Chinesischer Aktienmarkt Star-Händler: Verkauf deine Aktien jetzt!

Hedgefonds-Manager Huang Weimin hat 2015 mit chinesischen Aktien ein Plus von mehr als 6200 Prozent erzielt. Nun rät er zum Verkauf - zusammen mit einer konkreten Zahl, wie tief der Leitindex in China fallen könnte.

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Investoren schauen in Shanghai auf die elektronische Anzeigentafel, die Börsenkurse übermittelt. Viele Experten erwarten für dieses Jahr fallenden Kurse an den chinesischen Aktienmärkten. Quelle: AFP

Shanghai Huang Weimin, 45-jähriger ehemaliger Mitarbeiter eines Staatsunternehmens, bis 2015 so gut wie unbekannt, ist zu einem Star am chinesischen Futures-Markt geworden. Eine Reihe einträglicher Wetten zum richtigen Zeitpunkt auf die Richtung der Aktienkurse ließ seinen Yourong Fund an die Spitze der Performance-Rangliste des Landes klettern. Seine Erfolgsserie setzt sich in diesem Jahr fort mit einem Ertrag von 35 Prozent bis einschließlich 22. Januar, nachdem er seine Aktienindex- Futures nur wenige Tage vor dem schlechtesten Jahresauftakt am Markt überhaupt verkauft hat.

Huang, der den Yourong Fund 2014 auflegte, hält es für möglich, dass der chinesische Leitindex Shanghai Composite in der ersten Jahreshälfte um weitere 15 Prozent fallen wird, während die Wirtschaftsabkühlung und ein schwächerer Yuan Kapital abfließen lassen. Er halte zwar an seinen pessimistischen Futures-Positionen fest, der durchschnittliche Aktienanleger in China würde seiner Einschätzung nach aber mit einer Umschichtung in Liquidität besser fahren.

„Ich bin für dieses Jahr nicht optimistisch“, sagte Huang, der sich als Händler-Autodidakt um mehr als 100 Millionen Yuan (rund 14 Millionen Euro) in seinem Yourong Fund und in anderen Kundenkonten mit ähnlichen Strategien kümmert. „Mein Ratschlag ist, Liquidität zu halten, abzuwarten und zuzuschauen.“

Viele der 99 Millionen Investoren in China scheinen in die gleiche Kerbe zu schlagen. Das Volumen an Chinas Aktienkassamarkt fiel vergangene Woche auf den niedrigsten Stand seit drei Monaten, während der Handel mit Aktienindex-Futures seit Juni um etwa 99 Prozent zurückging. Ein fehlgeschlagener Versuch der Regierung, in der ersten Woche des Jahres einen Sicherungsmechanismus gegen hohe Marktvolatilität einzuführen, bestärkte die Investoren in ihrem Pessimismus, nachdem eine Aussetzung des Handels Panik verursachte statt wieder Ruhe am Markt einkehren zu lassen.

Huangs Gespür, aus den Marktverwerfungen Profit zu schlagen, ließ ihn zu einem Lichtblick in der chinesischen Hedgefondsbranche werden, die 2015 mit der stärksten Kursvolatilität seit 1997 zu kämpfen hatte. Mehr als 700 Fonds waren 2015 zur vorzeitigen Liquidation gezwungen und der Einbruch des Shanghai Composite in diesem Jahr um mehr als zwanzig Prozent dürfte dafür sorgen, dass noch viele weitere kurz vor einer Schließung stehen.

Der Yourong Fund wies im vergangenen Jahr die beste Entwicklung auf unter 310 privaten Futures-Fonds in China, die Shenzhen Rongzhi Investment Consultant Co. beobachtet. Der beste Wettbewerber kam auf knapp über 1000 Prozent, während mehr als ein Fünftel der Konkurrenten Verluste einfuhr. Das geht aus Angaben von Shenzhen Rongzhi hervor, der die Daten direkt von den Finanzinstitutionen erhält, bei denen die Fonds ihre Handelskonten betreiben.


