Umstrittenes CO2-Gesetz Wie der Klimakiller doch noch genutzt werden kann

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Treibstoff aus CO2

Ein Mann betankt sein Auto Quelle: dpa

Ein Geniestreich wäre es, Treibstoff aus CO2 herzustellen. Ressourcen- und Klimaprobleme wären zugleich gelöst. Forscher interessieren sich vor allem für Methanol, das wie Ethanol - das etwa dem E10-Benzin beigemischt wird - ein Alkohol ist.

Doch während bei der Produktion von Ethanol massenhaft Kohlendioxid entweicht, passiert bei der Methanolherstellung das Gegenteil: CO2 wird gebunden, etliche Gigatonnen des Treibhausgases verschwinden aus der Erdatmosphäre. Mit Methanol können Autos fahren, Flugzeuge fliegen und Chemikalien erzeugt werden. Zwar ist Methanol giftig - ein Vorwurf der Kritiker. "Aber auch Benzin verursacht Vergiftungen, wenn es verschluckt wird", verteidigt Nobelpreisträger Olah den Stoff.

Im japanischen Osaka ist der Grundstein für eine Methanolwirtschaft bereits gelegt. Der Chemiekonzern Mitsui Chemicals erzeugt dort in einer Fabrik seit 2009 jedes Jahr 100 Tonnen Methanol. Die Herstellung sei allerdings noch energieaufwendiger als die traditionelle Erzeugung aus Erdöl, räumt das Unternehmen ein.

In diesem Punkt ist das isländische Unternehmen Carbon Recycling International schon weiter. Das Unternehmen liegt im Südwesten der Insel, zwischen Vulkanen und grünen Wiesen. In dieser ländlichen Idylle ist Erdwärme im Überschuss verfügbar. Kochend heißes Wasser schießt allerorten aus der Erde.

Und so nahm im November 2011 eine 15 Millionen Euro teure Fabrik ihren Betrieb auf, die knapp 4000 Tonnen Methanol pro Jahr liefert. Gefüttert wird sie mit Tausenden Kubikmetern Kohlendioxid aus einem benachbarten Kraftwerk. Das Produkt landet später in europaweit verkauftem Sprit, dem bis zu drei Prozent Methanol beigemischt werden darf. Ab 2013 will der isländische Betrieb seine Produktion auf 50 Megatonnen Methanol aufstocken.

Fotosynthese im Labor

Eine CO2 -Industrie, die sich zudem auf erneuerbare Energien stützt, würde dem Klima noch mehr nützen und fossile Energieträger weiter schonen. Vorbild dieser Vision ist die Natur: Pflanzen wandeln Kohlendioxid mithilfe von Sonnenlicht in Biomasse - sprich Biochemikalien wie Kohlenwasserstoffe, Fette und Eiweiße - um.

Diese sogenannte Fotosynthese ins Labor zu holen ist ein alter Traum von Chemikern. Hunderte Forschergruppen weltweit arbeiten daran, ihn Realität werden zu lassen. BASF und EnBW beispielsweise versuchen, Kohlendioxid mit Sonnenlicht in Kraftstoff zu verwandeln.

Das Bremer Startup Sunfire hat dasselbe Ziel vor Augen: Per Elektrolyse spalten sie Wasser in Sauerstoff und Wasserstoff auf. Der reagiert mit CO2 in mehreren Syntheseschritten zu Benzin, Diesel und Kerosin. Solar- und Windkraftanlagen liefern saubere Energie für den Prozess. Das Züricher Unternehmen Climeworks hat für das Sunfire-Verfahren einen Filter entwickelt, der das benötigte CO2 aus der normalen Atemluft fischt. Das Duo aus Bremen und der Schweiz kalkuliert mit Erzeugungskosten von zunächst 1,20 bis 1,50 Euro je Liter. Nächstes Jahr nimmt es eine erste Testanlage in Betrieb.

Und es gibt weitere Ideen zur künftigen Treibstoffversorgung.
Vergangenes Jahr präsentierte das kalifornische Startup Sun Catalytix ein künstliches Blatt - daumennagelgroß und schwarz, nicht grün wie das natürliche Vorbild. Aber an seiner Oberfläche sprudeln Sauerstoff und Wasserstoff empor, die aus Kohlendioxid, Wasser und Licht entstehen. Damit könnten - so hoffen die Erfinder - eines Tages Brennstoffzellen-Autos angetrieben werden.

Die Marktreife des Sonnensprits wäre ein sensationeller Durchbruch, sagt EU-Forscherin Quadrelli. Es wäre gleichgültig, wenn dann noch Kohlendioxid aus dem einen oder anderen Auspuff oder Fabrikschlot weht, weil andernorts das Kohlendioxid wieder von künstlichen Bäumen und Blättern abgefangen würde.

Es wäre der Kohlenstoffkreislauf, von dem die Forscher seit Jahren träumen.

Teile dieses Textes sind am 21. Mai 2012 in der WirtschaftsWoche erschienen

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