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Krebserregendes FleischWHO warnt vor Würstchen und Schinken

Die Weltgesundheitsorganisation warnt vor Fleisch. Wurst oder Schinken erhöhten das Risiko auf Darmkrebs um 18 Prozent. Auch Steaks von Rind, Schwein oder Lamm können Ursache für Krebs sein.Thorsten Firlus 26.10.2015 - 14:45 Uhr

Krebs entsteht nur durch ungesunde Lebensweise

Wer rotes Fleisch isst, raucht, trinkt und ins Solarium geht, bekommt Krebs, wer gesund lebt, nicht. Das stimmt so nicht, wie der „Bericht zum Krebsgeschehen in Deutschland“ des Zentrums für Krebsregisterdaten (ZfKD) am Robert Koch-Institut zeigt.
Bei vielen Krebsarten steigt das Erkrankungsrisiko mit dem Alter.

Foto: dpa

Krebs ist ansteckend

Dieses Vorurteil hält sich standhaft. Dabei ist wissenschaftlich eindeutig nachgewiesen, dass Krebs weder über den normalen Umgang mit Patienten noch über die Pflege, nicht einmal über Sex, übertragen werden kann. Denn Patienten scheiden die Krebszellen nicht aus. Kommt ein Mensch versehentlich mit Tumorgewebe direkt in Berührung, erkennt das Immunsystem die fremden Körperzellen und eliminiert sie. Derzeit geht die Wissenschaft davon aus, dass dieser Schutzmechanismus sogar funktioniert, wenn man eine Bluttransfusion mit dem Blut eines Krebskranken verabreicht bekommt.

Quelle: Krebsinformationsdienst des Deutschen Krebsforschungszentrums

Foto: dpa/dpaweb

Abtreibung löst Brustkrebs aus

Dieses Gerücht ist eine echte Belastung für alle Frauen, die sich im Laufe ihres Lebens einmal gegen ein Kind entscheiden mussten. Ausgangspunkt ist eine Studie aus den USA, die weltweit in den Medien zitiert wurde. Diese legte nahe, dass Abtreibungen das Risiko für ein Mammakarzinom erhöhe. Kritiker bemängelten, dass mit der Studie keine Krebshäufung unter betroffenen Frauen nachgewiesen werden konnte. Auch ließe sich gar nicht ablesen, dass Abtreibung und Brustkrebs ursächlich etwas miteinander zu tun hätten. Mittlerweile wurden fundierte Studien durchgeführt, die zeigen, dass Schwangerschaftsabbrüche und auch ungewollte Fehlgeburten als Risiko für Brustkrebs relativ sicher ausgeschlossen werden können.

Foto: dpa

Zu enge BHs verursachen Brustkrebs

Auch diesen Mythos schürte ein Buch aus den USA. Darin hieß es, dass das Abklemmen der Lymphbahnen dazu führe, dass der Stoffwechsel nicht gut funktioniere und Schadstoffe nicht abwandern könnten. Ein Beweis oder eine wissenschaftliche Quelle für diese Behauptung konnten die Autoren jedoch nicht liefern. Inzwischen ist klar: Das Tragen von Büstenhaltern beeinflusst das Brustkrebsrisiko nicht, egal ob zu eng oder gut passend, mit Bügel oder ohne.

Foto: dpa

Viele Lebensmittel sind für Krebspatienten giftig

So viele Ratschläge Freunde und Bekannte auch auf den Lippen haben, eine sogenannte "Krebsdiät" gibt es nicht. Häufig wird vor Kartoffeln, Tomaten oder Schweinefleisch gewarnt, die angeblich giftig für Krebspatienten seien. Tatsächlich enthalten die Nachtschattengewächse Kartoffeln und Tomaten in ihren grünen Pflanzenteilen das schwach giftige Solanin. Krebs fördert dieser Stoff jedoch nicht.
Das Gerücht, Schweinefleisch sei schädlich, scheint eher einen weltanschaulichen oder religiösen Hintergrund zu haben. Wissenschaftliche Belege, dass das Fleisch ungesund ist, gibt es jedenfalls nicht.

