Markus Rieß Was der neue Ergo-Chef alles umkrempeln muss

Der neue Ergo-Chef Markus Rieß muss den ramponierten Versicherungskonzern umbauen. Das Unternehmen leidet nicht nur unter dem Image-Verlust nach dem Sex-Reisen-Skandal. Im Kerngeschäft gibt es massive Probleme.

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Markus Rieß krempelt Munich-Re-Tochter Ergo um. Quelle: imago, Montage

Seine Stürmerqualitäten hat sich Markus Rieß früh erarbeitet. Er wächst in Paderborn auf – tiefste westfälische Provinz. Viel zu tun gibt es hier nicht für Kinder und Jugendliche. Rieß und ein paar Schulfreunde zimmern zwei Fußballtore und bauen sich auf einer Wiese einen Bolzplatz. „Über Jahre“, erzählte Rieß vor einigen Monaten bei einem Spiel des FC Bayern gegen Mönchengladbach in der Münchner Allianz Arena, „haben wir nach der Schule draußen Fußball gespielt.“ Meist strengte sich der heute 49-Jährige mehr als andere an, um als Sieger vom Platz zu gehen.

Entwicklung der Beitragseinnahmen von Ergo und Marktführer Allianz

Bei der Partie, die am 16. September angepfiffen wird, wird Rieß seine Torjäger-Tugenden dringend benötigen. Dann nämlich wechselt der frühere Vorstandschef der Allianz Deutschland nach Düsseldorf und nimmt auf dem Chefsessel bei seinem bisherigen direkten Konkurrenten Platz, der Ergo Versicherung.

Die leidet nicht nur unter einem massiven Imageproblem, seit 2011 bekannt wurde, dass die Tochter des weltgrößten Rückversicherers Munich Re erfolgreiche Vertreter mit Sex-Reisen nach Budapest belohnte.

Auch das Geschäft leidet, seit die Dauerniedrigzinsen das lukrative Geschäft mit Lebensversicherungen einbrechen ließen. Der sich rasant beschleunigende Trend zur Digitalisierung stellt zudem den Vertrieb vor gewaltige Herausforderungen. Anders als Marktführer Allianz hat Ergo auf die Veränderungen am Markt zu spät reagiert.

Daher gilt der Versicherer mit zuletzt 18 Milliarden Euro Prämieneinnahmen, 28.000 fest angestellten Mitarbeitern und 15.000 hauptberuflichen Vertretern als Sanierungsfall. Rieß werden, nachdem er die Allianz in geordneten Verhältnissen verlässt, gute Chancen eingeräumt, das zu ändern.

Die Baustellen von Ergo

„Schaut man sich seine Bilanz bei der Allianz Deutschland an, wird Rieß bedeutende Veränderungen vornehmen“, sagen etwa die JP-Morgan-Analysten Michael Huttner und Rahul Parekh in London. Es sind drei Großbaustellen, die der neue Ergo-Chef zügig schließen muss: Rieß wird das darbende Geschäft mit Lebensversicherungen auf ein neues Fundament stellen, indem er neue Produkte auf den Markt bringt.

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Ergo gab jüngst bekannt, ab 2016 keine klassischen Garantie-Policen mehr anzubieten. Er wird den in Teilen ineffizienten Vertrieb reorganisieren und verschlanken. Außerdem dürfte Rieß die Digitalisierung durch Investitionen in Technik und neue Produkte für den Webvertrieb vorantreiben. Diese Weichenstellungen dürften zu schnellen Verbesserungen bei Margen und Wachstum führen, erwartet JP Morgan.

2014 verbuchte Ergo zwar noch ein leichtes Beitragsplus von 0,3 Prozent. Ohne das Ausland, das etwa 23 Prozent beiträgt, wäre Ergo allerdings geschrumpft. In Deutschland sanken die Beitragseinnahmen der Lebensversicherung um 3,9 Prozent, bei Schaden und Unfall um 1,0 Prozent und in der Krankenversicherung um 0,6 Prozent. Der Nettogewinn lag 2014 noch bei 620 Millionen Euro – das Plus von 42 Prozent beruhte jedoch auf einer Steuererstattung. 2015 erwarten die Düsseldorfer eine Gewinnschrumpfung auf 400 bis 500 Millionen Euro.

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