Innovationen Katars Wüste soll Millionen Menschen ernähren

Das arabische Emirat will Gemüse, Getreide und Algen in der Wüste züchten. Dabei setzen die Experten voll auf Sonnenenergie und Wasser aus dem Meer. Es ist das weltweit größte Projekt dieser Art.

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Quelle: Sahara Forest Project

Wahrscheinlich hat Fahad Al-Attiya recht, wenn er sagt, dass sein Vorhaben vergleichbar sei mit der Idee, auf dem Mars Ackerbau zu betreiben.

Von seinem Büro in Doha, auf halber Höhe eines Glasturms, blickt er in die braune Wüste. Kleine Gesteinsbrocken liegen dort bis zum Horizont. Würden Besucher barfuß durch die Einöde laufen, sie würden sich die Füße versengen. Aber das schreckt Al-Attiya nicht. Der Chef des Qatar National Food Security Programme, der staatlichen Stelle für die Zukunft der Landwirtschaft in Katar, will in dem heißen Sand rund um Doha massenhaft Gemüse, Getreide und Obst anbauen.

Fünf Mal mal mehr Lebensmittel will das Emirat in zehn Jahren herstellen als heute – ohne viel mehr Grundwasser, Gas und Öl zu verbrauchen. Und für 2030 plant Al-Attiya noch Größeres: Dann sollen die Felder in der Wüste drei Millionen Einwohner ernähren – nur Nahrungsmittel, die sich nicht wirtschaftlich anbauen lassen, soll das Emirat dann noch importieren.

Auf dem Laptop von Al-Attiya ist das Projekt grüne Wüste jetzt schon fertig: Auf einer Fläche, die fast drei Mal so groß ist wie das Saarland, sind Gewächshäuser und Felder zu sehen. Im Süden der Halbinsel, fast an der Grenze zu Saudi-Arabien, wo die Sonne am längsten auf den Sand brennt, steht ein riesiges Solarthermiekraftwerk und liefert den Strom für Meerwasserentsalzungsanlagen an der Küste.

Das dabei gewonnene Wasser pumpt die Anlage direkt in die natürlichen Grundwasserspeicher der Region, die nach Jahren der exzessiven Nutzung fast leer sind.

Wie Landwirtschaft in der Stadt betrieben wird
Gestapelte GewächshäuserNahrungsmittel wie Kartoffeln oder Gurken könnten bald in städtischen Hochhäusern wachsen. Das würde Einsparungen an Kosten und Ressourcen wie Benzin und Strom bedeuten, die für den Transport von Lebensmitteln von den Feldern zum Konsumenten verbraucht werden. Illustration: Javier Martinez Zarracina
Selbst anbauen auf Dachfarmen
Fruchtbarer Ackerboden
Fischen in der Stadt
Hydroponische Gewächshäuser

Derzeit gibt es weltweit wohl kein ambitionierteres staatliches Projekt, um der Wüste Nahrung abzutrotzen. Schon in den nächsten Monaten will Al-Attiya festlegen, welche Pflanzensorten und wie viele Millionen Tonnen Ernte genau er an- strebt, wie viele Kubikmeter Wasser er dafür braucht und wie viel Megawattstunden die Solaranlage liefern muss. Jetzt schon ist klar: Sein Vorhaben ist eines mit vielen Superlativen. So wie vieles in der Region am Golf.

Wie Landwirtschaft in der Wüste in Zukunft aussehen kann, lässt sich in Katar aber in einem ersten Pilotprojekt heute schon besichtigen. Rund eine Stunde fährt man aus Doha heraus, über Autobahnen und sandverwehte Zubringerstraßen, bis schließlich eine Reihe von Solarspiegeln in der Sonne aufblitzen.

Hier, in direkter Nachbarschaft zu zwei Düngemittelfabriken, arbeitet seit Dezember mehr als ein Dutzend Techniker und Wissenschaftler unter dem Namen „Sahara Forest Project“ in der Geröllwüste. Auf den ersten Blick scheint das, was sie hier tun, wenig spektakulär.

Die zweite Gurkenernte haben sie in ihren drei Gewächshäusern gerade gefeiert. Das Wasser für den Gemüseanbau stammt aus sonnenbetriebenen Entsalzungsanlagen neben den Gewächshäusern und wird vom Meer in Pipelines herbeigeschafft.

Für stärkeres Wachstum in den Gewächshäusern sorgt Kohlendioxid aus den Düngemittelfabriken. Hinter den Gewächshäusern wiederum entsteht in drei großen Betonwannen eine der ersten Algenfarmen im arabischen Raum. Die sollen noch dieses Jahr Öl für die Treibstoffproduktion liefern.

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