Medizin Wundheilung mit Drachenblut

Das Blut des Komodowarans macht zwar nicht unverwundbar, aber es ist trotzdem ein besonderer Saft: Es enthält Bestandteile, die vor gefährlichen Bakterien schützen. Forscher wollen das auch für Menschen nutzbar machen.

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Die größte lebende Echse besitzt starke Abwehrkräfte gegen Krankheitskeime.

Berlin Drachentöter Siegfried badete einst im Blut des von ihm erlegten Lindwurms, um so unverwundbar zu werden. Genützt hat es ihm bekanntlich wenig, was allerdings nicht am Drachenblut selbst lag. Das nämlich ist tatsächlich ein ganz besonderer Saft, wie Wissenschaftler der George Mason University im US-Bundesstaat Virginia jetzt herausgefunden haben.

Die Forscher um Mikrobiologin Monique van Hoek nahmen das Blut moderner Drachen genauer unter die Lupe: Komodowarane (engl. „Komodo Dragon“), die größten heute noch lebenden Echsen. Im Auftrag der Defense Threat Reduction Agency, einer Behörde des US-Verteidigungsministeriums, sollten die Wissenschaftler nach neuen Wirkstoffen zur Bekämpfung gefährlicher Krankheitskeime suchen, um US-Soldaten künftig besser vor Attacken mit biologischen Kampfstoffen zu schützen.

Im Fokus der Forscher standen dabei sogenannte antimikrobielle Peptide – kleine Eiweißmoleküle, die sich in allen Lebewesen finden und dort als eine Art erste Abwehrfront des Immunsystems den Kampf gegen schädliche Bakterien aufnehmen. In Zeiten zunehmender Antibiotika-Resistenzen setzen Mediziner große Hoffnungen in diese körpereigenen Abwehrwaffen. „Peptide sind ein möglicher neuer Ansatz, um Bakterien zu bekämpfen, die gegen die üblichen Antibiotika resistent geworden sind“, so van Hoek.

Kommodowarane sind Aasfresser und leben auch sonst in einem Bakterien-reichen Umfeld, entsprechend gut muss ihr Immunsystem mit potenziellen Krankheitskeimen umgehen können. Das machte sie für van Hoek und ihre Kollegen zu attraktiven Forschungsobjekten. Tatsächlich konnten die Wissenschaftler mehr als 200 Peptide im Körper der Tiere nachweisen. Eines davon modifizierten sie durch Neuordnung seiner Aminosäuren um und schufen so ein synthetisches Peptid mit noch stärkerer Wirkung, dem sie den Namen DRGN-1 gaben.


Hartnäckige Bakterienverbände werden bekämpft

„DRGN-1 ist kein natürliches Peptid des Komododrachen mehr“, so van Hoek. „Es wurde verändert, sodass es nun stärker wirkt und stabiler ist.“ DRGN-1 attackierte in Laborversuchen erfolgreich bakterielle Biofilme, also besonders hartnäckige Bakterienverbände, die sich durch einen Schutzfilm Angriffen zu entziehen versuchen.

Bilden sich solche Biofilme in Wunden, kann das den Heilungsprozess nachhaltig behindern. Dem wirkt DRNG-1 entgegen, und das nicht nur durch die Zerstörung der schädlichen Bakterien selbst. Das synthetische Peptid fördert offenbar auch ganz allgemein die Wundheilung: Im Laborversuch beobachteten die Forscher eine schnelleren Heilungsprozess auch bei Wunden, die zuvor nicht von Bakterien befallen waren.

Können wir also unsere Wunden bald auch in heilendem Drachenblut baden? Nun, bis dahin dürfte noch etwas Zeit vergehen, wie Barney Bishop, einer der an dem Projekt beteiligten Forscher, ausführt: „Der nächste Schritt für DRGN-1 ist die Entwicklung von wundheilenden Mitteln für die Tiermedizin, bevor wir dann zu Produkten für Menschen übergehen können.“

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