Spezial Banken Noch Luft nach oben

Nach dem Wegfall der Staatsgarantien formieren sich Sparkassen und Landesbanken neu. Davon profitieren die zahlreichen Kunden – vor allem Mittelständler und vermögende Privatkunden.

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Die Kampagne wird gleich nach der Fußball-WM starten. In einem strahlend blauen Himmel schwebt ein Einfamilienhaus aus weißen Wolken. Darunter prangt der Werbespruch: „Machen Sie Ihre Träume wahr“. Gemeint sind Träume, die sich mit der Sparkassen-Baufinanzierung wahr machen lassen. Für manchen Sparkassenfunktionär ist allein schon mit dem Werbespot ein Traum wahr geworden. Denn mit ihm starten die 463 deutschen Sparkassen ihr zweites bundesweites Einheitsprodukt. Anfang des Jahres hatten die öffentlich-rechtlichen Institute erstmals gemeinsam für ein Finanzerzeugnis ihres Verbundes getrommelt. Damals priesen sie den Sparkassen-Privatkredit, einen Ratenkredit, an. „Einheitliche Produkte waren früher undenkbar“, sagt Gustav Adolf Schröder, Vorstandschef der Sparkasse KölnBonn, nach der Hamburger Sparkasse die zweitgrößte in Deutschland. Mehr als gemeinsame Imagewerbung des Verbundes, der sich aus 463 Sparkassen, 80 Kapitalbeteiligungsgesellschaften, zwölf Versicherungen, elf Landesbanken, elf Landesbausparkassen, sieben Fondsanbietern, sechs Leasing-, zwei Factoringgesellschaften und vielen anderen Unternehmen zusammensetzt, war nicht drin. „Wir waren dezentral bis auf die Knochen“, sagt Schröder. Produktentscheidungen traf jeder Sparkassenvorstand oder Landesbankenchef im Alleingang. Doch seit rund einem Jahr kann soviel Eigensinn richtig viel Geld kosten. Die Sparkassen-Finanzgruppe, die nach Bilanzsumme größte Finanzgruppe der Welt, hat ihre Staatsgarantien verloren. Durch einen engen Schulterschluss versuchen Sparkassen und Landesbanken den Wegfall zu kompensieren. Eine Neuordnung, die vor allem den rund 50 Millionen Kunden der Sparkassenorganisation zugute kommt. Die Gruppe entwickelt plötzlich einheitliche Produkte, startet Initiativen für Mittelständler und vermögende Privatkunden. Die neu entdeckte Verbundenheit wird an einigen Stellen schon sichtbar. Plötzlich ist das Sparkassenrot wirklich die Signalfarbe der Gruppe. Bislang gab es immer wieder Ausreißer. Die Stadtsparkasse Köln beispielsweise firmierte lange im vornehmen Großbankenblau, nach der Fusion mit den Bonner Kollegen wird Schröders neuesInstitut rot. Die Frankfurter Sparkasse leuchtete lange gelb, nun wechselt auch sie auf das Gruppen-Rot. Der Wegfall der Garantien sei „ein einschneidendes Ereignis“ gewesen, sagt Siegfried Jaschinski, Chef der Landesbank Baden-Württemberg (LBBW). Jetzt würden die Landesbanken, die lange als Institut für die Strukturpolitik eines Bundeslandes und als Zentrale der örtlichen Sparkassen fungierten, mit anderen Banken „verglichen“, sie haben ihre Sonderrolle verloren. Über Jahrzehnte profitierten die Landesbanken von der guten Bonität ihrer Eigner – in den meisten Fällen der Bundesländer. Nun müssen sie sich ihre Einstufung bei den Ratingagenturen aus eigener Kraft verdienen. Statt einer Spitzennote von AAA schafft selbst die LBBW, die größte Landesbank, nur noch ein gutes Doppel-A. Noch habe sich die Refinanzierung „nicht verteuert“, sagt Jaschinski. Doch bislang haben die elf Länderinstitute, deren staatlichen Garantien die privaten Banken stets in Rage brachten, den Kapitalmarkt kaum in Anspruch genommen. Schließlich haben sich im vergangenen Jahr alle Landesbanken noch einmal mit Refinanzierungsmitteln vollgesogen.

Noch keine Kapitalprobleme haben Sparkassen, die ihre Finanzkraft Jahr für Jahr durch einbehaltene Gewinne stärken können. Im Gegenteil: „Manche sind überkapitalisiert“, sagt der Frankfurter Unternehmensberater Christoph Pape. Für die regionalen Institute könnte es enger werden, wenn die Sparkassengesetze höhere Ausschüttungen an die kommunalen Träger vorsehen. Entsprechende Entwürfe werden derzeit in Hessen und Nordrhein-Westfalen diskutiert. Deshalb rücken Landesbanken und Sparkassen enger zusammen. „Wir wollen die Nummer eins bleiben“, hat Sparkassenpräsident Heinrich Haasis bei seiner Antrittsrede im Deutschen Historischen Museum die Gemeinde eingeschworen. Zur feierlichen Amtsübergabe von Dietrich Hoppenstedt an Haasis trafen sich in Ber- » lin nicht nur die wichtigsten Manager der Gruppe, sondern auch Bundeskanzlerin Angela Merkel, Bundesfinanzminister Peer Steinbrück, Altbundeskanzler Helmut Kohl, Baden-Württembergs Ministerpräsident Günther Oettinger sowie seine Durchlauchten Prinzessin Caroline von Monaco und Prinz Ernst August von Hannover. Gesellschaftlich sind die öffentlich-rechtlichen Institute weiter top. Dass sie es auch wirtschaftlich werden, daran will Haasis arbeiten. Formal ist die Gruppe bereits zusammengerückt. In Rahmenvereinbarungen haben die Zentralbanken mit den örtlichen Sparkassenverbänden die Geschäftsfelder abgesteckt, wo künftig besser kooperiert werden soll. Erste Erfolge sind erkennbar. Selbst die WestLB, die jahrelang zu stolz war, sich mit den kleinen Sparkassenkunden abzugeben, meldet inzwischen eine stolze Zusammenarbeitsquote mit ihren Sparkassen von mehr als 70 Prozent für neue Geschäftsabschlüsse. „Nutznießer einer guten Arbeitsteilung sind die Kunden“, sagt Sparkassenpräsident Haasis. Vor allem im Geschäft mit größeren Mittelständlern drängt sich eine Zusammenarbeit geradezu auf. Die einzelnen Sparkassen sind oft zu klein, um diese Kunden allein zu betreuen, viele Landesbanken haben sich bislang um die mittelgroßen Unternehmen kaum gekümmert, sondern lieber Konzerne bedient.

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