Kreativer Kopf Wenn der Junior den Laden umkrempelt

Im Clinch mit seinem Vater modelte Christian Brühe die alte Kölner Standbaufirma Uniplan zu Deutschlands erfolgreichstem Anbieter von Events und Messeauftritten um.

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Christian Brühe ist Eventmanager und Messebauer. Er will den einstigen Standbauer und heutigen Veranstalter von Live-Events, Messeauftritten und Co, Uniplan, zur Nummer eins weltweit machen. Quelle: Uniplan

Die Adresse ist angesagt: ein ehemaliges Fabrikgelände am Rande des Kölner Arbeiterviertels Mülheim, mit alten Werk- und Lagerhallen, in denen heute Presseagenturen, Filmstudios oder Designer residieren. Die Kölner Oper führt dort in einem alten Maschinenwerk ihre Singspiele auf. Ein paar Schritte weiter sitzen die Werber der Agentur Jung von Matt.

Hier fühlen sich Kreative wohl, hier fühlt sich Christian Brühe wohl. Schwarze Designerbrille, kahlrasierter Schädel, schlank, schwarzes Hemd über schwarzem T-Shirt. Der 49-Jährige lenkt vom rechtsrheinischen Köln aus Uniplan, einen weltweit operierenden Veranstaltungsanbieter und Messebauer. „Live Communication“ nennt Brühe sein Geschäft.

Wenn Adidas auf der Weltmeisterschaft in Kapstadt den neuen WM-Fußball vorstellt oder der südkoreanische Elektroriese LG Electronics auf der Internationalen Funkausstellung in zwei Messehallen seine 3-D-Bildschirme und Kühlschränke präsentiert, ziehen im Hintergrund Brühes Eventmanager die Strippen. „Wir liefern alles, was für ein Live-Ereignis nötig ist“, sagt Brühe, „Konzept, Umsetzung in Architektur, Inszenierung, Moderatoren.“

Vom Standbauer zum Kreativunternehmen

Dass Uniplan „alles“ liefert, wie Brühe gern sagt, war nicht immer so. Als er 1991 in das väterliche Unternehmen einstieg, war der Betrieb nichts weiter als ein größerer Messebauer: sägen, schrauben, anstreichen, bekleben, dann alles verfrachten, auf- und wieder abbauen, fertig war die Laube. Doch dann geriet die Firma in die Krise, und Brühe junior nutzte die Gelegenheit zum Totalumbau. Dass dies im Clinch mit dem Vater geschah, ist der Nukleus einer Familiengeschichte, die mit der Wiederauferstehung des Unternehmens in neuer Gestalt endete.

Brühe hat als Erbe einen doppelten Kraftakt vollbracht: Er hat den väterlichen Betrieb als nicht mal 30-Jähriger vor dem Untergang gerettet. Und er hat anschließend den einstigen Standbauer in ein führendes Kreativunternehmen verwandelt.

Langer Atem

Kreativkiez Köln-Mülheim Der alte Standort in Kerpen war wenig sexy, heute gehören Werber und Musiktheater zu den Nachbarn. Quelle: Uniplan

In Deutschland steht Uniplan heute mit der Kombination von Messebau und Eventagentur allein auf dem Markt. Mit über 100 Millionen Euro Umsatz im Geschäftsjahr 2010/11 gehört Uniplan zu den zehn größten weltweit in seiner Branche. Brühe reicht das nicht: „Wir wollen Weltmarktführer werden.“

Der Vater einer 18-jährigen Tochter will nach ganz oben – geschäftlich wie privat. Wenn Brühe nicht gerade mit Kunden verhandelt oder ein Mega-Ereignis vorbereitet, trainiert er auf dem Rücken von Cinco de Mayo, einem zwölf Jahre alten dunkelbraunen Dressurpferd. Auch beim Dressurreiten, einer Sportart, die viel Geduld verlangt, mag Brühe keine halben Sachen: Er will irgendwann an den Olympischen Spielen teilnehmen. „Wenn er von einer Sache überzeugt ist, zieht er das durch“, sagt Roland Berger, Gründer der gleichnamigen Unternehmensberatung, „auch wenn es Jahre dauert.“

Vater und Sohn mussten Macht abgeben

Bereits als 16-Jähriger dachte Brühe darüber nach, warum das Unternehmen so erfolgreich war. „Ich habe es seinerzeit nicht herausgefunden“, sagt Brühe. Heute weiß er, warum dem Vater so viel gelang: „Er hat seine Kunden wirklich gemocht. Das schaffte Vertrauen.“

Dennoch kam das Unternehmen 1987 in die Schieflage. Der Senior, ein gelernter Schreiner, der sich seine kaufmännischen Kenntnisse im Geschäft angeeignet hatte, hatte damals zu viele Tochtergesellschaften zwischen Basel und Hongkong gegründet. „Wir waren einfach überdehnt“, erinnert sich Christian Brühe. Um den Betrieb zu retten, holten die Hausbanken den Münchner Berater Roland Berger ins Haus und bestanden darauf, dass der 27-jährige Junior während der Sanierungsphase im Unternehmen arbeitete. Brühe unterbrach sein Studium für ein Jahr und half, Tochterunternehmen zu schließen oder unrentable Geschäfte herunterzufahren.

