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Ein SelbstversuchDer holprige Weg zum papierlosen Büro

244 Kilogramm Papier verbraucht ein Deutscher im Jahr. Damit sind wir Weltspitze. Trotz Computern, Laptops und Smartphones ist das viel beschworene zettelfreie Büro kaum irgendwo Realität geworden. Warum eigentlich?Sebastian Matthes 28.04.2013 - 09:49 Uhr

Müssen wir alles aus drucken, weil wir auf Papier anders lesen? - Oder haben wir das zettelfreie Arbeiten im Alltag nur nicht richtig versucht?

Foto: Frank Beer für WirtschaftsWoche

Unsere Sekretärin sagt, mein Büro habe in den vergangenen drei Monaten seine Seele verloren. Neben dem Monitor liegen nur noch ein iPad und ein Laptop, daneben eine Karaffe mit Wasser und eine Schale Obst. Sonst ist mein Schreibtisch leer.

Die Seele meines Büros, das waren: Stapel aus Büchern und Magazinen; Berge aus Zetteln, Kostenstellenberichten, Textausrissen; Mappen voll loser zerknautschter und zerknitterter Rechnungen und Notizen. Und zwischen den Stapelschluchten leuchteten gelbe Zettel auf der Schreibtischplatte wie Taxis im Schatten der Wolkenkratzer auf den Straßen Manhattans.

Ich fand mich gut in dieser Stapel-Welt zurecht, sie hatte ihre Ordnung. Nur wenn ich unterwegs war und Aufzeichnungen aus einem meiner Notizbücher suchte, wenn ich einen Artikel mit einer bestimmten Zahl brauchte, dann kam ich da nicht dran und habe das Papier verflucht.

Sebastian Matthes, WirtschaftsWoche Ressortleiter Technik&Wissen, wagte drei Monate lang das Experiment "Papierloses Büro". Die Umstellung fiel ihm leichter als gedacht.

Ein Leben ohne Zettel

Doch ein Leben ohne Zettel, das schien mir ein unmögliches Leben. Schließlich bin ich Journalist und arbeite für ein Magazin. Papier ist mein Kerngeschäft. Das zettelfreie Büro, da war ich mir sicher, das ist eine dieser Ideen von Technik-Utopisten – so wie die Brille, die uns Gedanken anderer Menschen lesen lässt.

Ich war ein typischer Deutscher. Nur in wenigen Ländern verbrauchen die Menschen mehr Papier als bei uns, in Österreich, Belgien und Luxemburg. Mit rechnerisch 244 Kilogramm pro Kopf und Jahr liegen wir laut dem Verband Deutscher Papierfabriken sogar über dem Niveau der USA. 1985, vor dem Beginn der Internet-Ära, verbrauchten wir nur 177 Kilogramm. Während die Menge gedruckter Kataloge und Zeitungen mittlerweile sinkt, wächst der jährlich produzierte Berg an Kartonverpackungen und Hygienepapier.

Übersicht zum jährlichen Pro-Kopf-Verbrauch von Papier in Deutschland (zum Vergrößern bitte Bild anklicken)

Foto: WirtschaftsWoche

Büropapier weist der Verband nicht gesondert aus. Doch es gibt Indizien dafür, dass die Digitalisierung zu immer mehr bedruckten und bekritzelten Seiten führt: Laut einer Studie der amerikanischen Association for Information and Image Management steigt bei einem Drittel aller Unternehmen der Papierverbrauch – teilweise drastisch. Andere Studien kommen zu ähnlichen Ergebnissen.

Wir sind Papier-Junkies, und bis vor drei Monaten war ich einer von ihnen.

Doch nachdem ich mich wieder einmal darüber geärgert hatte, meine Notizen im Büro vergessen zu haben, beschloss ich, auf Entzug zu gehen. Ich dachte mir: Vielleicht haben wir die Sache mit dem papierlosen Büro einfach nicht richtig versucht.

Evernote

Evernote ist ein Internet-Dienst, der Inhalte aus verschiedenen Quellen zusammenführt und durchsuchbar macht. Apps für Smartphone und Tablet ermöglichen den Zugriff auf die Dokumente von überall. Standard-Account: gratis. Wer mehr Speicher braucht und PDFs durchsuchen will, zahlt 40 Euro pro Jahr. (iOS, Android)

Wie Sie Evernote effizient nutzen, lesen Sie hier.

Foto: Presse

Dropbox

Dropbox installiert Ordner auf unterschiedlichen Rechnern und hält sie über das Internet synchron. (iOS, Android)

Alternativen zu Dropbox finden Sie hier.

Foto: Presse

Google Docs

Google Docs ist das für den Privatgebrauch kostenlose Bürosoftwarepaket von Google. Die Dokumente liegen im Netz und können daher vom Computer, Smartphone oder Tablet bearbeitet werden – bei Bedarf auch von mehreren Anwendern gleichzeitig. Microsoft bietet mit Skydrive eine ähnliche Lösung.

Foto: Screenshot

Penultimate

Penultimate ist eine Notizbuch-App fürs Tablet, die sämtliche digitalen Mitschriften bei Evernote hinterlegt. (Kostenlos, iOS). Ähnliche Funktionen bietet Bamboo. (iOS, Android, kostenlos)

Foto: Screenshot

Notability

Notability ist eine Notizbuch-App, die zugleich Gespräche aufzeichnet. Später können Nutzer per Klick auf Textstellen hören, was zu der fraglichen Zeit im Gespräch gesagt wurde. (1,79 Euro, iOS)

Foto: Screenshot

PDFpen

PDFpen ermöglicht es, auf dem iPad handschriftliche Anmerkungen in PDF-Dokumenten zu machen und Verträge zu unterzeichnen. (14,99 Euro, iOS). Ähnliches für Android-Geräte bietet ezPDF Reader (Android, iOS, 3,20 Euro). Wer nur eine App zum Unterschreiben von Dokumenten sucht, sollte das kostenlose Adobe- Programm EchoSign (iOS) ausprobieren.

