Google-Computer gewinnt Go-Duell: Was der Sieg der Maschine für den Menschen bedeutet
Der Go-Spieler Lee Sedol hat gegen das Google-Programm AlphaGo verloren.
Foto: APAm Ende blieb es bei einem Ehrentreffer. Der Koreaner Lee Sedol verlor auch die letzte Partie des Brettspiels Go gegen ein Computerprogramm der Google-Tochter Deepmind. Damit bestätigte sich noch einmal die unerwartete Stärke des Programms AlphaGo. Den historischen Erfolg hatte es schon am Samstag erzielt, als es die dritte Partie in Folge gewann und in dem auf fünf Spiele ausgelegten Wettkampf uneinholbar in Führung lag.
"Wir sind vollkommen im Schockzustand", sagte Lee Sedol, der beste Go-Spieler der letzten Jahre, nach der Niederlage.
Und nicht nur der Koreaner war über die Stärke von Googles Go-Programm überrascht. Schon dass dieses Duell jetzt überhaupt stattfand ist eine Sensation. Die Entwickler des bis dato stärksten Go-Programms Crazystone hatten noch 2014 prognostiziert, es würde noch mindestens eine Dekade dauern, bis Computer die stärksten menschlichen Spieler schlagen können.
Dabei ist es auch schon wieder zehn Jahre her, dass mit Deep Blue erstmals ein Computerprogramm den amtierenden Schachweltmeister besiegen konnte. Doch Go ist ungleich komplexer.
Während ein Schachbrett aus 64 Feldern besteht, sind es beim Go 361. Die Spieler setzen abwechselnd weiße und schwarze Steine, um möglichst große Territorien zu besetzen. Dabei hat jeder Stein theoretisch den gleichen Wert, auch das macht die Beurteilung von Spielsituationen viel komplizierter als beim Schach, wo Dame oder Turm stärkere Spielfiguren als Bauern sind.
Wie schwierig Einschätzungen des Spiels sind, zeigte sich auch während der fünf Mensch-Maschine-Duelle. Sowohl die Kommentatoren der Spiele als auch der Großteil der Beobachter taten sich in großen Phasen der Partien schwer zu sagen, wer jeweils vorn liegt.
Trotz einer 2500 Jahre währenden Spielgeschichte ist Go längst nicht so ausgereizt wie Schach, wo gerade bei den Eröffnungen eine Vielzahl von Variationen durchgespielt sind. So konnte IBMs Deep Blue Garri Kasparow letztlich auch mit „brute force“ besiegen: brutaler Rechenkraft, die einfach alle Spieloptionen durchrechnet und so die optimalen Züge ausführt.
AlphaGo kann das bis heute nicht, wie sich bei der einzigen Niederlage zeigte. Nach einem besonders starken Zug von Lee Sedol, reagierte das Programm mit einem Fehler beim 79sten Stein. „Aber AlphaGo realisierte den Fehler erst ab Zug 87“, erklärt Deepmind-Chef Demis Hassabis.
Auch die besten Go-Spieler können daher ihre eigenen Züge teilweise nicht genau erklären. „Es fühlt sich richtig an“, sagen sie dann. „Go scheint oft einer Art Ästhetik zu folgen“, bestätigt Hassabis. Mit AlphaGo sei es nun gelungen, einem Computerprogramm eine gewisse Art Intuition beizubringen.
Der Beweis dafür könnte der 37ste Zug im zweiten Spiel sein. Die Kommentatoren wunderten sich und glaubten es war ein Fehler. Auch Sedol war überrascht und verließ das Brett für einige Zeit. „Das ist kein menschlicher Zug“, sagte später Fan Hui. Der dreifache Europameister war der erste Mensch, den das Programm im Vorjahr geschlagen hatte. Er habe nie einen Menschen so spielen sehen, doch der Zug sei wunderschön. Die Analysen dieses Zuges dürften die Go-Gemeinde noch lange beschäftigen. Viele Experten sehen die Möglichkeit, dass das Programm neue Strategien prägen könnte.
Es sind damit zwei Punkte, die den Erfolg von AlphaGo besonders machen: Erstens werfen sie die schon philosophische Frage auf, ob eine Maschine vermeintlich menschliche Eigenschaften wie Intuition und Kreativität entwickeln kann. Zweitens gelang der Sieg nicht nur durch schiere Rechenkraft und die vorherige Programmierung der Spielregeln, sondern AlphaGo hat selbst Spielen gelernt und dabei die neuen Strategien entwickelt.
Deepmind hat dabei so genannte neuronale Netze verwendet. Anfangs erhielt das Programm die Daten von unzähligen Go-Partien mit insgesamt 30 Millionen Zügen. Dann spielten verschiedene Kopien des Programms immer wieder gegeneinander gespielt und probierten so immer neue Variationen durch.