"Das ist wie Wellenreiten"

Um im vergangenen Jahr Geld zu verdienen musste Huang agil sein. In der ersten Jahreshälfte war er optimistisch und baute Long-Positionen in Aktien und Index-Futures auf, während der Shanghai Composite auf ein Siebenjahreshoch schnellte. Nach Abbau seines Aktien-Engagements im Mai wettete er in der zweiten Junihälfte gegen den Markt, als die Kurse abrutschten.

Als sich die Volatilität zum Monatsende hin verstärkte, setzte er auf kurzfristige Wetten. Ein solches Geschäft bei Everbright Securities Co., das er am Folgetag verkaufte, brachte ihm beispielsweise zum 30. Juni einen Ertrag von elf Prozent ein, nachdem es am Markt eine kurze Rally gegeben hatte, sagte er vergangene Woche im Interview mit Bloomberg News.

In den folgenden zwei Monaten setzte er mal auf einen Aufwärts-, dann wieder auf einen Abwärtstrend. Besonders erfolgreich war er Ende August, als er sich für Verluste bei den Terminkontrakten auf Aktien positionierte, bevor der Shanghai Composite innerhalb von nur zwei Wochen um bis zu 25 Prozent absackte.

„Das ist wie Wellenreiten“, sagte Huang, der seit 2006 Vollzeitinvestor ist. Damals kündigte er seinen Arbeitsplatz bei einem staatlichen Unternehmen. „Man muss auf den Wellenkämmen tanzen.“

Nach Einschätzung von Huang wird der chinesische Aktienmarkt in diesem Jahr unter Druck geraten, nicht nur wegen der wirtschaftlichen Abkühlung, sondern auch weil wohl viel mehr neue Aktien angeboten werden. Da 660 chinesische Unternehmen auf ihren Börsengang warteten, werde das zusätzliche Angebot Mittel aus den existierenden Aktien abziehen, vermutet er.

Der Anstieg des chinesischen Bruttoinlandsprodukts schwächte sich 2015 auf 6,9 Prozent ab, womit die niedrigste Wachstumsrate seit 1990 verzeichnet wurde. Schätzungen zufolge floss im vergangenen Jahr eine Billion Dollar aus der Volksrepublik ab und der Yuan verlor so stark an Wert wie seit zwei Jahrzehnten nicht mehr. Trotz sechs Zinssenkungen der chinesischen Zentralbank zeigen die jüngsten Konjunkturindikatoren für Dezember noch immer ein sich abkühlendes Wachstum an.

„Wenn eine Menge kaltes Wasser in den Topf gegossen wird, reicht unser Brennholz mit Sicherheit nicht aus“, so Huang. Cai Zhongyu, pensionierter Mitarbeiter eines Instituts für Elektronik in Schanghai, folgt den Handelsempfehlungen von Huang, die er seit 2009 in Chaträumen bekanntgibt. Der 55- Jährige erzielte 2015 einen Ertrag von 300 Prozent, „alles dank ihm“. „Er hat die Marktrichtung immer richtig eingeschätzt“, sagte Cai im Telefoninterview. „Das muss man eingestehen.“

Cai war einer der mehr als 90 Anhänger Huangs, die im Dezember für ein paar Handelstipps und eine Marktprognose in die Küstenstadt Xiamen reisten. Nach einem außergewöhnlichen 2015 fiel Huangs Ausblick auf dieses Jahr allerdings entschieden bescheidener aus.

„Ich werde einfach den Markt verfolgen und ein paar Geschäfte abschließen, während er fällt - wie Ameisen, die an einem Knochen nagen“, sagt Huang. „Wenn ich jedes Mal fünf bis sechs Prozent bekomme und das Jahr mit 50 Prozent bis 60 Prozent beende, wäre ich zufrieden.“

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