Entsalzung Wasser und Strom aus der Glaskugel

Kann die Solartechnologie die Wasserprobleme der Welt lösen? Eine Glaskugel zeigt, dass dies möglich ist - ob sie aber wirklich gebaut wird, ist noch offen.

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Der Pier ist das Wahrzeichen der amerikanischen Stadt Santa Monica, am Pazifikufer reiht sich eine Sehenswürdigkeit an die nächste. Demnächst könnte eine neue dazukommen: eine riesige gläserne Kugel, die am Ende des Stegs aus dem salzigen Meerwasser Trinkwasser und Strom produzieren soll.

Entworfen wurde die Kugel vom südkoreanischen Architekturbüro Heerim Architects & Planners, die damit an der „Land Art Generator Initiative“ teilnehmen. Der Wettbewerb will auf Ideen aufmerksam machen, die erneuerbare Energien in die Infrastruktur im öffentlichen Raum integrieren und auf innovative Art Strom erzeugen.

„The Clear Orb“, wie die Designer die Kugel getauft haben, soll aber nicht nur Strom, sondern insbesondere Trinkwasser produzieren. Für Santa Monica wäre das ein Segen: Die Stadt leidet, wie der Rest Kaliforniens, immer häufiger unter Dürreperioden. Bleibt der Regen aus, sackt auch das Grundwasser ab.

Die gläserne Kugel benötigt zur Trinkwasserproduktion allerdings keinen Regen – sie nutzt das in Hülle und Fülle vorhandene Meerwasser, das in einer flachen Wanne im unteren Drittel des „Orbs“ schwappt. Das Äußere der Kugel besteht aus lauter optischen Linsen, die die Wärme der Sonne konzentriert auf dieses Meerwasser lenken. Das Wasser erwärmt sich und verdunstet.

Das Trinkwasser fließt direkt ins Netz der Stadt

An der Innenhülle kondensiert der Dampf und tropft zur tiefsten Stelle der Kugel. Von dort fließt das jetzt salzfreie Wasser in einen Tank, von wo aus es schließlich ins Trinkwassernetz der Stadt eingespeist wird.

Aber der „Clear Orb“ kann noch mehr: Im oberen Bereich der Kugel sind Hochleistungssolarzellen angebracht. Hier wird das Sonnenlicht von den optischen Linsen konzentriert – dadurch erzeugen sie mehr Strom als bei einer Bestrahlung ohne Konzentrator.

Zusätzlichen Strom erzeugt ein Wellenkraftwerk, das sich an den Steg des Piers schmiegt. Es funktioniert nach dem Prinzip der oszillierenden Wassersäule, das das schottische Unternehmen Wavegen Anfang der 90er-Jahre erstmals realisierte.

9.500 Haushalte könnten den Strom nutzen

Bei Wellengang schießt Wasser in eine Betonkammer. Es verdrängt die Luft aus der Kammer, die durch einen Turbogenerator ins Freie strömt. Zieht das Wasser sich zurück, strömt wieder Luft in die Kammer, die ebenfalls den Generator antreibt. Die Drehrichtung ändert sich nicht, weil die Turbinenschaufeln eine spezielle Form haben, die der nordirische Ingenieur Alan Wells in den 1980er Jahren entwickelte.

Im Salzwasser steckt Energie. Mischt es sich mit Süßwasser, bewegen sich Salz-Ionen. Eine Membran kann so einige hundert Watt Leistung bringen.
von Hendrik Bensch

Pro Jahr soll die gläserne Kugel 2,2 Millionen Liter Trinkwasser und 3.800 Megawattstunden Energie produzieren – das ist der Stromverbrauch von 9.500 deutschen Durchschnittshaushalten. Das Trinkwasser reicht zwar für gerade mal 50 Menschen; doch darauf kommt es in erster Linie auch gar nicht an – denn es geht eher um den künstlerischen Gesamteindruck und darum, zu zeigen, dass man auch mit kunstvollen Objekten das Klima schützen kann.

Weitere Beiträge aus der „Land Art Generator Initiative“ stellen wir in der kommenden Woche vor.

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