Foto: Presse

SketchBook

SketchBook ist ein gutes Zeichenprogramm. (iOS, Android, 4,49 Euro)

Foto: Screenshot

TinyScan

TinyScan macht iPhones und iPads zu Scannern, die Dokumente in durchsuchbare PDF-Dokumente umwandeln. Einfach App starten, Dokument fotografieren – fertig. (1,79 Euro, iOS). Eine Alternative ist CamScanner (Android, iOS, 3,99 Euro), und auch Handy Scanner Pro für iOS und Android bekommt gute Noten (5,99 Euro).

Foto: Screenshot

Reposito

Bei vielen Menschen sorgen Kassenzettel und Quittungen für Chaos. Hier soll die App Reposito helfen (iOS, Android), die Kassenzettel scannt und elektronisch aufbewahrt, damit Kunden sie bei Bedarf zur Hand haben. (Kostenlos). Auch das US-Web-Portal Manilla hilft, Rechnungen virtuell zu organisieren. (iOS, Android)

Foto: Presse

CamCard

CamCard scannt Visitenkarten und sortiert die Daten ins Smartphone-Adressbuch ein. (iOS, Android, kostenlos). Gute Ergebnisse liefert auch BC Reader (iOS, Android, 5,99 Euro). Ein Muss im papierlosen Alltag.

Foto: Screenshot

ScanSnap

Die App des Fujitsu-Scanners hilft Nutzern, digitale Dokumente zu verwalten und an andere Plattformen wie Evernote weiterzuleiten. (iOS, kostenlos)

Foto: Screenshot

Doo

Doo ist ein Programm, das Dokumente auf dem PC erkennt, intelligent in Ordner verschiebt und sie vor allem schneller wieder auffindbar macht. (Windows, Mac)

Foto: Presse

Smarchive

Smarchive soll Dokumente intelligent verwalten und Nutzer etwa an auslaufende Handyverträge erinnern oder billigere Stromanbieter empfehlen. Ab Sommer.

Foto: Screenshot

Scrivener

Scrivener ist eines der besten Programme für Menschen, die Texte schreiben. Es hilft, Recherchematerial zu sortieren, die Struktur zu planen, und wirft alles als wissenschaftliches Paper oder Buchvorlage aus. (Windows 33,46, Mac, 37,64 Euro)

Foto: Screenshot

Dropscan

Dropscan verbindet Papierwelt und digitales Büro. Wer seine Briefe dorthin umleitet, bekommt sie eingescannt als elektronisches Dokument zugesandt. Kunden zahlen je nach Anzahl gescannter Briefe.

Foto: Screenshot

Kindle

Kindle ist die App zum E-Reader von Amazon. Damit können Nutzer ihre Bücher auch auf Smartphone oder Tablet weiterlesen. (iOS, Android, kostenlos)

Mit dem kostenlosen Browsertool Send to Kindle lassen sich vom PC längere Texte zum Lesen an den Kindle schicken.

Foto: Screenshot

Hardware für ein papierloses Büro
Tablet-Rechner
Eingabestift
Scanner
Externe Festplatten

Und so habe ich in den vergangenen Monaten Scanner, Tablet-Rechner und Internet-Dienste ausprobiert und an regnerischen Wochenenden mein halbes Leben digitalisiert. Dabei habe ich nicht nur viel über die Bedeutung des Papiers für unsere Wissensgesellschaft gelernt. Ich konnte auch überraschende Einsichten in die Arbeitswelt der Zukunft gewinnen.

Viele Zitate, Essays und Gedanken aus der Zeit meines Selbstversuches liegen jetzt in Bits und Bytes zerhackt in meinem virtuellen Notizbuch Evernote. Das Programm hilft seinen Nutzern, Informationen online zu organisieren, es ist so etwas wie ein digitales Zweithirn. Evernote archiviert aber nicht nur Texte und PDF-Dateien. Ich kann darin sogar meine handschriftlichen Notizen nach Worten durchsuchen. Dafür gäbe es auch Alternativen. Google etwa hat Keep im Sortiment, ein Online-Notizbuch, und auch das deutsche Startup Keeeb hilft, Notizen im Netz zu sammeln. Aber Evernote macht die meisten in meinem Alltag anfallenden Dokumente durchsuchbar, und so wird der Dienst schnell zum Herzstück meiner papierlosen Recherchen.

Kurzer Test. Ich tippe in der Suchmaske von Evernote das Stichwort „papierlos“ ein. „92 Notizen gefunden“, meldet das Programm. Dutzende Texte, Fotos von alten Buchtiteln und Videos; alles Material, das ich in den vergangenen Monaten gesammelt habe, vieles davon zur jahrtausendealten Geschichte des Papiers.

Die Chinesen haben es etwa 100 Jahre vor Christi Geburt erfunden, bevor es einen langen Siegeszug erlebte. Erst 2000 Jahre später gibt es Anzeichen für ein Ende dieses Aufstiegs: In einem viel zitierten Artikel aus dem Jahr 1975 berichten Autoren der „Businessweek“ über die Idee des papierlosen Büros.

