kommt

Im Februar kündigte ein indischer Hersteller das billigste Smartphone der Welt an. Jetzt sollen überraschend die ersten Geräte des Freedom 251 ausgeliefert werden. Doch die Zweifel am Geschäftsmodell bleiben.

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Damals wurde einfach ein älteres Smartphone-Modell überklebt. Quelle: dpa

Bangkok Die Nachricht versetzte Indien kurzzeitig in Euphorie: Der bis dato vollkommen unbekannte indische Hersteller Ringing Bells versprach im Februar, ein Smartphone für umgerechnet rund 3,30 Euro herauszubringen. Doch die Begeisterung schlug wegen zahlreicher Ungereimtheiten schnell in Wut und Häme um. Kaum jemand rechnete noch mit einem Erfolg des Vorhabens.

Ohne alle Fragen klären zu können, meldet sich der Hersteller Ringing Bells jetzt wieder zu Wort: Die ersten Smartphones vom Typ Freedom 251 seien fertig produziert, verspricht Firmenchef Mohit Goel. Einer Redakteurin des britischen TV-Senders BBC drückte er auch gleich ein Testgerät in die Hand. Ihr Fazit: „Es scheint wie ein normales Smartphone zu funktionieren.“ Wegen weniger installierter Apps sei ein Test allerdings nur eingeschränkt möglich gewesen.

Zumindest auf dem Papier hat das Freedom 251 für seinen niedrigen Preis beeindruckende Leistungsmerkmale: Das Android-Smartphone mit einem 4-Zoll-Display verfügt über je eine Kamera auf der Vor- und Rückseite, ein Gigabyte Arbeitsspeicher, einen Speicherplatz von acht Gigabyte, der auf 32 Gigabyte erweiterbar ist, und einen Quadcore-Prozessor.

Sollte Ringing Bells tatsächlich erfolgreich sein, würde das den indischen Handy-Markt revolutionieren. 2015 besaßen laut einer Analyse des schwedischen Technologie-Unternehmens Ericsson erst rund 200 Millionen der rund 1,2 Milliarden Inder ein Smartphone. Ein Gelingen wäre auch im Interesse der indischen Regierung, die mit ihrer Kampagne „Digital India“ den Subkontinent ins 21. Jahrhundert befördern will. Zahlreiche Projekte, wie beispielsweise die Eröffnung von Bankkonten für arme Bauern, könnten deutlich schneller erreicht werden.

Doch nun stiftet Ringing Bells wieder Verwirrung. Erst hieß es, die ersten Geräte würden am 28. Juni verschickt, dann wurde der 30. Juni genannt. Jetzt sollen die ersten Kunden das Freedom 251 am 6. Juli erhalten.

Chaos hat bei der jungen Firma Tradition: Bei der Ankündigung im Februar präsentierten die Macher ein altes Smartphone einer anderen Marke und überklebten einfach deren Logo. Die Bestell-Website brach regelmäßig zusammen. Schließlich geriet das Unternehmen sogar ins Visier von Ermittlern – bisher jedoch ohne Konsequenzen. Um Betrugsvorwürfe auszuräumen, überwies das Unternehmen alle Zahlungen der Kunden wieder zurück.


Wie lange kann das Unternehmen durchhalten?

Klar ist bereits: Erst einmal wird nur ein winziger Bruchteil der Bestellungen tatsächlich ausgeliefert werden. Eigenen Angaben zufolge verfügt das Unternehmen derzeit über rund 200.000 Geräte. Bei dem Unternehmen gingen jedoch insgesamt rund 75 Millionen Vorbestellungen ein. Das Management habe deswegen entscheiden, die ersten Kunden per Zufall auszuwählen, sagte Firmenchef Goel.

Auch danach dürfte sich der Stau bei den Bestellungen kaum abbauen: In den kommenden Monaten werde Ringing Bells monatlich nicht mehr als 200.000 Smartphones produzieren können, sagte Goel. Die Teile würden derzeit noch aus Taiwan importiert und dann in Indien zusammengeschraubt. Ziel sei jedoch, dass alle Teile aus indischer Produktion stammen.

Fraglich ist allerdings, wie lange das Unternehmen überhaupt durchhalten kann. Ringing Bells räumt ein, dass es derzeit noch einen Verlust von umgerechnet etwas weniger als zwei Euro pro Smartphone mache. Die Konkurrenz hatte den Preis des Freedom 251 im Vorfeld als vollkommen unrealistisch kritisiert. Der Verband der indischen Handy-Industrie teilte mit, allein die Materialien für ein solches Handy würden umgerechnet rund 35 Euro kosten.

Ringing Bells gibt dagegen an, seine Herstellungskosten würden derzeit bei rund 16 Euro pro Stück liegen. Durch Kooperation werde man außerdem zusätzlich Geld einnehmen – beispielsweise, indem man Apps von Unternehmen gegen eine Gebühr vorinstalliere.

Dass sein tollkühner Businessplan wohl noch nicht ganz aufgeht, zeigt sich aber in Goels Ruf nach Subventionen. Gegenüber der indischen Nachrichtenagentur IANS sagte der Firmenchef, er werde Regierungschef Narendra Modi um Hilfe bitten und ihm ein Freedom 251 schenken. Während sich Kritiker fragen, ob die Millionen Inder auch eines bekommen, plant Gründer Goel derweil schon das nächste Mega-Event: Am siebten Juli werde eine riesige Produktpräsentation in der Hauptstadt Neu Delhi steigen.

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