
Es sei wohl wieder einmal soweit, sagt Reed Hastings grinsend in die Kamera und lehnt sich behaglich in seinem Sessel zurück, in der ersten Reihe des nachgebauten Kinos im Netflix-Hauptquartier. „Uns ist allen klar, dass ich mich schon wieder für die Unbeständigkeit entschuldigen muss.” Doch der Chef der Streaming-Plattform aus Los Gatos in Kalifornien, sieht mehr als zufrieden aus.
Sein Unternehmen hat die Prognosen der Wall Street übertroffen. Netflix konnte mehr Nutzer für sich gewinnen als von den Analysten erwartet wurde.
3,57 Millionen neue Abo-Kunden kamen hinzu, die konzerneigene Prognose hatte bei nur 2,6 Millionen gelegen. Den Anlegern gefiel das. Der Kurs der Aktie rauschte um 20 Prozent in die Höhe.
Zuletzt hatten Netflix-Aktionäre ebenso Nerven beweisen müssen wie die Zuschauer der populären Mystery-Serie „Stranger Things” oder des Drogen-Thrillers „Narcos”. Im letzten Quartal hatte Netflix seine Ziele nicht erreicht, der Aktienkurs sank um 13 Prozent.
Bücher, TV, Streaming? Diese Medien finden die Deutschen unverzichtbar
Nur wenige Erwachsene in Deutschland können sich ein Leben ohne Bücher oder Fernsehen vorstellen. Das ergab eine repräsentative Online-Umfrage des Meinungsforschungsinstituts YouGov im Auftrag der Deutschen Presse-Agentur aus dem Januar 2016. Andere Unterhaltungsmedien hielten die Befragten dagegen eher für entbehrlich.
Nur eine Minderheit von 13 Prozent der Befragten findet gedruckte Bücher verzichtbar. Elektronische Bücher (zum Beispiel Kindle oder Tolino) halten 41 Prozent für verzichtbar.
14 Prozent der Befragten können sich ein Leben ohne das klassische Fernsehen vorstellen.
Schon wesentlich mehr können sich vorstellen, auf Musik-CDs zu verzichten: Rund ein Fünftel (21 Prozent) der Befragten fand CDs verzichtbar. Hörbücher auf physischen Tonträgern wie CDs spielen für 46 Prozent keine allzu wichtige Rolle.
Ein Leben ohne Kinobesuche ist für 23 Prozent vorstellbar.
Auf Spielfilme oder Serien von DVD würden 24 Prozent der Befragten verzichten.
Weniger wichtig finden die Erwachsene laut der YouGov-Umfrage Online-Videotheken. 38 Prozent könnten ohne das Streaming von Serien und Filmen (etwa via Netflix, Amazon, Maxdome, Watchever) leben, 40 Prozent ohne Musik-Streaming (zum Beispiel via Spotify oder Apple).
Eindeutig ist die Tendenz, wenn man nach den Altersgruppen schaut: So finden bei den 18- bis 24-Jährigen immerhin 21 Prozent das Fernsehen verzichtbar, bei den Menschen über 55 sind es dagegen nur 10 Prozent.
Film-Streaming finden dagegen die Leute ab 55 kaum relevant: 50 Prozent können darauf verzichten, wie sie angaben. Bei den Jüngeren (zwischen 18 und 24 Jahren) sind es dagegen nur 27 Prozent, die es missen könnten. In der Altersgruppe 25 bis 34 Jahre sind es sogar nur 24 Prozent
Hastings entschuldigte sich noch während des traditionellen Investoren-Calls für das Auf und Ab. Das schwache Wachstum hatte Befürchtungen genährt, der Expansionskurs des Unternehmens sei ins Stocken geraten.
Die Abonnements sind Netflixs wichtigste Einnahmequelle. Deshalb ist die Firma permanent dabei, aggressiv neue Kunden für sich zu gewinnen.
Erst im Januar hatte Hastings deshalb den Start in 130 weiteren Ländern bekannt gegeben, womit sein Dienst schlagartig in 190 Staaten erreichbar war. Die Strategie hat sich inzwischen ausgezahlt. Genau dort konnte Netflix nun mehr Menschen von sich begeistern.
Netflix-Chef sieht seinen Kurs bestätigt
Außerhalb der USA meldeten sich 3,2 Millionen neue Abonnenten auf der Plattform an, im Netflix-Heimatland kamen 370.000 neue Zuschauer hinzu. Insgesamt hat Netflix damit nun rund 85 Millionen zahlende Kunden.
Angesichts des überragenden Ergebnisses sieht sich Gründer Hastings in seinem Kurs bestärkt. „Immer mehr Menschen schauen online Fernsehen”, erklärte er im Investoren-Call. Die Pläne für einen Start in China wurden unterdessen vorerst aufgegeben, wie Hastings sagte. Die regulatorischen Hürden seien zu hoch. Er verwies auch darauf, dass die Film-Dienste von Disney und Apple in dem Land gestoppt worden seien.
Netflix, der Konzern, der einmal mit dem Verschicken von Videos in roten Umschlägen begann, hat sich fest im Technologiemarkt etabliert. Kein Konzern hat das Fernsehverhalten der Nutzer so radikal verändert. Begriffe wie „binge watching“ (Marathon-Video-Konsum) oder „stream cheating“ – ein Partner schaut heimlich ohne den anderen die gemeinsame Serie weiter – gehören heute zum Alltagsjargon in den USA.
„Mehr als erwartet” haben sich laut Hastings vor allem die Investitionen in die eigenen Original-Produktionen ausgezahlt. Dazu gehören unter anderem der Polit-Thriller „House of Cards” oder das Gefängnisdrama „Orange Is the New Black”.
Die Ausgaben für die selbst entwickelten Formate und Produktionen sind riesig, zahlen sich aber aus. Der Netflix-Umsatz stieg um 32 Prozent auf 2,29 Milliarden Dollar, der Gewinn um 75 Prozent auf mehr als fünf Milliarden Dollar.
„Wir haben international großen Erfolg damit”, resümiert Hastings. „Wir werden hier weiterhin investieren.” Für das nächste Jahr will der Netflix-Chef den Anteil der Eigenproduktionen weiter steigern, von 600 Stunden bisher auf künftig 1000.