Der Kassettenrecorder

Das Design der Kassette erlebt gerade eine große Nostalgie-Welle - meist mit digitalem Inhalt. Als Aufnahmetechnik für Interviews oder Diktate hat die Kassette mit Sicherheit ausgedient.

Foto: WirtschaftsWoche

Die Rolldatei

Bis vor kurzem stand sie auf vielen Schreibtischen, nicht zuletzt von Journalisten. Mittlerweile sammeln immer mehr Menschen ihre Kontakte lieber digital in ihrem Mail-Verwaltungsprogramm.

Foto: WirtschaftsWoche

Das Faxgerät

„Schicken Sie mir doch ein Fax“, wird vermutlich bald niemand mehr sagen oder hören. Auch wenn es im Behördenalltag als beweispflichtiges Dokument noch hoch angesehen ist, läuft die E-Mail der Fernkopie immer mehr den Rang ab.

Foto: dpa/picture-alliance

Geregelte Arbeitszeiten

Von neun Uhr morgens bis fünf Uhr abends geht ein normaler Büro-Arbeitstag. In immer mehr Unternehmen weichen diese festen Zeiten längst auf. Immer mehr Menschen wünschen sich flexible Arbeitszeiten und wollen gerne auch mehr zuhause arbeiten.

Foto: dpa

Desktop-Computer

Wer braucht noch schwere, unbewegliche Rechnerkasten, wenn tragbare Computer immer besser und billiger werden? Überall, wo große Rechnerleistung gefragt ist, dürften uns die Desktops aber noch lange erhalten bleiben.

Foto: REUTERS

Das Festnetztelefon

Schön waren sie ja, die Telefone zu Opas Zeiten. Aber angesichts immer günstigerer Mobilfunk-Angebote und immer mehr leistenden Smartphones könnte die Festnetztelefonie bald ganz obsolet werden.

Foto: dpa/picture-alliance

Die Visitenkarte

Vielleicht sind auch die Tage der Visitenkarte schon gezählt. Per SMS oder E-Mail bringt man seine Kontaktdaten schneller an die Leute. Dagegen spricht, dass die Übergabe der Visitenkarte auch ein förmlicher Akt des Kennenlernens ist. Noch sollte jedenfalls keiner ganz darauf verzichten.

Foto: WirtschaftsWoche

Der Computer alleine reicht nicht

Früher hätte ich den Text während meiner Recherche ausgedruckt, in eine rote Mappe geschoben und wichtige Stellen angestrichen. Wenn ich heute im Netz bemerkenswerte Artikel lese, klicke ich auf den grünen Evernote-Knopf in meinem Browser, schon liegt er in meinem digitalen Archiv. Auch dort kann ich Textteile farbig markieren oder an Kollegen weiterleiten. Den „Businessweek“-Text habe ich an vielen Stellen angestrichen

Ein Fernseher-ähnliches Gerät werde bald auf jedem Schreibtisch stehen und digitale Akten anzeigen, heißt es darin. Derlei Technik werde das papierlose Büro möglich machen. Doch die Experten von damals irrten. Der Computer allein reichte nicht.

Statt des papierlosen Büros kommen die Neunzigerjahre und das Internet. Die Menschen drucken und drucken und drucken. Feuilletonisten schreiben, dass die Welt ohne Papier nie funktionieren werde: Es lasse sich falten, in einen Umschlag stecken, bemalen und leicht sei es auch. Ein Wunderding. Nichts könne es ablösen.

Das hatte ich bis vor einigen Monaten auch gedacht. Mein Selbstversuch läuft allerdings besser als gedacht. Zeitschriften-Abos sind schnell auf iPad-Versionen umgestellt, Handyrechnungen und Kontoauszüge kommen elektronisch. Das Post-Papier-Zeitalter scheint näher zu sein, als wir denken, und das liegt auch daran, dass jetzt die meisten Techniken verfügbar sind, die wir für einen papierlosen Alltag brauchen.

Wo das Smartphone beim Einkauf zum Einsatz kommt

Virtueller Supermarkt

Die Schweizer Handelskette Coop betreibt in Zürich den ersten virtuellen Supermarkt. Passanten können im Vorbeigehen auf der bunten Plakatwand das gewünschte Produkt via Smartphone einscannen und bezahlen, und erhalten den Einkauf wenige Stunden später nach Hause geliefert.

Foto: Pressebild

Produkt-Scanner

Das Berliner Startup Barcoo hat eine gleichnamige App veröffentlicht, die dem Benutzer, neben den gängigen Packungsangaben, zusätzliche Informationen zu Produkten liefert. Scannt der Benutzen den Barcode eines Artikels ein, gibt die App Auskunft über Testberichte, CO²-Bilanzen, Allergenen sowie Herkunft der Inhaltsstoffe, und findet dank Preisvergleich zudem den günstigsten Anbieter.

Foto: Pressebild

Drive-in-Einkauf

In einem Real-Markt in Köln-Porz entfällt künftig auch das Schleppen der Einkäufe. Die gewünschten Produkte werden per Smartphone eingescannt, anschließend wird der Einkauf bequem an einem Drive-In-Schalter bezahlt. Supermarkt-Helfer bringen daraufhin den Einkauf bis ans Auto.

Foto: Pressebild

Mobile Bestellung

Bei der US-Imbisskette The Melt entfällt künftig das Warten an der Theke. Per App lässt sich das gewünschte Mittagessen vorbestellen und bezahlen, der Kunde braucht es anschließend nur noch im Lokal abzuholen.