Foto: dpa

Krebsrisiko steigt nach einer Sterilisation

Führt eine Durchtrennung der Eileiter oder Samenstränge zur Empfängnisverhütung zu Krebs? Hierauf ist die Antwort nicht so eindeutig zu geben. Bei Frauen konnte die Vermutung, eine Unterbindung der Eileiter führe zu Eierstockkrebs, bislang nicht durch Studien belegt werden. Bei Männern sieht die Sache etwas anders aus: Jahrelang galt eine Vasektomie als ungefährlich. Das Risiko, an Hodenkrebs zu erkranken, scheint tatsächlich nicht anzusteigen. Bei Prostatakrebs hingegen sehen die Wissenschaftler noch offene Fragen. Eine US-Studie die im Journal of Clinical Oncology veröffentlicht wurde und 50.000 Männer über einen Zeitraum von 24 Jahren beobachtete, wies auf einen leichten Anstieg aggressiver Prostatakarzinome nach einer Vasektomie hin. Der Mechanismus dahinter ist aber noch unklar.

Foto: dpa

Übergewicht macht krebskrank

Es gibt Studien, die sich mit der Frage beschäftigt haben, ob es einen Zusammenhang zwischen dem eigenen Körpergewicht und Brustkrebs gibt. Und tatsächlich müssen Frauen, die nach den Wechseljahren deutlich übergewichtig sind, mit einer höheren Erkrankungswahrscheinlichkeit leben. Für jüngere Frauen wurde dieser Zusammenhang bisher nicht bestätigt. Laut dem Krebsinformationsdienst laufen hierzu aktuell noch weitere Studien.

Foto: dpa

Verletzungen können Zellveränderungen auslösen

Bisher gibt es keinen Beleg dafür, dass Traumata des Gewebes wie Stöße, Schläge, Blutergüsse oder Quetschungen Krebs fördern. Ausgenommen sind Menschen, die lange Jahre unter einem Lymphödem leiden - einer chronischen Gewebeschwellung durch Flüssigkeitseinlagerung. Dadurch steigt das Risiko einer Form von Weichteiltumoren. Diese Tumore sind jedoch sehr selten.

Foto: dpa/dpaweb

Zucker füttert den Krebs

"Verzichte bloß auf Zucker!" Diesen Ratschlag hören krebskranke Menschen oft. Denn Zucker ist der Energielieferant schlechthin für unsere Zellen. Die Beobachtung des Energiestoffwechsels von Tumorzellen und ob sich dieser von gesunden Zellen unterscheidet, ist eine wichtige Frage der Krebsforschung. Bislang gibt es keine Studienergebnisse, die diese Theorie klar be- oder widerlegen könnten. Für eine zuckerfreie Ernährung von Krebspatienten fehlt daher die wissenschaftliche Grundlage. Krebsforscher warnen im Gegenteil vor allzu strengen Diäten, um den Körper und den Appetit, der ohnehin unter der Krankheit und der Therapie leidet, nicht zu überfordern.

Foto: dpa

HPV-Impfung kann Krebs auslösen

Die Befürchtung tauchte bereits vor acht Jahren auf. Damals wurde ein Impfstoff gegen sogenannten humanen Papillomviren (HPV) auf den Markt gebracht. Diese Erreger sind an der Entstehung von Gebärmutterhalskrebs beteiligt und an weiteren Tumoren im Intimbereich bei Frauen und Männern. Seit einiger Zeit weiß man, dass sie auch bei Krebs im Mund-Rachen-Raum eine Rolle spielen. In Deutschland empfiehlt die Ständige Impfkommission (STIKO), Mädchen zwischen 12 und 17 Jahren zu impfen. Experten gehen davon aus, dass nicht nur Mädchen, sondern auch erwachsene Frauen, Jungen und Männer von einer Impfung profitieren: Sie kann vor vielen, wenn auch nicht allen virusbedingten Zellveränderungen bewahren, die langfristig zu Krebs führen. Das Impfen selbst kann keine HPV-Infektion hervorrufen. Voraussetzung für eine Ansteckung wäre, dass der Impfstoff Erbmaterial der Papillomviren enthielte. Dies ist aber nicht der Fall.