Dieses Prinzip will Deepmind künftig anwenden, um Probleme der realen Welt zu lösen. Genau deswegen hat Google das britische Unternehmen 2014 für angeblich 625 Millionen Dollar gekauft.
Die Anwendungsmöglichkeiten sind extrem vielfältig. „Wir arbeiten an einer potenziellen Meta-Lösung für jegliche Probleme“, sagt Gründer Hassabis. Sie reichen von Krebs bis Klimawandel, auch Makroökonomie oder Finanzsysteme seien mögliche Anwendungsfelder. Überall wo komplexe Systeme bisher Forscher mit ihren Erklärungs- und Prognoseversuchen überfordern, könnten künftig lernende Algorithmen weiterhelfen.
Ein konkretes Einsatzszenario, in dem die Deepmind-Technologie schon in den nächsten zwei, drei Jahren große Fortschritte produzieren soll, sind Assistenzsysteme für das Smartphone.
Siri & Co. geben zwar vermeintlich originelle Antworten, können aber im Kern nur auf Fragen reagieren, für die sie vorab programmiert wurden. Vom Prinzip ähneln sie damit dem Schachcomputer Deep Blue. Künftige Assistenten, die Deepmind für Google entwickelt, sollen dagegen selbst lernen, auch auf unerwartete Situationen sinnvoll zu reagieren.
Wie menschenähnlich Computer dabei werden, muss sich zeigen. „Es wird künstliche Intelligenzen geben, die dem Homo sapiens überlegen sind“, prognostiziert beispielsweise der KI-Experte Jürgen Schmidhuber. Welche Folgen das haben kann, wird nach dem historischen Sieg von AlphaGo verstärkt diskutiert werden.
Stephen Hawking oder Elon Musk warnten zuletzt mehrfach, vor den Gefahren von künstlicher Intelligenz, die außer Kontrolle geraten könnte. „Die erfolgreiche Erschaffung einer künstlichen Intelligenz wäre das größte Ereignis in der menschlichen Geschichte“, sagt Hawking, „leider könnte es auch das letzte sein.“ Allerdings sind sich Experten wie Schmidhuber mit dem Deepmind-Chef einig, dass wir von einer wirklich mit dem menschlichen Verstand vergleichbaren künstlichen Intelligenz noch Jahrzehnte entfernt sind.
Das Hotel Henn-na, auf Deutsch übersetzt "das seltsame Hotel", wird fast komplett von Robotern betrieben. Es hat am 17. Juli eröffnet und befindet sich in dem Vergnügungs- und Freizeitpark Huis Ten Bosch in Sasebo, Nagasaki, in Japan.
Das Hauptziel des neuen Hotelkonzepts ist es, Komfort zum kleinen Preis anzubieten. Die Betreiber wollen das Konzept weltweit verbreiten. Wichtigste Bausteine zur Kostenreduzierung sind der Einsatz von Robotern im Service, eine standardisierte Bauweise und Ausstattung sowie ein Niedrigenergiekonzept inklusive Solar-Eigenversorgung.
Foto: WirtschaftsWocheInsgesamt arbeiten im Hotel mindestens acht Roboter. Sie werden an der Rezeption, im Service, als Gepäckträger, an der Schließfachverwaltung und beim Putzen eingesetzt. Rechts im Bild der Lobby ist der Roboter zu sehen, der die Wertsachen der Gäste verwaltet und in Schließfächern unterbringt. Die Betreiber garantieren eine reibungslose und freundliche Kommunikation mit den Maschinen.
Foto: WirtschaftsWocheDas Hotel hat zunächst mit 72 Zimmern eröffnet. Nach einem erfolgreichen Testbetrieb ist die doppelte Anzahl mit 144 Zimmern geplant. Die Universität von Tokio und das Institut für Industriewissenschaften der Universität Tohoku in Sendai unterstützen die Automatisierung des Hotels. Den Planern war es wichtig, dass das Hotel trotz Automatisierung nicht an Komfort und Freundlichkeit verliert.
Foto: WirtschaftsWocheAn der Rezeption werden die Gäste von freundlichen aber teilweise auch seltsamen Robotercharakteren begrüßt und bedient. Neben der freundlichen Dame in der Mitte ist zum Beispiel rechts ein Dinosaurier im Einsatz. Das Ein- und Auschecken geschieht vollautomatisch. Das Hotel ist schlüssellos, die Gästeidentifizierung erfolgt über Gesichtserkennung. Wer durch die installierten Kameras erkannt wird, erhält Einlass ins Hotel und ins Zimmer.
Foto: WirtschaftsWocheHier stellt sich einer der Rezeptionsroboter vor. Diese Dame ist für die japanischen Gäste zuständig und soll bei allen Fragen auf freundliche und natürliche Art helfen können. Beim Thema Sicherheit verlassen sich die Betreiber jedoch nicht auf Maschinen. Die 24-Stunden-Videoüberwachung des Hotels wird von echten Menschen übernommen.