Foto: Wirtschaftswoche Print

Virtueller Kleidertausch

Mit der App der Modekette Debenhams kann man sich den Gang in die Umkleidekabine sparen. Das Sortiment des Geschäfts lässt sich bequem auf dem Smartphone oder Tablet durchstöbern - und sogar anprobieren.

Foto: Pressebild

Der Aufbauhelfer

Künftig hilft das Smartphone auch bei der Montage von Möbeln. Wirft die handelsübliche Bauanleitung eines Möbelstücks mehr Fragen auf , als sie klärt, reicht ein kurzes Berühren des Papiers mit dem Handy, und ein Montagevideo wird abgespielt.

Foto: Pressebild

Jahrelang war das papierlose Büro nur eine Idee. Jetzt kommt die dafür notwendige Technik auf den Markt

Foto: Frank Beer für WirtschaftsWoche

Vor einigen Jahrzehnten ruhte noch ein Großteil des Wissens dieser Welt in Bibliotheken und Archiven. Doch 2007, das berechneten Forscher der University of Southern California, waren schon 94 Prozent aller Informationen digital gespeichert.

Vielleicht haben wir uns allzu lange die falsche Frage gestellt, wenn wir uns über die Unmöglichkeit des papierlosen Lebens lustig gemacht haben.

Anstatt uns mit solchen Phänomenen wie den vielen digital verfügbaren Informationen zu befassen, warten wir darauf, dass eine Art elektronisches Papier entsteht, das aussieht wie eine Zeitung – wie Papier, nur irgendwie elektronisch.

Aber wahrscheinlich wird das so niemals kommen. Die digitale Welt ist keine Kopie des analogen Zeitalters. Sie eröffnet neue Wege. Das Wunderding Papier gerät von vielen Innovationen gleichzeitig unter Druck. Nicht von dieser einen Idee, die alles erschüttert. Die Musiker der Brüsseler Philharmoniker etwa spielen nicht mehr ausschließlich von gedruckten Noten sondern von Samsung-Tablets. Mit elektronischen Büchern setzen Verlage in Großbritannien und den USA mehr Geld um als mit gebundenen Titeln. Und welche Rolle spielen überhaupt noch Landkarten?

Nicht einmal für Fahrkarten brauche ich noch Papier, seit es die Smartphone-App Touch&Travel der Deutschen Bahn gibt. Das Programm merkt sich, wo ich einsteige, welche Strecke ich fahre, und bucht den Ticketpreis später von meinem Konto ab.

Das Smartphone ist jetzt schon einer der größten Konkurrenten des Papiers.

Tablet-Stifte
Bamboo Duo von Wacom
Stylus von Griffin
Alupen von Just Mobile
Jot Touch von Adonit
Mynote Pen von Aiptex

Elektronische Notizbücher

Anfang des Jahres war ich in Las Vegas. Dort traf ich Jim Wong, den Chef des Computerherstellers Acer. Wir sprachen darüber, wie der Tablet-Boom seine Branche aus den Angeln hebt. Gerade erst war bekannt geworden, dass die weltweiten PC-Verkäufe erneut eingebrochen waren. Ich zog mein iPad aus der Tasche und machte mir Notizen – schon waren wir im Gespräch über das Ende das Papierzeitalters. Das sei ja eine schöne Idee, sagte Wong. Aber er glaube nicht, dass er jemals ohne Papier auskomme. Zu oft müsse er schnell etwas aufschreiben.

Das Problem hatte ich auch. Wo notiere ich schnell eine Rückrufnummer? Eine Adresse? Einen Gedanken? Zigmal wurde ich rückfällig, griff aus alter Gewohnheit doch zu irgendeinem Zettel, mitunter fischte ich sogar einen aus dem Mülleimer. Ohne Papier auszukommen war anfangs so schwer, wie mit dem Rauchen aufzuhören.

Doch die Rückfälle werden seltener. Mittlerweile nutze ich das iPad nicht nur als Archiv und für Zeitungslektüre. Das Gerät ist auch ein guter Ersatz für meine Notizbücher, von denen ich früher stets eines dabeihatte. Nur wenn die iPad-Batterie leer ist, hilft all das gespeicherte Wissen nicht. Dann hilft nur eine Steckdose.

Die wichtigsten IT-Trends
Cloud Computing
Big Data
Freie Software
Grid Computing
Sieg der Standard-Hardware
Virtualisierung
In-Memory-Computing
Consumerization
Business Intelligence wird mobil

Bis das iPad zu meinem immer verfügbaren Notizblock werden kann, muss ich aber erst einen passenden Stift anschaffen. Das ist kaum einfacher, als eine Brille zu finden, die mir wirklich steht. Der eine ist zu kurz, der andere hat eine Gummispitze, die den Schreibfluss hemmt. Schließlich entscheide ich mich für den iStroke des iPad-Ausrüsters Ozaki. Er liegt gut in der Hand und gleitet mit seinem feinen Metallgewebe über das Display, wie ein Filzstift über Papier.

1. Die Cloud ist nicht sicher 

Falsch. Vielmehr gilt: Wer billig kauft, kauft teuer. Die Begründung: Wichtig ist es, für seine Anforderungen das richtige Modell zu finden. Hierfür muss zwischen der öffentlichen Public Cloud und der geschlossenen, nur angemeldeten und abgesicherten Nutzern zugänglichen Private Cloud unterschieden werden. In vielen Public Cloud Angeboten gibt es bis dato keine Modelle, die dem Kunden Sicherheit garantieren. In einem Private Cloud Modell dagegen lassen sich Sicherheitszusagen sowie Zusagen für Performancewerte durchaus treffen. Wichtig ist es, für seine Anforderungen das richtige Modell zu finden.

