Elektroauto Der Steve Jobs der Autoindustrie

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Affront für die Autoindustrie

Das fehlende Diplom bereitet ihm heute nur noch im Umgang mit Fachkollegen Probleme: „Sie müssen mir bei Gelegenheit mal erzählen, wie Sie vom Feuerwerker zum Batteriespezialisten gekommen sind“, kanzelte ihn beim VDE-Kongress Elektromobilität in Leipzig Günther Schuh, Leiter des Werkzeugmaschinenlabors an der RWTH Aachen, nach einem Kurzvortrag vor 300 Teilnehmern ab.

In der deutschen Wissenschaft hatte Hannemann schon immer wenig Freunde. Seit jener Nonstop-Fahrt von München nach Berlin sind es fast keine mehr. Zwar war die Tour für den Finanzier und Schirmherrn, Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle, ein willkommener Anlass, um sein Haus als Innovationstreiber darzustellen. Für die Vertreter der Autoindustrie aber war die Aktion ein Affront: Die „Innovationsallianz Lithium-Ionen-Batterie“, die im Rahmen des „Nationalen Entwicklungsplans Elektromobilität“ gebildet worden war, sieht Elektroautos mit über 300 Kilometer Reichweite frühestens im Jahr 2015 vor.

Matthias Wissmann, der Präsident des mächtigen Verbandes der Autoindustrie (VDA), würdigte Hannemanns kunterbuntes „Lekkermobil“ bei der Ankunft in Berlin denn auch keines Blickes und ließ mitteilen: „Das hat uns hier nicht interessiert.“ Bosch hatte die LMP-Technologie schon vorher für „nicht tauglich“ befunden. Und der für Elektromobilität zuständige Siemens-Manager Gernot Spiegelberg teilte Hannemann mit: „Die Autoindustrie ist nicht an einem Elektroauto mit über 300 Kilometer Reichweite interessiert.“ Heute will Spiegelberg von dieser Behauptung nichts mehr wissen.

Stich ins Wespennest

Irgendwann merkte der junge Erfinder, in was für ein Wespennest er da gestochen hatte: Seine Batterie und sein offensives Eintreten für Elektroautos mit großer Reichweite gefährden das Geschäftsmodell der Auto- und Mineralölindustrie und die Planungssicherheit der Konzerne: Wenn ein Elektroauto mit 600 Kilometer Reichweite schon bald Serienreife hätte, könnte der Verkauf von Autos mit benzin- oder dieselgetriebenen Verbrennungsmotoren dramatisch einbrechen.

Und so wurden Vertreter der Autoindustrie und der Wissenschaft in den vergangenen Monaten nicht müde, Hannemann als Hochstapler darzustellen: „So viel Schwachsinn auf einmal. Wenn der Bursche nicht so jung wäre, würde ich einen Schüler von Margot Honnecker vermuten“, schrieb der Cheftechniker eines Zulieferers nach kurzem Blick auf die Leistungsdaten der Batterie an Kollegen.

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