Vertrauensverhältnis „Dem Handwerker ist es freigestellt, welche Kunden er bedienen möchte“

Handwerker Quelle: dpa

Deutsche Handwerker klagen über überzogene Erwartungen ihrer Kunden. Der Präsident der Handwerkskammer für München und Oberbayern erklärt, warum es zu Problemen kommt.

  • Teilen per:
  • Teilen per:

Die Botschaft des Fliesenlegers Michael Schmiedl ist deutlich: Auf der Homepage seiner Firma weist er darauf hin, dass er Ingenieure, Doktoranden, Professoren der Firmen Audi und Siemens nicht länger bedient. „Sie wissen alles besser und zahlen schlecht“, so seine Begründung. Der Handwerksmeister aus Niederbayern wird in sozialen Netzwerken für seine unternehmerische Freiheit gefeiert. Das Beispiel zeigt: Handwerker können sich heutzutage sicher sein, dass sie gebraucht werden. Die Auftragsbücher sind gut gefüllt und die Nachfrage ist in Zeiten guter Konjunktur enorm. Das verändert auch die Kundenbeziehung nachhaltig. Das Handwerk muss sich schon lange nicht mehr alles gefallen lassen und kann gegenüber Auftragsgebern selbstbewusster auftreten.

Franz Xaver Peteranderl, Präsident der Handwerkskammer für München und Oberbayern, erläutert im Gespräch, wie Handwerker eine gute Beziehung zu ihren Kunden aufbauen und was sie unternehmen können, wenn sie als Fußabtreter behandelt werden oder der Kunde einfach nicht zahlen will.

WirtschaftsWoche: Was können Handwerker tun, wenn der Kunde mit überzogenen Erwartungen kommt oder nicht bezahlt?

Peteranderl: Es ist wichtig, dass zwischen Handwerker und Kunde ein Vertrauensverhältnis herrscht. Der Kunde sagt, was er sich vorstellt. Und der Handwerker antwortet, ob und wie die Wünsche umgesetzt werden können. Wenn ein Kunde überzogene Erwartungen hat, muss ihm das der Handwerker als Fachmann auch klar sagen. Zu Missverständnissen kommt es übrigens immer wieder, weil Aufträge während der Ausführung noch erweitert werden, dies aber nicht schriftlich fixiert wird. Deshalb sollte alles extra festgehalten werden, was den ursprünglichen Auftrag übersteigt. Wenn der Kunde nicht bezahlt, sollte ihn der Handwerker unter Setzung einer Frist an die offene Rechnung erinnern. Zahlt er dann immer noch nicht, raten wir dazu, zeitnah ein gerichtliches Mahnverfahren einzuleiten.

Welche Branchen und Gewerke im Handwerk sind besonders betroffen von schlechter Zahlungsmoral?
Zunächst: Wir stellen seit vielen Jahren prinzipiell keine Verschlechterung der Zahlungsmoral bei Privatkunden fest. Im Bau- und Ausbauhandwerk müssen die Unternehmen aber mitunter etwas länger warten, bis ihre Rechnungen vollständig bezahlt sind.

Dürfen Handwerker Kunden überhaupt ablehnen?
Selbstverständlich. Es herrscht Vertragsfreiheit. Dem Handwerker ist es freigestellt, welche Kunden er bedienen möchte und welche nicht. Genauso kann der Kunde ja auch entscheiden, welche Handwerker er beauftragt.

Künstliche Intelligenz (KI) hat bei Lösungen für das Management von Kundenbeziehungen einen festen Platz. Hätte das Handwerk weniger Probleme mit Kunden, wenn es KI für den telefonischen Kundenerstkontakt nutzen würde?
Auch wenn KI am Telefon ja kaum noch von echten Menschen zu unterscheiden sein soll, würde ich davon abraten. Wie schon gesagt, halte ich den persönlichen Kontakt zur Anbahnung und Durchführung von Aufträgen im Handwerk für unverzichtbar.

Sollen Handwerksunternehmen stattdessen Psychologen beschäftigen, um aufgebrachte Kunden zu besänftigen?
Mit Sicherheit nicht. Wenn sich Kunde und Handwerker von Anfang an mit Vertrauen und Respekt begegnen, ist das nicht erforderlich.

© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%