Ob ein Service die für den Kunden ausreichende Sicherheit liefert, wird in Private Clouds durch Zertifikate wie zum Beispiel das SSAE16 sowie die verwendete Architektur und Technologie  sichergestellt. Neben einem Zertifikat ist das SLA (Service Level Agreement) zwischen Anbieter und Nutzer von entscheidender Bedeutung. Im Übrigen kann selbst ein Cloud-Anbieter nicht auf die Daten des jeweiligen Kunden zugreifen. Auch dann nicht, wenn er zu administrativen Zwecken auf die Netzinfrastruktur und Systeme zugreifen muss.

Foto: dapd

2. Ich verliere die Rechte an meinen Daten

Falsch. Lesen Sie das Kleingedruckte. Die Begründung: Tatsächlich ist es oft schwierig, seine Daten einfach und sicher zu einem Cloud Provider zu migrieren. Man sollte denken, es wäre selbstverständlich, die Hoheit über seine Daten zu behalten. Leider sehen die SLA´s einiger Anbieter hierfür keine geregelte Strategie vor. Daher müssen Unternehmen bei manchen Anbietern mit hohen Aufwänden für die Migration ihrer Daten rechnen. Dann wird ein vermeintlich attraktives Angebot schnell zum kommerziellen Desaster. Es lohnt sich, das Kleingedruckte aufmerksam zu lesen, zu verstehen, und gegebenenfalls Transparenz einzufordern. 

Foto: dapd

3. One size fits all

Eine flexible, uneingeschränkte Skalierung ist Trumpf. Die Begründung: Cloud Angebote basieren auf Virtualisierung, also einer vernünftigen Auslastung von Ressourcen, um die Kosten niedrig zu halten. Darum sollten Anwender darauf achten, daß sie Ressourcen gemäß ihrer individuellen Anforderungen frei skalieren können. Nur dann lassen sich weitreichende kommerzielle Vorteile erzielen.

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4. Es gibt nur zwei Abrechnungsmodelle: "Pay as you go" oder Laufzeitenvertrag

Falsch. Die Lösung liegt in einer klugen Mischung aus beidem. Die Begründung: Es ist klar, dass das "Pay as you go", also ein bezugsabhängiges Abrechnungsmodell ohne Vertragsbindung, grundsätzlich teurer ist als eine vertraglich vereinbarte Abnahme von Leistungen. Sobald Anwender jedoch eine maximale Flexibilität oder stark schwankende Anforderungen erkennen, ist es lediglich ein Rechenbeispiel, welches Modell ihren Anforderungen am besten entspricht. Spielen der Faktor Flexibilität in Zukunft eine wesentliche Rolle, kann sich ein "Pay as you go"-Modell schnell rechnen. 

Foto: dpa

5. Cloud Services reduzieren Arbeitsplätze

Falsch. Durch die Nutzung von Coud Services entstehen neue Arbeitsplätze, beim Anbieter wie beim Anwender. Die Begründung: Die Nutzung von Cloud Services dient zunächst der Reduzierung von Bedarf und Kosten in der IT. Im Anschluss werden dadurch Ressourcen für hochwertige Aufgaben verfügbar gemacht, die bis dahin nicht oder nur extern bedient werden konnten. Damit führt die effektive und exzellente Unterstützung der Unternehmensprozesse durch die Cloud zu mehr Produktivität und damit zu mehr Geschäft– was zusätzliche Arbeitsplätze im Unternehmen schafft.

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6. Die Cloud ist nur das Outsourcing von gestern

Falsch. Jeder kann seine Cloud selbst betreiben. Die Begründung: Unternehmen können ihre Private Cloud im eigenen Hause betreiben und lediglich die Vorteile nutzen. Letztendlich bieten die verschiedenen Modelle der Cloud-Anbieter eine maximale Anpassung an den individuellen Bedarf der Anwender. So ist im Private Cloud Modell von Dimension Data auch vorgesehen, die Hardware im Rechenzentrum des Kunden zu platzieren. Anwender können hierbei die IT-Kontrollsoftware des Anbieters nutzen, welche Orchestrierung und Provisionierung sowie Reporting und Billing in einer einfachen Nutzeroberfläche zur Verfügung stellt. Das Hosted Private Cloud Modell hingegen sieht die Hardware in einem der Rechenzentren des Dienstleisters vor. Eine Kombination ist möglich, ebenso wie eine Kombination von Private Modellen und Pay as you go Modellen innerhalb der Public Services.  

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7. Anforderungen weltweit tätiger Unternehmen kann die Cloud nicht bedienen

Falsch. Verlässliche Anbieter liefern heute auf allen Kontinenten und in mehreren Rechenzentren global ausgerichtete Cloud-Angebote. Die Begründung: Verteilte Rechenzentren in jedem Kontinent sowie eine technologisch fortschrittliche Verwaltung der Cloudressourcen ermöglichen den Rollout von globalen Systemen innerhalb kürzester Zeit. Anwender sollten dabei sicherstellen, dass die SLA´s sowie die Supportmodelle des Anbieters zu ihnen passen und die eingesetzte Technologie sicher und verlässlich funktioniert. Wichtig ist, dass die Administration der verschiedenen geografischen Standorte zentral zur Verfügung stehen kann und dass an allen genutzten Standorten die entsprechenden Sicherheitsstandards eingehalten werden. 

