Schifffahrt Brennstoffzellen für grüneren Antrieb

Viele Schiffe fahren immer noch mit Diesel- oder Schwerölantrieb – das schadet der Umwelt. Neue Forschungen zeigen allerdings: Klimafreundliches Fahren rückt näher.

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Auch für Containerschiffe sind Brennstoffzellen auf lange Sicht eine Möglichkeit zur Energiegewinnung. Quelle: dpa

Brennstoffzellen sind eine saubere Sache. Sie nutzen Wasserstoff, um Strom zu erzeugen, der dann einen Elektromotor antreibt. Bei Autos wird das bereits umgesetzt, bei Schiffen dagegen sind Brennstoffzellen ein Novum.

Möglich ist die umweltfreundliche Alternative auf hoher See aber allemal – das zeigen die jüngsten Forschungsergebnisse eines Projekts unter der Federführung der Papenburger Meyer Werft und der ThyssenKrupp Marine Systems.

Ziel des 50 Millionen Euro teuren Projekts e4ships ist es, die Schifffahrt grüner zu machen – etwa durch den Einsatz von Brennstoffzellen. Organisiert wird es von der Hamburger Gesellschaft für Brennstoffzellentechnologie hySolutions, gefördert von der Bundesregierung. Namhafte deutsche Werften, Reedereien sowie Forschungseinrichtungen wie das Deutsche Luft- und Raumfahrtzentrum sind daran beteiligt.

Die Meyer Werft testet die Anwendung der Brennstoffzellen bereits auf der MS Mariella. (Foto: Meyer Werft)

Der Einsatz von klimaschonenden Brennstoffzellen hat sich tatsächlich als realistisch für die Schifffahrt erwiesen – wenn auch vorerst nur zum Betrieb elektrischer Systeme an Bord. Das allerdings würde sich vor allem in Häfen positiv auswirken: Es wäre kein Diesel mehr nötig, um Klimaanlage und Licht an Bord in Betrieb zu halten. Und somit würden auch keine Schadstoffe mehr in die Luft gepustet.

Kleine Revolution in der konservativen Branche

In der traditionell konservativen Branche, in der Veränderungen eher skeptisch beäugt werden, ist das eine kleine Revolution. Immer strengere Vorschriften zum Umweltschutz zwingen die Schifffahrt jedoch unwiderruflich zur Veränderung. Noch sind die großen Pötte weltweiten mit Schweröl unterwegs, das Kohlendioxid, Ruß und Schadstoffe in die Luft pustet. In immer mehr Regionen werden die Dreckschleudern aber verboten.

Seit 2010 dürfen in den „Sulphur Emission Controlled Areas“ (SECAs) nur noch Treibstoffe mit einem Schwefelgehalt von höchsten einem Prozent verbrannt werden. Außerhalb der SECAs gilt seit 2012 ein Grenzwert von 3,5 Prozent Schwefelanteil (35.000 ppm) im Brennstoff.

Seit dem 1. Januar dieses Jahres liegt die Grenze in der Nord- und Ostsee sowie in den 200-Seemeilen-Zonen der USA und Kanadas bei 0,1 Prozent Schwefelanteil. Für die 200-Seemeilen-Zonen der EU wird im Jahr 2020 ein Grenzwert von 0,5  Prozent eingeführt.

Abwärme für Klimaanlagen nutzbar

Marktreif ist die Brennstoffzelle für Schiffe noch nicht. Zurzeit testet die Meyer Werft die alternative Stromgewinnung auf der finnische Fähre MS Mariella, auf der das 90-Kilowatt-System den Energieverbrauch reduzieren soll.

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Geplant sind aber Hochtemperaturbrennstoffzellen mit einer Leistung von bis zu einem Megawatt, um Kreuzfahrt- und Containerschiffe sowie Megayachten an Bord mit Strom zu versorgen. Die anfallende Abwärme kann dabei zum Kühlen in Klimaanlagen genutzt werden.

Auf der nächsten Seite: Brennstoffzellen sollen die Schiffe sicherer machen

„Grundlage des Brennstoffzellensystems sind standardisierte Einheiten, die modular aufgebaut sind und durch Zusammenschalten zu beliebigen Leistungsgrößen skaliert werden können“, erklärt Werft-Chef Bernard Meyer. „Die so entstehenden Energiemodule sollen zukünftig die Grundlage eines dezentralen Netzes an Bord bilden.“

Für den Antrieb der Schiffe ist die Leistung bisher aber nicht nur viel zu gering, sondern auch viel zu teuer. Im Vergleich zum herkömmlichen Schweröl ist eine Brennstoffzelle etwa 100 Mal so teuer.

Einsatz auf Passagierschiffen in zehn Jahren möglich

Gerd Untiet, Entwicklungsleiter der Meyer-Werft, ist jedoch überzeugt, dass sich die Brennstoffzelle in Zukunft neben LNG (verflüssigtem Erdgas), Methanol und Ethanol als Schiffsantrieb durchsetzen wird. Auf Binnen- und Passagierschiffen kann er sich den Einsatz in zehn Jahren vorstellen, da der Umweltfaktor für die Reedereien an Bedeutung gewinne und höhere Kosten eher in Kauf genommen würden.

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Auch auf Yachten und Fährschiffen sei ein Einsatz denkbar, denn die Brennstoffzellen arbeiten leise und vibrationsarm. Damit bieten sie zusätzlich mehr Komfort als der Diesel- oder Schwerölantrieb. 

Für Containerschiffe, die um die ganze Welt fahren, ist der umweltfreundliche Antrieb allerdings noch Zukunftsmusik. Langfristig sei es dennoch eine Perspektive, sagt Ralf Sören Marquardt, Geschäftsführer des Verbandes für Schiffbau und Meerestechnik e.V. (VSM).

Gesetzliche Anforderungen müssen steigen

Das Kraftwerk im Miniformat ist nicht nur ein sauberer Antrieb. Da die Brennstoffzellen auch leiser arbeiten als konventionelle Systeme, können sie an verschiedenen Stellen im ganzen Schiff betrieben werden. Im Fall einer Havarie besteht dann nicht mehr die Gefahr, dass der Maschinenraum und damit die gesamte Energiezufuhr zerstört wird – und das wiederum bedeutet ein Mehr an Sicherheit.

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Für den Einsatz von Brennstoffzellen müssten aber nicht nur die Kosten für die Brennstoffzelle sinken; auch die gesetzlichen Anforderungen müssen aus Sicht von Marquardt hochgeschraubt werden, damit die Brennstoffzelle an Attraktivität gewinnt.

„Die Wasserstoff- und Brennstoffzellentechnologie entwickelt sich zu einer echten Alternative für die spezifischen Bedürfnisse der Schifffahrt“, sagt Dr. Klaus Bonhoff, Geschäftsführer der Nationalen Organisation Wasserstoff- und Brennstoffzellentechnologie (NOW). „Damit gibt sie eine technologisch innovative Antwort auf Klimaschutz- und Emissionsfragen.“

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