Anzeige: Für sämtliche Inhalte dieser Seite ist die Telekom Deutschland GmbH verantwortlich.
Transformation Digital bis ins Jenseits
Zahlen und Daten lassen sich leicht digitalisieren. Aber was ist mit Branchen, die es seit Jahrhunderten, gar Jahrtausenden gibt? Ein Blick in analoge Unternehmen – und auf ihre inzwischen digitalen Seiten.
Das Programm des Kongresses klingt prototypisch für einen, der sich um Digitalisierung dreht. „Stationär, online, mobil – ob und unter welchen Voraussetzungen die Gleichung Multi-Channel = Multi-Chancen aufgeht“, heißt es da. Oder: „Der Kunde der Zukunft: auf Schatzsuche online- und offline. Amazonisierung und Entwicklung von Innenstädten“. Die Herausforderungen für bestehende Branchen durch die Digitalisierung sind da. Auch da, wo man sie nicht vermutet. Zum Beispiel in einer der ältesten Branchen der Welt, der Schmuckherstellung. Seit 100.000 Jahren schmückt sich der Mensch – zunächst mit Muscheln, bis die Goldschmiedekunst 5000 vor Christus begann, aus Metall zierende Objekte zu gestalten.
Die größten Digitalisierungshemmnisse in Deutschland
Digital, aber (zu) teuer? Nicht jedes Unternehmen kann seine Digitalisierungsprojekte so umsetzen wie gewünscht. Mangelnde geeignete Finanzierungsmöglichkeiten bremsen bei 7 von 100 Unternehmern die Digitalisierung. Im Jahr 2017 lag die Quote bei 5,4 Prozent.
Welche Technologie lohnt sich, welche ist eher ein Luxus? Die Unsicherheit über zukünftige Technologien und deren Standards bremst 26,8 der Befragten in ihrer Digitalisierung.
Exakt 30 von 100 Firmen sehen für sich ein Digitalisierungshemmnis in der mangelnden Qualität ihrer Internetverbindung. Im Befragungsjahr 2017 lag diese Quote noch bei 27,6 Prozent.
Digitalisierung bedeutet in der Regel auch, vorhandene Datenbestände und neue Datenquellen miteinander zu verbinden. Nur so werden Synergien deutlich. Mit 35,2 Prozent der Nennungen landen die Schwierigkeiten bei der Umstellung bestehender IT-Systeme knapp auf Platz 4 der Faktoren, die die digitale Transformation von Unternehmen bremsen.
Nicht allein die Technik bereitet gelegentlich Sorgen: Die Anpassung der Unternehmens- und Arbeitsorganisation, sprich die Unternehmenskultur, hin zu neuen Möglichkeiten beschreiben mehr als ein Drittel der Befragten (35,5 Prozent) als Digitalisierungshemmnis.
Der Fachkräftemangel ist ein großes Thema unter den Unternehmen, die ihren digitalen Wandel aktiv gestalten. Fehlende IT-Kompetenzen oder Bewerber für ausgeschriebene Stellen in der IT bereiten 38,3 Prozent der Firmen Probleme.
45,7 Prozent der befragten Unternehmen sehen in den Anforderungen an die Datensicherheit bzw. an den Datenschutz die größte Bremse für die eigene Digitalisierung. Zwei Jahre zuvor sahen das nicht einmal drei von zehn Unternehmen (28,3 Prozent) so.
Digitalisierung einfach machen? Die Zahl der Unternehmen, die keine Einschränkungen bei ihren Digitalisierungsprojekten feststellen, schrumpft: Sah im Jahr 2017 noch fast jedes fünfte Unternehmen (21 Prozent) keine Hindernisse, digitalisieren sich 2019 nur noch 12,6 Prozent der befragten Firmen ganz ohne Hemmnisse.
Die Ergebnisse der Übersicht basieren auf einer Unternehmensbefragung der KfW-Bankengruppe. Die Befragung wurde zum 18. Mal unter Unternehmen aller Größenklassen, Wirtschaftszweige, Rechtsformen und Regionen durchgeführt. An der Erhebung nahmen knapp 1.300 Unternehmen aus 17 Spitzen-, Fach- und Regionalverbänden der Wirtschaft teil. Sie erfolgte im Zeitraum zwischen Mitte Dezember 2018 und Mitte März 2019.
Knapp 7.000 Jahre später heißt es aber Anfang Oktober beim Juwelierkongress in Pforzheim: „Die Zukunft ist (auch) digital. Wie die Branche mit Augmented Reality und kreativen Websites Luxus auf allen Kanälen verbreiten kann.“ Der digitalen Transformation entzieht sich kein Gewerbe – und sei es noch so alt: SEO, Datenmanagement und Zimmerverwaltung per App wie die Bordellbetreiber-Software des Start-ups Cronosignum. Bäcker, Elektriker oder Koch – es ist quasi unmöglich, eine Branche zu finden, in der die Digitalisierung ignoriert werden kann.