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8. Der Datenschutz ist in der Cloud nicht gewährleistet 

Falsch. Innerhalb wie auch zumeist außerhalb der EU ist der Datenschutz klar und nachvollziehbar geregelt. Die Begründung: Vorbehalte wegen „des Bundesdatenschutzgesetzes (BDSG) und des Schutzes personenbezogener Daten“ sind  keine automatischen Showstopper und es ist immer differenziert zu betrachten, was im konkreten Fall eingehalten oder bedacht werden muss. Beim Setup ihrer Lösung müssen Anwender die Anforderungen des lokalen Gesetzgebers beachten, um auf der sicheren Seite zu sein. Zu bedenken ist, dass kein Cloud Anbieter seinem Kunden hierbei rechtlichen Beistand leisten darf. Dies ist in Deutschland und vielen anderen Ländern von Rechts wegen untersagt. Anwender können jedoch aus einer wachsenden Zahl an IT-Fachanwälten auswählen und mit ihnen gemeinsam eine Checkliste ausarbeiten, um sie mit ihrem Cloudanbieter abzugleichen. Kunden sollten hier objektiv sein, ihren echten Bedarf erkennen und alle Geschäftsmodelle gegeneinander abwägen. Dabei gilt: Der Datenschutz unterscheidet nicht, ob eine Applikation nun geschäftskritisch ist oder nicht. Vielmehr muss der Datenschutz im Rahmen der gesetzlichen Anforderungen immer gewährleistet sein. Nicht mehr und nicht weniger.

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9. Es gibt keinen vernünftigen Kundendienst in der Cloud

Falsch. Gute technische Unterstützung gibt es en masse. Nur der kostet Geld. Wer also an der falschen Stelle spart, zahlt drauf. Die Begründung: Ebenso wie beim Datenschutz ist es wichtig, das Angebot des Anbieters gründlich verstanden zu haben. Was ist inklusive? In welchen Sprachen und zu welchen Zeiten wird Support geleistet? Wie sind die Reaktionszeiten? Kann ich zwischen verschiedenen Supportmodellen wählen? Kann ich zwischen den Supportmodellen wechseln? Steht mir bei Bedarf ein Spezialist zur Verfügung, der auch Themen außerhalb meines Supportvertrages versteht und Hilfe leisten kann? Und vor allem, was kostet mich das Ganze? Wer diese Fragen vorher klärt, erlebt keine Überraschungen.

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10. Compliance-Richtlinien sind in einer Cloud Administration nicht realisierbar.

Falsch. Vielmehr ist das Rollen- und Rechtekonzept innerhalb der Administration von Cloud Services ein wichtiges Thema. Die Begründung: Netze, Server und Storage liegen zumeist in der Obhut verschiedener IT-Bereiche mit unterschiedlichen Anforderungsprofilen. Kunden sollten darauf achten, dass die Granularität der Verwaltung sowie deren Berechtigungen innerhalb einer Cloud-Managementoberfläche ihren Anforderungen entspricht, sowie Ihrer Organisation flexibel anpassbar ist. Mehrere Administratorenkonten in verschiedenen Bereichen sowie Vertreterregelungen pro Bereich sind notwendig, um in der IT jederzeit hochwertige Dienste zu leisten.

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Nun brauche ich nur noch eine Notizen-App. Es gibt Dutzende Programme, selbst der Büchlein-Hersteller Moleskine bietet eine digitale Variante. Mir gefällt auch das iPad-Programm Bamboo. Die App Notability zeichnet sogar Gespräche auf, während ich mir Notizen mache. Ein Klick in die Notizen reicht später aus, schon spielt das Gerät ab, was zur fraglichen Zeit gesagt wurde. Das ist praktisch, wenn man mal seine Schrift nicht mehr lesen kann.

Außerdem mag ich die App MyScript. Sie verwandelt Handschrift in eine Textdatei, die sich auch per E-Mail verschicken lässt. Mit dem iPad-Programm PDFpen wiederum kann ich PDF-Dokumente lesen, Anmerkungen hineinschreiben, Verträge unterzeichnen und Textstellen markieren.

Nach Stunden des Testens entscheide ich mich aber für Penultimate, eine App, die alle Mitschriften automatisch mit Evernote synchronisiert – und im Netz ablegt.

Nach ein paar Wochen kann ich mir ein Leben ohne Tablet schon nicht mehr vorstellen. Sogar im Möbelhaus packe ich das Gerät aus, um der Verkäuferin eine Skizze unseres Wohnzimmers zu zeigen.

Wahrscheinlich hätte es statt des iPad mini auch ein Android Tablet getan. Entscheidender als der Hersteller ist die Größe des Geräts: Die knapp acht Zoll des kleinen iPads sind perfekt. Es ist nicht zu groß, um ein gutes Notizbuch zu sein, und nicht zu klein, um darauf lesen zu können.

Akten digital lagern

Je digitaler ich meinen Arbeitsalltag organisiere, desto ungeduldiger werde ich mit meiner gedruckten Vergangenheit, die in meinem heimischen Regal verstaubt. Wer hier etwas sucht, blättert ewig durch graue Aktenordner. Unternehmen müssen Verträge und Steuerunterlagen mitunter Jahre aufbewahren. Das gilt für meine Kontoauszüge, Gehaltsabrechnungen und Krankenkassen-Unterlagen nicht. Und so starte ich an einem regnerischen Sonntagnachmittag die größte Digitalisierungsaktion in der Geschichte meines Heimbüros.

