Xing Karriere-Netzwerk wagt sich in die USA

Xing trotzt mit starkem Wachstum dem zuletzt schwächelnden Wettbewerber Linkedin. Mit der Unternehmenstochter Kununu will das deutsche Karrierenetzwerk nun in den USA Fuß fassen.

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Das Karriere-Netzwerk hat im vergangenen Jahr 1,6 Millionen Mitglieder im deutschsprachigen Raum gewonnen. Quelle: dpa

Hamburg Auf Xing ruht der Blick des Münchener Medienunternehmers Hubert Burda mit Wohlgefallen. Gern lobt er die Mannschaft des börsennotierten Online-Karrierenetzwerks, an der seine Hubert Burda Media („Focus“, „Bunte“) 50,26 Prozent der Anteile hält. Schließlich kann Xing etwas, das den Digitalablegern von Printtiteln nur selten gelingt: Die Plattform verdient richtig Geld.

Anfang Februar jedoch verschreckten schwache Zahlen des Wettbewerbers Linkedin zumindest die Anleger. Das US-Unternehmen hatte im vierten Quartal 2015 8,4 Millionen Dollar Verlust gemacht. Der Ausblick für das erste Quartal 2016 fiel ernüchternd aus. Statt der erwarteten Prognose von 850 Millionen Dollar Umsatz mochte sich die Unternehmensführung nur auf Erlöse in Höhe von 820 Millionen festlegen. Daraufhin rauschte die Linkedin-Aktie in die Tiefe - und zog das Wertpapier des deutschen Wettbewerbers mit sich. Die im Tecdax notierte Xing-Aktie stürzte von 180 auf bis zu 138 Euro. Konnte es sein, dass Online-Karrierenetzwerke ihre besten Zeiten schon hinter sich hatten?

Entwarnung gab es am frühen Montagvormittag: Im abgelaufenen Geschäftsjahr hat Xing praktisch bei allen relevanten Kenngrößen zugelegt: Der Umsatz stieg um 21 Prozent auf 123 Millionen Euro. Der Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) verzeichnete ein Plus von 25 Prozent und liegt nun bei 36,6 Millionen Euro. Unterm Strich blieben 17,6 Millionen Euro hängen. Das sind stolze 186 Prozent mehr als im Vorjahr.

Der Vorstand schlug deshalb nicht nur eine Dividendenerhöhung von 0,92 auf 1,03 Euro je Aktie, sondern auch eine Sonderdividende in Höhe von 1,50 Euro je Wertpapier vor. Der Bestand an liquiden Mitteln in Höhe von 78 Millionen Euro zum Jahresende mache dies möglich. Der Kurs der Xing-Aktie schnellte angesichts dieser Nachrichten zu Handelsbeginn auf 176 Euro empor, sackte dann aber auf zuletzt knapp 165 Euro ab.

Den Unterschied zu den mauen Zahlen des Wettbewerbers erklärt sich für Xing-Chef Thomas Vollmoeller aus einem unterschiedlichen Geschäftsmodell. „Man kann Xing nur schwer mit Linkedin vergleichen“, sagt er dem Handelsblatt. „Wir verdienen zu zwei Drittel unser Geld im B-to-C-Geschäft.“

Haupteinnahmequelle sind dabei die kostenpflichtigen Premium-Mitgliedschaften, mit denen Xing 2015 allein 73 Millionen Euro erlöste – ein Plus von 19 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Die Zahl der zahlenden Mitglieder stieg um 46.000 auf 880.000. Mit E-Recruiting, dazu zählen die Aktivitäten des Arbeitgeber-Bewertungsportals Kununu, aber auch die des 2015 erworbenen Stellenmarktes Jobbörse.com, erlöste das Netzwerk 41,4 Millionen Euro.


Zufrieden mit journalistischen Angeboten

Insgesamt wuchs die Zahl der Xing-Mitglieder in Deutschland, Österreich und der Schweiz – der sogenannten DACH-Region – vergangenes Jahr um 1,6 Millionen auf 9,6 Millionen. Laut Vollmoeller ist es das höchste Mitgliederwachstum in der Geschichte des Karrierenetzwerks, das 2003 vom Hamburger Entrepreneur Lars Hinrichs gegründet wurde. Allerdings wuchs 2015 auch Linkedin im deutschsprachigen Raum sehr schnell. Die Amerikaner gewannen von Januar bis August eine Million neue Mitglieder und kommen nun auf sieben Millionen Kunden in der DACH-Region.

Neuere Zahlen liegen noch nicht vor. Unterstellt man aber, dass Linkedin in den letzten vier Monaten 2015 ebenso schnell gewachsen ist wie in den ersten acht Monaten, konnte Vollmoellers Wettbewerber pro Monat knapp 143.000 neue Mitglieder begrüßen. Bei Xing waren es gut 133.000.

Diese Kalkulation will Vollmoeller aber nicht gelten lassen. „Im vergangenen halben Jahr sind unsere Mitgliederzahlen, soweit wir sehen, schneller als die der Konkurrenz gewachsen“, sagt er. Wenn sich das Mitgliederwachstum von Xing zuletzt tatsächlich beschleunigt haben sollte, könnte das auch an Klartext liegen, dem neuen im Oktober 2015 gestarteten journalistischen Angebot der Plattform, mit der neue Kunden geworben werden sollen. Persönlichkeiten wie Deutsche-Post-Chef Frank Appel beziehen dort Position zu kontroversen Themen, über die die Xing-Nutzer anschließend diskutieren. Bisher wurden die Klartext-Artikel 1,2 Millionen Mal geklickt. Das Angebot soll, so Vollmoeller, weiter ausgebaut werden.

Anders als das global aufgestellte Linkedin will sich Xing auch künftig auf den deutschsprachigen Markt beschränken. Eine Ausnahme gibt es dabei jedoch: Das Arbeitgeber-Bewertungsportal Kununu gründet in den USA mit der Jobplattform Monster ein Joint Venture. „Das ist ein Test“, sagt Vollmoeller. Mit anderen Worten: Sollte das Experiment klappen, könnte es Kununu demnächst auch in anderen Ländern geben.

Das Wachstumstempo des vergangenen Jahres will Vollmoeller auch 2016 beibehalten. „Wir haben 2012 angekündigt, den Umsatz von damals 73 Millionen Euro bis 2016 auf 146 Millionen Euro verdoppeln zu wollen“, sagt er. „Ich bin guter Dinge, dass wir das schaffen.“

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