Foto: ScreenshotDie englischsprachigen Gäste müssen mit dem Dinosaurier Vorlieb nehmen. Er soll aber genauso freundlich und klug sein, wie die japanische Kollegin. Weitere Sprachen sind geplant. Man darf gespannt sein, welche weiteren Charaktere dann hinter der Rezeption zu finden sein werden.
Foto: ScreenshotDas ist der vollautomatische Gepäckträger. Einfach die Zimmernummer eingeben und los geht es. Typisch japanisch: Er spielt laute Gute-Laune-Musik, während er den Koffer auf das Zimmer bringt.
Foto: ScreenshotDie Zimmer werden auch von Robotern geputzt. Die Funktionalitäten können bequem über ein Tablet gesteuert werden. Die Zimmerausstattung und der Service im Hotel beschränken sich auf das Wesentliche. Es gibt weder ein Restaurant noch einen Zimmer- oder Wäscheservice. Fürs leibliche Wohl sorgen Snack- und Getränkeautomaten. Ein Doppelzimmer kostet zwischen 100 und 150 Euro, im Vergleich zu anderen Hotels diesen Standards in Japan ein Schnäppchen.
Foto: WirtschaftsWoche
Eine Eigenschaft der Computersysteme, die auch im Go-Duell eine enorme Rolle spielte, könnte jedoch schon früher in realen Einsatzszenarien ihre Vorteile ausspielen: Die maschinelle Kälte. Denn trotz aller Fortschritte beim maschinellen Lernen hat der Sieg auch eine ganz banale Komponente. Zwar ist der Erfolg der Maschine für viele Menschen zunächst verstörend, weil sie am menschlichen Selbstverständnis als vermeintlicher „Krone der Schöpfung“ rüttelt. Doch genau dieses Überlegenheitsgefühl dürfte ein wichtiger Grund für die Niederlage gewesen sein.
„Es wäre schon der Sieg für den Computer, wenn er auch nur eine Partie gewinnt“, hatte Lee Sedol vor dem Match großspurig angekündigt. Doch damit hat er den ohnehin schon enormen Erwartungsdruck unnötig gesteigert.
Die psychologische Belastung stieg umso mehr, je deutlicher der Koreaner mit der realen Stärke des Programms konfrontiert wurde. Dabei zeigt sich jedoch auch, dass es kein ganz gleicher Kampf war. Schließlich war AlphaGo mit 100.000 verfügbaren bisher gespielten Go-Partien gefüttert worden und kannte auch die Spielweise seines Gegners. Der wiederum wusste fast nichts Gegenüber. Als er jedoch auf die Erfahrung von den ersten drei Partien zurückgreifen konnte, passte Lee Sedol seine Spielweise an und startete mit einer ganz anderen Eröffnung.
Vor allem aber war die psychologische Ausgangslage eine andere. Nachdem das Match so früh entschieden war, ging es nur noch um den oder die Ehrenpunkte. „Nachdem sich der Top-Profi vom Erwartungsdruck, unbedingt gewinnen zu müssen, gelöst hatte, spielte er ganz losgelöst“, beobachtete auch Go-Experte Fabian Bambusch, der die Spiele für das Go-Blog go-baduk-weiqi.de analysiert hat. Und auch Sedol selbst entschuldigte sich und verwies auf den enormen Druck.
Dieser Punkt zeigte sich auch schon beim historischen Schachduell zwischen Mensch und Maschine. „Im entscheidenden Spiel gegen Deep Blue stand ich unter enormen Druck und so habe ich auch gespielt“, erinnert sich der frühere Schachweltmeister Garri Kasparow. „Es war das schlechteste Spiel meiner Karriere“.
Solche emotionalen Faktoren kennt der Computer dagegen nicht. Er spielt mit unbarmherziger Beständigkeit. „Maschinen kennen weder Selbstgefälligkeit, Angst oder Erschöpfung“, sagt Kasparow.
Diese fehlende Emotionalität kann abschreckend und beängstigend wirken. Und doch ist diese Gefühllosigkeit und Kälte eine Stärke, von der Menschen in Zukunft profitieren können.
Das autonome Fahren ist ein Bereich, in dem künstliche Intelligenz in den nächsten Jahren den Alltag am stärksten verändern könnte. Die Vorteile sind eigentlich offensichtlich: Selbstfahrende Autos werden nicht müde oder führen aus Selbstüberschätzung und irrationaler Risikofreude riskante Überholmanöver durch. Trotzdem fürchtet in Umfragen die Mehrheit der Deutschen die Technologie: Laut Tüv Süd finden 42 Prozent autonome Autos unsicher oder gar sehr unsicher, nur 30 Prozent haben keine Bedenken.
Erst wenn selbstfahrende Autos die Zahl der Verkehrsunfälle drastisch gesenkt haben, werden sich unsere Enkel fragen, wie wir in einer so unsicheren Welt wie der heutigen eigentlich leben konnten.