Einzeln schiebe ich Dokumente und Briefe in meinen Fujitsu-Scanner. Eine Software verwandelt die Zettel automatisch in PDF-Dokumente. Nach Abi-Zeugnis und Geburtsurkunde überlege ich kurz, auch noch ein paar uralte Liebesbriefe in das Gerät zu schieben. Doch das bringe ich nicht übers Herz.

Die 70er-Jahre
Akten, Stempel, Telefon mit Wählscheibe: ein typischer Schreibtisch aus den 1970er Jahren. Rauchen am Arbeitsplatz war kein Problem, auch ein Gläschen Alkohol war nicht tabu.

Foto: WirtschaftsWoche

Die 1980er-Jahre
Taschenrechner und Digitaluhren halten in den 1980er-Jahren Einzug ins Büro. Das Telefon bekommt Tasten - geschrieben wird aber noch weitgehend auf der Schreibmaschine.

Foto: WirtschaftsWoche

Die 1990er-Jahre

In den 1990er-Jahren löst der Computer die Schreibmaschine ab. Briefe werden am eigenen Arbeitsplatz ausgedruckt und per Fax verschickt, die Daten auf kleinen Disketten gespeichert.

Foto: WirtschaftsWoche

Die 00er-Jahre
Notebooks lösen stationäre Computer ab. Das Faxgerät kann nun auch drucken, kopieren und scannen. Der Kaffee kommt nicht mehr aus der Büroküche, sondern vom Coffeeshop um die Ecke.

Foto: WirtschaftsWoche

Die 10er-Jahre
Der eigene Schreibtisch wird zur Ausnahme, die Arbeitsfläche kleiner, gearbeitet wird auch mal im Stehen. Daten werden elektronisch archiviert, der Bildschirm wird größer, die Tastatur schrumpft.

Foto: WirtschaftsWoche

Ich traue meinem Computer nicht ganz. Zu oft habe ich von Festplattenabstürzen gehört, von Hunderten verschwundenen Familienfotos, einer ausradierten Jugend. Daher legt mein Rechner regelmäßig Sicherheitskopien der Dokumente auf einer externen Festplatte an, der CloudBox von Lacie. Der Clou: Weil die Festplatte mit dem Internet verbunden ist, kann ich von jedem Internet-Anschluss der Welt über alle wichtigen Dokumente verfügen.

Neulich brauchte ich eine spezielle Quittung. Via Smartphone-App öffnete ich einen Ordner auf der Festplatte Zu Hause und holte die Nummer auf das Display.

Je mehr Dokumente ich scanne, desto unübersichtlicher wird allerdings mein digitaler Schreibtisch. Bevor der papierlose Alltag ein Massenphänomen werden kann, muss die Technik einen weiteren Schritt tun: Es reicht nicht, die Dokumente nur zu lesen. Künftig müssen Programme sie auch verstehen können.

Dieser Schritt steht nun kurz bevor. Vor wenigen Wochen habe ich die Macher des US-Startups Neat getroffen. Sie haben ein Programm entwickelt, das jeden digitalen Arbeitsplatz organisieren soll: gescannte Kontoauszüge, Rechnungen und Gehaltsabrechnungen sortiert Neat nicht nur automatisch in Ordner, es ist auch in der Lage, die Informationen zu verarbeiten, Ausgaben zu überwachen und die Informationen an eine Steuersoftware weiterzuleiten, bislang allerdings nur in den USA.

Startup will "das Papier töten"

An einer noch weitreichenderen Lösung arbeitet das Bonner Unternehmen Doo. Das 45-köpfige Team will „das Papier töten“, wie Doo-Mitgründer Frank Thelen sagt. Die Software seiner mit zehn Millionen Euro finanzierten Firma sortiert – noch akkurater als Neat – Rechnungen, Kontoauszüge und Behördenpost intelligent in Ordner. Zudem verhandelt Thelen mit Stromversorgern und Telekommunikationsunternehmen: Sie sollen Rechnungen bald direkt ins Doo-System spielen – ganz ohne Papier. „In diesem Feld“, sagt Papier-Killer Thelen, „werden wir in den nächsten Monaten noch viele Innovationen sehen.“

Schon bald wird unser Computer nicht nur Dokumente lesen. Er wird sie auch so gut verstehen, dass er Adressen selbstständig ins Adressbuch übernimmt, auf auslaufende Verträge oder verstreichende Kündigungsfristen hinweist und sogar ungefragt einen billigeren Stromanbieter vorschlägt. An so einem smarten Alltagsassistenten arbeitet das Münchner Startup Smarchive, das spätestens im Sommer mit einer öffentlichen Testphase loslegen will.

Für Privatleute ist diese Art der Digitalisierung praktisch, für große Konzerne wird sie zur Überlebensfrage. Sobald Wissen virtuell verfügbar ist, können externe Experten, Menschen im Heimbüro sowie deren Kollegen auf anderen Kontinenten darauf zugreifen. „Jüngere Mitarbeiter fordern diese Art zusammenzuarbeiten“, hat der Unternehmensberater Bernhard Zöller beobachtet, der Konzernen dabei hilft, ihre Büroorganisation zu verbessern. „Wer mit dem Internet aufgewachsen ist, hat kein Verständnis dafür, dass nicht alle Informationen digital verfügbar sind“, sagt er. Kollegen aber, die sich Jahrzehnte an Papier gewöhnt haben, tun sich mitunter schwer mit dem Wandel. „Manche drucken sogar E-Mails aus“, sagt Zöller. Sie an eine digitale Dokumentenverwaltung zu gewöhnen, grenze an eine Kulturrevolution.

