Nach Tankerkatastrophen Farn kann Erdöl wieder einsammeln

Schwimmfarne eignen sich hervorragend zum Aufsaugen von Öl. Das haben Forscher aus Karlsruhe herausgefunden und trauen den Pflanzen nun Großes zu.

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Die Wasserpflanze Salvinia kann dank feiner Haare auf der Blattoberfläche Mineralöl von Wasserflächen aufnehmen und binden. (Foto: C.Zeiger/KIT)

Salvinia ist eine echte Plage. Der Schwimmfarn bedeckt in kurzer Zeit riesige Wasserflächen und verhindert den Eintrag von Sauerstoff. Die Folge: Fische sterben, Schwimmen und Boot fahren werden unmöglich. Abernten nutzt auch nicht viel, denn Salvinia wächst ruckzuck wieder nach.

Forscher am Karlsruher Institut für Technologie (KIT) haben jetzt aber auch eine gute Seite an Salvinia entdeckt: Der Farn eignet sich hervorragend zum Aufsaugen von Öl, das ins Wasser gelangt ist – innerhalb von 30 Sekunden.

„Dass die Blätter dieser Pflanzen wasserabstoßend sind, war bereits bekannt; wir haben erstmals ihre Eigenschaft, Öl zu absorbieren, untersucht“, sagt Claudia Zeiger, die die Studie am Institut für Mikrostrukturtechnik des KIT durchgeführt hat.

„Ausschlaggebend für die Öl-Aufnahmefähigkeit ist die Form der Haarenden“, so Zeiger. Der Schwimmfarn besteht aus mehreren Blättern, die dicht unter der Wasseroberfläche treiben. Dass sie nicht auf den Grund sinken, ist so genannten Trichomen zu verdanken, 0,3 bis 2,5 Millimeter lange Ausläufer auf der Blattoberfläche, deren Enden an die Form eines Schneebesens erinnern.

Einsatz bei Ölunfällen möglich

Die sorgen für gerade so viel Auftrieb, dass die Blätter im Wasser schweben. Die winzigen Schneebesen haben aber eine weitere Fähigkeit: Kommen sie mit Öl in Berührung, saugen sie es begierig auf. Das meiste Öl absorbieren die Blätter der Schwimmfarn-Art Salvinia molesta.

Nachdem die Pflanzen sich vollgesogen haben, könnten sie herausgefischt und zentrifugiert werden, um das Öl zurückzugewinnen. „Die Pflanzen könnten zum Beispiel in Seen eingesetzt werden, um dort unbeabsichtigt eingetretenes Öl zu absorbieren“, so Claudia Zeiger vom KIT-Institut für Mikrostrukturtechnik.

Innerhalb von 20 Sekunden hat der Farn das Öl absorbiert. (Foto: KIT)

„Wir untersuchen in der Natur vorkommende Nano- und Mikrostrukturen, um sie für technische Entwicklungen zu übernehmen“, sagt Privatdozent Hendrik Hölscher, Leiter der Arbeitsgruppe Biomimetische Oberflächen am gleichen Institut. Bei gleichem Material seien es häufig Unterschiede innerhalb dieser feinsten Strukturen, die Pflanzen mit bestimmten Eigenschaften ausstatten.

Das Wissen um die Form der Schneebesenhärchen wollen die KIT-Wissenschaftler jetzt nutzen, um Nanofur weiterzuentwickeln. Dieser feine Pelz aus Kunststoff, dessen Härchengröße im Nanometerbereich liegt (ein Nanometer ist ein Millionstel Millimeter), hat die gleichen Eigenschaften wie die Trichome des Schwimmfarns. Er zieht Öl an und stößt Wasser ab, wirkt also wie ein technischer Ölabscheider.

Das Video der Wissenschaftler zeigt, wie die Salvinia das Öl absorbiert:

Wenn Öl nach Tankerhavarien, Unfällen auf Bohr- und Produktionsplattformen oder bei Lecks in Pipelines ins Wasser gelangt, sind die Gegenmaßnahmen des Menschen beschränkt. Man kann es zu Lasten der Natur abfackeln, wenigstens teilweise, oder es mit Sägemehl, Pflanzenfasern oder anderen saugenden Mitteln binden. Doch diese saugen sowohl Öl als auch Wasser auf, was die Effektivität nicht unbedingt erhöht. Auch chemische Mittel, die das Öl zersetzen, sind geeignet. Allerdings belasten auch sie die Umwelt.

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von Angela Schmid

Forscher am Karlsruher Institut für Technologie arbeiten derzeit an einer Folie, die das Öl aufsammeln könnte - das Problem ist, dass sie diese noch nicht in der notwendigen Größe herstellen können. Ein US-Tüftler experimentiert derzeit mit magnetischen Stäben, um Öl aufzusammeln. Auch diese Idee gilt als vielversprechend.

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