Mode Valentino umweht ein Hauch von Historie

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Valentino, haben Sie sich bei Ihren Kreationen von anderen Künstlern inspirieren lassen?

Valentino: Als Teenager gefielen mir besonders die Kostüme von Stars wie Ginger Rogers in den klassischen Musicals. Dieser Geschmack schubste mich in Richtung Design – doch ich habe niemals etwas kopiert, sondern allein meiner Einfallskraft vertraut.

Treten Stars mit persönlichen Wünschen an Sie heran?

Valentino: Das passiert andauernd. Doch so sehr ich Frauen wie Halle Berry oder Cate Blanchett gewiss verehre – ich denke beim Entwerfen nie an einzelne Personen, sondern vertraue meiner Einschätzung, was Frauen ganz allgemein gefallen könnte. Und ich weiß genau, was jede Frau möchte: Schönheit.

Und Ihre erste berühmte Kundin – Jackie Kennedy?

Valentino: Ich traf Mrs. Kennedy fünf Jahre nach dem Attentat auf ihren Mann. Sie hatte von meiner Arbeit gehört und wollte meine Kollektion sehen – und bestellte schon beim ersten Mal sieben Kleider. Sie war eine wunderbare, kluge und kultivierte Frau. Es war ein wichtiger Durchbruch in meiner Karriere, denn als sie einmal mit Bobby Kennedy nach Kambodscha reiste, trug sie nur Valentino. Auf jedem Foto, in jedem TV-Bericht, in jeder Zeitung. Das machte die Welt auf meine Arbeit aufmerksam.

 Mr. Giammetti, wäre Valentino auch ohne Sie so weit gekommen?

Giammetti: Sie können 1000 Giancarlo Giammettis haben, doch ohne Valentinos Talent wäre niemals so viel dabei herausgekommen. Mit mir ging es sicher nur sehr viel schneller. Als wir in dem Geschäft anfingen, gab es zum Beispiel keine Fashion-Presse. Designer wurden noch in den Sechzigern schräg angeschaut wie Jungs, die mit Puppen spielten, und bei Modenschauen gab es bloß irgendeinen Nachrichtenfotografen, der seine Bilder schoss. Also sagte ich den Magazinen: Lasst mich machen. Ich kümmere mich um Kleider, Models, die Finanzierung – und organisiere euch eine richtige Modestrecke. Dadurch wurde Mode in den Medien erst geboren! Sie übernahmen das Business – und Valentino war für die kreativen Ideen zuständig?

Giammetti: Genau so funktionierte es. Valentino lebt beim Arbeiten so sehr in seiner eigenen Schaffenswelt, dass er jemanden braucht, der ihn über den Markt informiert – wobei er bei neuen Trends ganz schön störrisch sein kann. Wie lange brauchte ich, um ihn davon zu überzeugen, dass Kate Moss nicht zu dünn ist! Doch er ist sich eben treu und lässt sich nicht sagen, was er machen soll. Wenn es nach dem Markt ginge, müsste er darauf achten, welcher Rock sich in Kuwait oder welches Kleid sich in London vor drei Jahren besonders gut verkauft hat. Aber so geht es nicht. Exzessives Management ist tödlich für die Kreativität, und deshalb haben wir uns jetzt gemeinsam aus der Branche zurückgezogen.

Valentino, was machen Sie nun in Ihrem Ruhestand den lieben, langen Tag?

Valentino: Ruhestand? Valentino ist nie im Ruhestand! Ich verspüre zwar nicht mehr den Druck, andauernd komplette Kollektionen entwerfen zu müssen. Doch ich werde mir weiter Neues einfallen lassen. Die Zeiten sind gut dafür. Modisch habe ich die Achtziger und Neunziger verachtet – doch in diesem Jahrzehnt herrscht wieder genug Stil, dass auch ich Spaß daran habe, mit weiteren Entwürfen dazu beizutragen.

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