Sie sind ein Hingucker in Hamburg, Brüssel, Boston – und seit Kurzem auch in Düsseldorf. Kniehohe Lieferroboter des Londoner Start-ups Starship. Die neuen Logistikhelfer sind die jüngste Erfindung der Mitgründer des Videotelefondienstes Skype, Ahti Heinla und Janus Friis, und sollen warmes Essen, Pakete, volle Einkaufstüten und saubere Hemden aus der Reinigung zu den Empfängern bringen. Den Deckel der Lieferroboter öffnen Kunden per Smartphone-App, die Hersteller versprechen, auf fünf Minuten genau zu liefern.
Wenn die schwarz-weißen Gefährte auf ihren sechs Rädern etwa in Hamburgs Hafencity im Schritttempo Bürgersteige erklimmen, bleiben Passanten stehen, und Kinder rufen: „Ach, ist der süß!“ Dort stellt der Kurierdienst Hermes, Tochter des Versandhändlers Otto, testweise Pakete damit zu. Und in Düsseldorf experimentiert der Elektronikhändler Media Markt damit.
Roboter statt stinkender Dieseltransporter: Ist das die Zukunft der Paketlieferung?
Die Zukunft der Ökozusteller
Das Herzstück sind kleine, gemeinsame Depots am Stadtrand und in Wohnvierteln. Hier sortieren die Kurierdienste die Pakete vor...
...und befördern zum Beispiel Eilsendungen per Drohne zum Empfänger.
Das Gros der Fracht wird mit Elektrotransportern an die Haustür gebracht.
Forscher arbeiten auch an autonomen mobilen Paketstationen, die ihr Kommen etwa per SMS ankündigen.
Privatfahrer oder Taxis könnten gegen eine Gebühr Fuhren mitnehmen, die auf ihrem Weg liegen. DHL testet das in Stockholm. Die Aufträge gehen, koordiniert über ein Onlineportal, per Mitfahr-App raus.
Fahrende Roboter rollen auf vier oder sechs Rädern über den Bürgersteig und finden per Kameras und Sensoren ihr Ziel. Sie bringen außer Paketen und Einkaufstüten auch warme Mahlzeiten; Passanten weichen sie aus.
Ob in Hamburg, Stuttgart oder Berlin – immer öfter gehören Lastenfahrräder zum Stadtbild. Der Zusteller sitzt geschützt in einer Kabine und kann auch elektrisch fahren, statt selbst zu strampeln.
Hermes-Chef Frank Rausch ist davon überzeugt. „Das kann die Zustellung gerade im städtischen Raum revolutionieren“, sagt der CEO. Und Erfinder Heinla verspricht, dass seine Starships Waren nicht nur emissionsfrei, sondern auch noch zu einem Zehntel der heutigen Kosten liefern könnten. „Unser Roboter wird alles verändern.“
Die Branche der Zusteller scheint die Euphorie zu teilen: Alle großen Express- und Paketdienste erproben derzeit in Städten intensiv neue Technologien und Lieferkonzepte, mit denen die Waren zu den Kunden gelangen, ohne Straßen zu verstopfen und die Atemluft zu verpesten: Neben Robotern sind Drohnen, Lastenräder, Elektroautos und selbstfahrende Paketstationen (siehe Grafik) unterwegs. Denn ohne den Umstieg auf einen sauberen Transport manövrieren sich die Unternehmen womöglich bald schon in die Sackgasse – es drohen Fahrverbote für Dieseltransporter in den Städten.
Grund dafür ist der Boom beim Onlineshopping. Kunden weltweit kaufen immer häufiger im Internet ein, die Zahl der jährlich versendeten Pakete soll sich alleine in Deutschland in den nächsten zehn Jahren von 2,5 auf 5,0 Milliarden verdoppeln. In Indien verdreifacht sie sich sogar jedes Jahr laut einer jüngsten Studie der Beratungsgesellschaft McKinsey.
Wird die Paketflut vor allem mit Dieseltransportern bewältigt, verschlechtert das die Luftqualität in den Städten weiter. Jede Tour hinterlässt fast 30 Kilogramm CO2 und mehr als 24 Gramm Stickoxide, hat der Experte für nachhaltige Stadtlogistik Ralf Bogdanski ausgerechnet (siehe Grafik). Hinzu kommt gefährlicher Feinstaub.
Logistik: Diese Anbieter dominieren das Paketgeschäft
Der Paketdienst GLS ist der fünftstärkste Anbieter in Deutschland. Sein Marktanteil liegt bei acht Prozent.
Quelle: MRU; Zahlen für 2014
Der vierte Platz geht an Hermes (13 Prozent).
Mit einem Marktanteil von 17 Prozent landet UPS auf Platz drei im Ranking.
Auf Rang zwei liegt DPD mit 18 Prozent Marktanteil.
Marktführer ist die Deutsche Post-Tochter DHL mit einem Anteil von 44 Prozent.
Die Schadstoffe heizen nicht nur die Erde auf. Sie gefährden auch die Gesundheit. Feinstaub etwa erhöht die Risiken eines Schlaganfalls, von Herzerkrankungen, Lungenkrebs und Atemwegserkrankungen. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) schätzt die Zahl der Todesfälle auf weltweit drei Millionen jährlich. Die Deutsche Umwelthilfe hat die WHO-Studien auf Deutschland umgerechnet und kommt auf jährlich rund 47.000 zusätzliche Tote.
In vielen Großstädten, in denen die von der EU vorgeschriebenen Schadstoffgrenzwerte nicht eingehalten werden, diskutiert manch einer inzwischen Fahrverbote für Dieselautos. In München und Düsseldorf etwa könnten Verwaltungsgerichte demnächst das Aus für den Diesel beschließen. „Nichts fürchtet die Branche mehr“, sagt Fachmann Bogdanski.