Das gilt auch für das Ende des Lebens. Die Zahlen sind beeindruckend: 87 Prozent mehr Besucher als im Vormonat August 2019 zählte die Website bestatter.de. Dazu kommen 177 Prozent mehr Suchen via Smartphone und fünfmal mehr Anfragen über das Kontaktformular. Der Relaunch der Website hat Erfolg. Ohne ihn hätte der Bund der Bestatter, der dahinter steht, Google-AdWords-Anzeigen im Wert von 33.144 Euro schalten müssen, um auf dieselben Besucherzahlen zu kommen.
Elke Herrnberger, Sprecherin des Bundesverbands Deutscher Bestatter, freut sich über den gelungenen neuen Auftritt im Netz, der den örtlichen Mitgliedsbetrieben eine Plattform bietet. Denn wie zu allen Themen suchen heute viele Menschen zuerst Informationen im Netz, da macht der Tod keine Ausnahme. Viele Bestatter haben zwar eine Website, aber die Macht eines Portals nutzen sie nicht. Reine Vermittlungsportale sind da deutlich moderner und zeitgemäß aufgestellt.
Raus aus der Komfortzone
Heutzutage gibt es für die Bestatter zudem mehr zu tun. Denn die Verstorbenen hinterlassen oft nicht nur Haus und Hof, sondern auch eine digitale Spur. Mitgliedschaften in sozialen Netzwerken, Partnerbörsen, Verträge bei Lotterien oder Spieleanbietern: Wer alles kündigen und beenden möchte, hat als Angehöriger viel zu tun. Eine Software hilft den Profis, den digitalen Nachlass zu regeln. Den Bestattern bleibt wiederum neben der Abwicklung aller Formalitäten, sich um die Hinterbliebenen zu kümmern. Das sei wichtig, ist Herrnberger überzeugt, „die menschliche Zuwendung und Ansprache ist in so einer schwierigen Situation für viele Menschen enorm wichtig“. Vor Amazon fürchtet sich deswegen die Branche nicht so sehr, denn trotz aller Datenarbeit: Das Ende des Menschen bleibt greifbar.
Die Schmuckbranche kann sich derzeit ebenfalls noch vor allem an Vorzügen eines besseren Warenwirtschaftssystems, den Möglichkeiten für optimierten Vertrieb und neuen Formen der Präsentation von Schmuck mit Virtual Reality erfreuen. Die Produktion insbesondere hochwertiger Preziosen ist ein Handwerk, das sich bis auf Weiteres kaum wirtschaftlich durch Maschinen darstellen lässt. Auch beim Kochen scheint vielen Gästen die Hingabe des Kochs wichtiger zu sein als die Präzision der Schnitte – denn welche Maschine besitzt schon Geschmack? Dennoch hat die Digitalisierung auch dieses klassische Geschäftsmodell erreicht und bisweilen seltsame Blüten getrieben. Sogenannte „Ghost-Restaurants“ machten vor ein paar Jahren Furore. Ihr Webauftritt glich vollständig dem von stationären Restaurants – mit toller Food-Fotografie, Logo und Speisekarte. Natürlich alles online zu bestellen, denn außer einer Küche gab es nichts, was man für ein Restaurant benötigt. Weder Gastraum noch Servicemitarbeiter.
Und wie ließe sich etwas sinnliches wie Wein wohl digitalisieren? Emotionen, Geschichten rund um die Winzer und jahrhundertealte Traditionen bestimmen die längst industrialisierte Branche, die vor allem in den großen Betrieben den Nutzen von Drohnen, Sensoren und Big Data erkannt hat.
Raus aus der Komfortzone
Waren früher der Vegetationsverlauf und Wetterschwankungen etwas, dessen Entwicklungen Winzer sich von ihren Altvorderen berichten lassen mussten oder vielleicht in den Aufzeichnungen nachschlagen konnten, beginnen die ersten Weingüter heute, Daten über Temperatur oder Feuchtigkeit von Sensoren zu ermitteln und von Software auswerten zu lassen. Drohnen wachen über Weinberge. Unternehmen wie Agromapping zeichnen unter anderem Heatmaps, mit denen Winzer sehr genau wissen, welche Rebenreihe welchen Temperaturverlauf hatte. Das sogenannte „Precision-Farming“, bei dem Technik Daten für Anbauflächen ermittelt, hat auch im Weinbau Einzug gehalten. Kombiniert mit Luftauswertungen bilden pH-Werte, Blattfeuchte oder Nährstoffwerte des Bodens präzise Steckbriefe, mit denen der Winzer exakter auf die Entwicklung der Pflanzen reagieren kann, als sich eine Traube in den Mund zu schieben oder den Zuckergehalt mit dem Refraktometer zu messen.
Schmuck aus dem 3D-Drucker, Anprobe mit Augmented Reality, digitalisierte historische Schriften, selbst Floristen fühlen sich „im Frühling der Digitalisierung“. Sicher, nicht jedes Produkt wird neu geformt. Aber auf die Vorteile der Digitalisierung zu verzichten ist ein Luxus, den sich selbst traditionelle Manufakturen nicht mehr leisten können. Das wissen auch die, bei denen der Luxus im Schaufenster liegt.