Foto: dapd

Wer fünf Jahre krebsfrei ist, ist geheilt

Etwa 500 000 Krebsfälle werden jedes Jahr in Deutschland neu registriert. Wer die heimtückische Krankheit überlebt, braucht Nachsorge, denn die Gefahr bleibt. Seit langem lautet die Faustregel: Wer fünf Jahre krebsfrei ist, gilt als gesund. Das hänge aber von der Tumorart ab, sagt Volker Arndt vom Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ) in Heidelberg. „Bei vielen Tumorarten, zum Beispiel Brust- und Prostatakrebs, weisen auch fünf Jahre nach der Diagnose Patienten schlechtere Überlebenschancen auf als nicht Betroffene. Auch treten manche Spätfolgen erst viele Jahre nach Abschluss der Therapie auf“, sagt der Experte.

Foto: dpa

Die Mitteilung No. 240 der International Agency for Research on Cancer (IARC) dürfte der Fleischindustrie nicht schmecken. Heute gab die IARC, die zur Weltgesundheitsorganisation (WHO) gehört, bekannt, dass sie verarbeitetes Fleisch als krebserregend einstuft. 22 Forscher aus 10 Länder haben in den vergangenen Jahren die wissenschaftlichen Untersuchungen ausgewertet und sind zu dem Schluss gekommen, dass verarbeitetes Fleisch, wie es Wiener Würstchen, Corned beef oder auch Kassler sind, das Risiko vor allem auf Darmkrebs erhöhen. Wer täglich 50 Gramm verarbeitetes Fleisch zu sich nimmt, erhöht sein Risiko an Darmkrebs zu erkranken um 18 Prozent.

Die IARC untersucht in den sogenannten Monographs, welche Stoffe nach dem Stand der Wissenschaft als krebserregend gelten. Sie unterteilt die Stoffe, die nicht nur Nahrung, sondern auch Kohlestaub oder Brustimplantate umfassen, in vier Stufen. Stufe 4 heißt, dass es keinen Hinweis gibt, dass der Stoff Krebs auslöst. Stufe 1 heißt soviel, dass der Stoff, wenn er in erhöhtem Maße zu sich genommen wird, Krebs auslösen könnte. Für Wurstwaren und Schinken sieht es die IARC nach der Auswertung von Studien als erwiesen an, dass sie Krebs auslösen können und stufte sie in die Gruppe 1 ein.

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"Für einen Menschen bleibt das Risiko, Darmkrebs auf Grund seines Konsums von verarbeitetem Fleisch zu bekommen gering, aber dieses Risiko steigt mit der Menge, die verzehrt wird", sagt Dr. Kurt Straif, dem Chef des IARC-Programms "Monographs", das die Risiken von Materialien und Nahrungsmitteln bewertet. 800 Studien wurden berücksichtigt und die Folgen des Konsums von Fleisch von Rindern, Schweinen, Lämmern, Ziegen oder Pferd auf mehr als ein Dutzend Arten Krebs untersucht.

Neben dem verarbeiteten Fleisch, wie es Wurst enthalten ist, untersuchten die Forscher auch das Risiko, dass durch den Verzehr von schierem Fleisch wie bei einem Steak entsteht. Diese stuften die Forscher in die Gruppe 2a. Die Gruppe 2, die nahelegt, dass ein Stoff bei erhöhter Einnahme Krebs auslösen kann, wird unterteilt in A und B. In der Gruppe B gibt es Belege für einen Krebs-Effekt bei Tieren, aber die Forscher wollen die Wirkung auf den Menschen noch überprüfen - zu dieser Gruppe zählt zum Beispiel Kaffee. In der Gruppe 2a, zu der nun auch Steaks gehören, gibt es Hinweise darauf, dass ein Stoff krebserregend bei Tieren ist und starke Hinweise, dass dies auch für den Menschen gilt.

"Die Ergebnisse bekräftigen die Empfehlungen der Gesundheitsorganisationen, dass Menschen den Konsum von Fleisch begrenzen sollten", sagt Dr. Christopher Wild, der Direktor des IARC. Gleichzeitig, so Wild, habe rotes Fleisch auch wichtige Bestandteile für die Ernährung. "Unsere Ergebnisse sind wichtig, damit Regierungen und Organisationen Risiko-Einschätzungen vornehmen können, um die Risiken und positiven Effekte des Konsum von rotem Fleisch und verarbeitetem Fleisch abzuwägen und in die bestmögliche Empfehlung für die Ernährung zu bringen", sagt Wild.

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