Viele Menschen sagen, sie wollten nicht auf die Haptik von Papier verzichten, wenn sie lesen – vor allem bei Zeitungen, Magazinen und Büchern. Ich habe in den vergangenen Monaten zig Bücher auf dem Kindle gelesen. Gefehlt hat mir dabei nichts. Die elektronischen Ausgaben waren mir mitunter sogar lieber, weil sich die Schriftgröße der Texte bei schlechterem Licht anpassen lässt.

Das sehen nicht alle so positiv. Für so manchen scheint die neue Technik eher der Anfang vom Ende abendländischer Kulturgeschichte einzuläuten. „Vielleicht wird sich in 50 Jahren niemand mehr um gedruckte Bücher scheren“, sagt der amerikanische Starschriftsteller Jonathan Franzen nicht ohne Bedauern. Er glaubt, dass Leser digitale Texte weniger wertschätzen als solche auf Papier. Auf einem Bildschirm habe man immer den Eindruck, die Dinge ließen sich „löschen oder verändern“.

Ist das tatsächlich so? Nehmen wir Inhalte auf Tablet-Rechnern und E-Books anders wahr, als wenn sie gedruckt sind?

Texte vom Tablet lassen sich leichter verarbeiten

Dieser Frage sind vor einigen Monaten Gehirnforscher und Leseexperten der Johannes Gutenberg-Universität Mainz nachgegangen. Ihr Fazit: „Obwohl Probanden das Lesen von Papierseiten subjektiv als leichter empfinden, spricht unser Gehirn eine andere Sprache.“

Bei Tests stellten die Wissenschaftler fest, dass Menschen Texte, die sie auf dem Tablet gelesen haben, messbar leichter verarbeiten als Dinge, die sie auf Papier oder E-Readern konsumieren. Je älter die Probanden waren, desto größere Vorteile brachte ihnen das Lesen auf dem Tablet – vermutlich wegen der größeren Kontraste und der Hintergrundbeleuchtung, meinen die Forscher. Aus einer wissenschaftlichen Perspektive könne beim Lesen auf E-Readern auf jeden Fall nicht von „schlechterem Lesen“ die Rede sein, im Gegenteil.

Es gibt aber ein anderes Problem, unter dem eine wachsende Zahl der Tablet-Nutzer leidet: Wenn sie spät abends länger auf dem iPad lesen, können sie nicht einschlafen. Derlei iPad-Insomnia ist kein eingebildetes Phänomen. Forscher des Lighting Research Center des Rensselaer Polytechnic Institute im US-Bundesstaat New York haben herausgefunden, dass ein geringeres Level des Schlafhormons Melatonin aufweist, wer vor dem Schlafen mehr als zwei Stunden lang auf das Tablet blickt. Der Körper hält den hohen Blauanteil der iPad-Hintergrundbeleuchtung für Tageslicht und sendet den Befehl: Wach bleiben!

Solche Probleme im Bett verursachen E-Reader wie der Kindle nicht. Sie bilden Texte auf einem kaum beleuchteten E-Ink-Display ab, das ähnliche Eigenschaften hat wie eine gedruckte Seite im Buch.

Erleben wir ob all dieser technischen Möglichkeiten doch noch das Ende des Papiers, das jahrhundertelang Basis war für die Entstehung und Weitergabe von Wissen über Generationen und Epochen hinweg?

Schließlich machen sich manche Programme nicht einmal mehr die Mühe, auszusehen wie Papier. Geübte Kindle-Leser vermissen das Umblättern der Seiten nicht mehr. Und es gibt zunehmend Text-Multimedia-Hybride, die sich nie auf Papier drucken ließen: Bücher, mit interaktiven Grafiken, virtuelle Echtzeit-Nachrichtenströme oder Landkarten, die auch die umliegenden Häuserfronten des Zielorts zeigen.

Ob all dieser Neuerungen, die der digitale Wandel erst möglich macht, habe ich in meinem Experiment nicht den Eindruck gewonnen, dass digitale Inhalte an Wert verlieren, wie US-Autor Franzen fürchtet. Im Gegenteil. Die Inhalte emanzipieren sich vom Papier und werden leichter zugänglich – und für mich damit sogar wertvoller.

Für Zeitschriften, Zeitungen, Buchverlage bedeutet diese Papierwende deshalb auch nicht das Ende. Der Wandel bietet die große Chance, Informationen und Wissen auf vielfältigere Weise zu verbreiten.

Vor einigen Tagen fragte mich ein Kollege, wann ich meine Papierdiät beende. Da fiel mir auf, dass ich mir die Frage seit Wochen nicht mehr gestellt hatte. Zwar liegt nun hin und wieder Papier auf meinem Tisch – etwa, weil ich meinen allzu rückständigen Kollegen diesen Text gerade zum Gegenlesen ausdrucken musste.

Meine wichtigsten Unterlagen aber liegen nun im Netz. Ich lese auf iPad und Kindle, und mein privates Digitalisierungssystem funktioniert bestens. Wenn ich das wieder ändern würde, wäre das so, als tauschte ich mein superdünnes Macbook Air gegen eine Schreibmaschine.

Nur eins ist schade. Der schöne Montblanc-Kugelschreiber, ein Weihnachtsgeschenk, liegt seit Wochen fast unbenutzt auf meinem Schreibtisch. Aber neulich habe ich ihn wieder zur Hand genommen und meinem Patenonkel einen Brief geschrieben. Das habe ich nicht mehr getan, seit ich meine zukünftige Frau kennengelernt habe.

Wem ich heute auf Papier schreibe, der kann sich wirklich sicher sein, dass mir der Brief wichtig ist.

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