"Meeresatlas" Leben im und am Meer immer stärker unter Druck

Von Land aus ist es kaum vorstellbar: Der Ozean bedeckt 71 Prozent des Globus. Er dämpft die Klimaerwärmung. Ein Zustandsbericht zeigt viele Dinge, die im Argen liegen.

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Das Leben im Meer ist immer bedroht. Quelle: dpa

Meeresschildkröten: minus 96,5 Prozent. Rifffische: minus 89,4 Prozent. Haie: minus 87,6 Prozent. So stark haben sich die Populationen jeweils verringert, im Vergleich zu historischen Quellen. Im Meer war mal mehr Leben, berichtete der Sprecher des Exzellenzclusters „Ozean der Zukunft“, Martin Visbeck vom Geomar Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung in Kiel, am Mittwoch in Berlin. Die stark dezimierten Meeresbewohner sind nur ein Aspekt, von dem Kieler Meereswissenschaftler im ersten „Meeresatlas“ der Grünen-nahen Heinrich-Böll-Stiftung berichten. Die Bilanz: Die Weltmeere stehen unter wachsendem Druck, und die Probleme sind menschengemacht. Eine Auswahl:

Meeresspiegel

Er steigt und steigt - seit dem Jahr 1900 waren es im weltweiten Mittel 20 Zentimeter. Verursacht wird das einerseits durch schmelzendes Eis auf den Kontinenten, anderseits durch sich ausdehnendes Wasser im Zuge der Klimaerwärmung. Für die Zukunft wird ein weiterer Anstieg von etwa drei Millimetern im Jahr erwartet. Wie sich das regional auswirken wird, sei noch nicht abzusehen, berichten die Forscher. Visbeck warnt: „Man sollte sich nicht sicher wägen, dass schon nichts passieren wird.“ Klar ist aber: Reiche Staaten wie die Niederlande dürften eher vorsorgen können als arme wie Bangladesch.

Fischerei

Die Weltbevölkerung wächst weiter - mehr Nahrung aus dem Meer wird sie aber kaum holen können: Knapp ein Drittel der weltweiten Fischbestände gelten laut Atlas bereits als überfischt oder gar zusammengebrochen. 58 Prozent der Bestände seien maximal ausgenutzt. Auch illegale Fischerei wird als Riesenproblem gesehen. Fisch aus Fischfarmen ist für die Forscher keine Lösung, ihr Fazit lautet: Der Hunger nach billigem Fisch muss weniger werden.

Plastik

Fisch raus, Müll rein: Etwa acht Millionen Tonnen Plastik landen jährlich im Meer, zumeist aus Flüssen. Fast der gesamte Plastikmüll, ganze 99 Prozent, sinkt dem Bericht zufolge auf den Tiefseeboden ab, zerrieben zu Mini-Partikeln. Aus Mikroplastik bilde sich dort eine neue geologische Schicht, in der sich Schadstoffe anlagern können. Fische verwechseln die Stückchen mit Plankton, so landet der Müll wieder beim Menschen auf dem Teller. Nur ein Prozent des Plastiks ist an der Wasseroberfläche zu finden, etwa in Strudeln.

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