Nach einem Jahr lief der Betrieb zwar wieder rund. Doch etwas Entscheidendes war anders: Die Kreissparkasse Köln hielt nun über ihre Beteiligungsgesellschaft MUK 28 Prozent am Unternehmen. Zugleich hatten die Banken Vater und Sohn gezwungen, einen Aufsichtsrat einzurichten – und damit Macht abzugeben.

Hilfe vom Aufsichtsrat

Media Markt ist einer der großen Kunden, für die Uniplan in den vergangenen Jahren Projekte verwirklichte. Hier den Stand für die Expo 2010. Quelle: Uniplan/Media Markt

„Zum Glück“, sagt Brühe heute. Denn schon Anfang 1990 kam ein Anruf vom Aufsichtsratsvorsitzenden, einem Banker von der Kreissparkasse: Der Vater sei wieder dabei, eifrig Tochtergesellschaften zu gründen. Ob der Junior nicht wieder einsteigen könne. Es gehe schließlich um sein Erbe. Brühe hatte inzwischen das Studium beendet und war nach der Zusammenarbeit mit Roland Berger im elterlichen Unternehmen selbst Berater bei der Münchner Consultingfirma geworden.

Also stieg Brühe wieder als Hilfsunternehmer ein und brachte zunächst einmal das Rechnungswesen voran, das bis dahin die Mutter und ein externer Dienstleister leisteten. „Wir wussten damals oft nicht, was die Projekte brachten“, sagt Brühe. Häufig gab es Streit mit dem Vater, der von alten, unrentablen Kunden oder Tochterfirmen nicht lassen wollte.

Enge Beziehung zu Roland Berger

Trotz der Streitereien kam das Unternehmen wieder in Tritt. Der Vater sah den Erfolg, überschrieb dem Sohn 21 Prozent der Anteile. 1993 übernahm der Junior auch die 28 Prozent der Anteile, die sechs Jahre zuvor die Kreissparkasse Köln erworben hatte. Den Aufsichtsrat behielt er trotzdem bei – nicht zuletzt wegen der häufigen Auseinandersetzungen mit dem Vater: „Die haben so manchen Streit geschlichtet.“ Auch die enge Beziehung zu Roland Berger ist geblieben. Heute ist Deutschlands Beraterlegende Oberaufseher von Uniplan.

Früh begriff Brühe, dass sich die Branche radikal wandelte. Immer mehr Messekunden bestellten seit Ende der Achtzigerjahre ihre Stände nicht mehr bei den Messebauern direkt, sondern bei Agenturen, die den gesamten Messeauftritt gestalteten und sich den Standbau und andere Dienstleistungen auf dem Markt zusammenkauften.

Damals fing Brühe an, den Messebauer zu einer Kreativagentur mit Standbau umzumoKreissparkasse Kölndeln. „Das war ein Kraftakt“, erinnert er sich. Die Firma war bis dahin ein reiner Produktionsbetrieb. Schreiner und Innenarchitekten bestimmten die Kultur. Jetzt sollte es darum gehen, spannende Events zu gestalten.

Kerpen war "nicht sehr sexy"

Die rheinischen Stadt Kerpen war für das Unternehmen mit der Zeit nicht mehr

Die Kunden zögerten zunächst. Das Unternehmen residierte damals noch in einem Gewerbegebiet im rheinischen Kerpen. „Das war nicht sehr sexy“, sagt Brühe, „und es war schwierig, den Besuchern klarzumachen, dass wir den Geist ihrer Marke kommunizieren können.“ Der Umzug der kreativen Abteilungen in die gestylten Mülheimer Büros war da nur logische Folge des Schwenks zum Kreativanbieter.

Der Durchbruch kam 1998 mit einem umgerechnet 15-Millionen-Euro-Auftrag von Toyota. Es ging um den Bau und die Kommunikation eines Schauraums auf den Pariser Champs-Élysées. Viele in der Branche waren skeptisch. Doch das Projekt wurde ein voller Erfolg.

Besser im Geschäft denn je

Zwei Jahre später übergab der Vater die Führung endgültig an den Sohn. „Zuletzt hat er mir zunehmend freie Hand gelassen“, sagt Brühe. Damals fragte ein Aufsichtsrat nach einer Reihe von guten Jahren den Senior, ob er nicht glücklich sei über die Entwicklung seiner Firma. „Ja, aber das ist ja nicht mehr meine Firma“, hatte der Gründer nur geantwortet.

Heute, gut zehn Jahre nach der Übergabe an den Sohn, steht Uniplan besser da denn je. Die Finanzkrise ist verdaut. Uniplan setzte im vergangenen Geschäftsjahr rund 50 Prozent mehr um als vor drei Jahren. Fast die Hälfte seines Geschäftes macht das Kölner Unternehmen in Asien. Der lange Atem, der Kampf mit dem Vater um die richtige Lösung haben sich ausgezahlt. Jetzt fehlt nur noch der sportliche Erfolg bei der Firma mit den fünf Ringen.

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