Grippe-Viren Warum Grippe Männer mehr leiden lässt

Röcheln, stöhnen, husten: Niemand leidet so sehr wie ein Mann mit Erkältung. Doch an dem belächelten Phänomen könnte etwas Wahres dran sein: Laut US-Forschern schützt das weibliche Hormon Östrogen vor Grippeviren.

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Ein kranker Mann lieg im Bett und misst Fieber. Quelle: dpa

Wie kommt es, dass Männer gefühlt deutlich mehr unter einem Schnupfen leiden? Gibt es geschlechtsspezifische Unterschiede bei Entstehung und Verlauf von Infektionskrankheiten? Diese Frage hat Forscher der Johns Hopkins Bloomberg Schoon of Public Health beschäftigt. Und tatsächlich fanden sie in ihrer Untersuchung Hinweise darauf, dass Frauen besser vor Grippe geschützt sind.

Die Wissenschaftler untersuchten Proben von Nasen-Schleimhautzellen männlicher und weiblicher Spender und verfolgten, wie sie auf eine Infektion mit Influenza-A-Viren reagieren. Diese Zellen werden besonders von den Schnupfen-Viren angegriffen. Dabei zeigte sich, dass die weiblichen Zellen einen natürlichen Schutz vor Grippe-Viren haben.

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Grund dafür ist der Studie zufolge das weibliche Geschlechtshormon Östrogen. Egal, ob es in natürlicher Form zugesetzt wurde oder als ein künstlicher Stoff, der im Körper eine ähnliche Wirkung wie das Hormon hat: Die Zellkulturen aus weiblichen Nasenschleimhaut-Zellen zeigten deutlich geringere Konzentrationen an Grippeviren nach einer herbeigeführten Infektion.

Um das zu verstehen, muss man wissen, dass Viren die Körperzellen des Infizierten zur Fortpflanzung benutzen. Viren können sich, anders als Bakterien, nicht eigenständig vermehren - sie sind dazu auf einen Wirts-Organismus angewiesen. Dessen Zellen bringen sie dazu, das Erbmaterial des jeweiligen Virus herzustellen. Wenn die Virus-Partikel aus der infizierten Zelle freigesetzt werden, können sie weitere Zellen befallen und auch andere Menschen anstecken. Die Konzentration der Viruspartikel erhöht sich, je mehr die Zellen des infizierten Organismus' davon herstellen. Wie stark ein Virus repliziert wird, bedingt also auch die Schwere der Infektion.

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In der aktuellen Studie wiesen die Wissenschaftler nach, dass die weiblichen Nasenschleimhaut-Zellen deutlich weniger Virus-Partikel produzierten als die männlichen. Die Forschergruppe geht davon aus, dass das zugesetzte weibliche Östrogen maßgeblich an dieser "Produktions-Bremse" beteiligt ist.

Dabei zeigte sich, dass die Verringerung der Viren-Vermehrung umso besser funktionierte, wenn die Östrogen-Gabe bereits vorab erfolgte und nicht erst nach der Infektion. Die Wissenschaftler glauben, so ein Einsatzgebiet für künstliche Stoffe gefunden zu haben, die dem Geschlechtshormon ähneln.

Einschränkend muss man jedoch feststellen: Die Ergebnisse wurden erstmal nur an einer Zellkultur im Reagenzglas erzielt. Ob sich die gleiche Wirkung im hochkomplexen menschlichen Organismus zeigen würde, bleibt vorerst fraglich. Zudem war die Zahl der Proben gering: Untersucht wurden die Zellkulturen von zehn männlichen und 42 weiblichen Spendern.

Männer wären bei einer eventuell hieraus entstehenden Behandlungsmethode ohnehin außen vor: Die Dämpfung der Viren-Replikation war nur in weiblichen, nicht aber in den männlichen Schleimhautzellen nachweisbar. Die Forscher zeigten, dass dies an fehlenden Rezeptoren der männlichen Nasenschleimhaut-Zellen für östrogen-ähnliche Stoffe liegt: Den männlichen Zellen fehlt schlicht die Bindungsstelle für das Geschlechtshormon.

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