Wie haben die Kollegen reagiert?
Einige waren geschockt, andere enttäuscht. Weil sie nicht verstehen konnten, warum ich nichts gesagt habe. So hätte ich auch reagiert. Aber ich habe gelernt, dass der Rückzug aus sozialen Bindungen Teil der Krankheit ist. Und je länger man sich zurückzieht, desto schwerer wird es.
Hatten Sie Ihren Freunden von Ihrer Situation erzählt?
Nein. Auch nicht meiner Frau.
Und die ist aus allen Wolken gefallen?
Nein, sie ahnte es. Sie hatte mich oft gewarnt, dass ich mich auslauge. Aber das wollte ich weder wahrhaben noch an mich ranlassen.
Was bei der Arbeit stresst
Was sorgt im Büro für Stress? Der Personaldienstleister Robert Half hat im höheren Management nach den wichtigsten Gründen gefragt. Dabei gaben 18 Prozent der Befragten zu viel Verantwortung oder ständiges an die-Arbeit-denken auch in der Freizeit als Grund für Stress bei der Arbeit an. Nur in Tschechien können die Beschäftigten außerhalb des Arbeitsplatzes schwerer abschalten - dort gaben 28 Prozent an, dauernd an die Arbeit denken zu müssen. Auf der anderen Seite der Skala ist Luxemburg: nur fünf Prozent haben dort dieses Problem.
Keinen Stress haben dagegen nur sieben Prozent der deutschen Befragten. Genauso niedrig ist der Anteil derer, die ihren aktuellen Job nicht mögen.
Unangemessener Druck vom Chef nannten 27 Prozent der Befragten hierzulande als Stressgrund. In Brasilien sind es dagegen 44 Prozent.
Wenn der Chef sich eher um sein Handicap kümmert, statt ordentlich zu führen: 28 Prozent der Befragten sind mit der Managementfähigkeit des Chefs unglücklich. Das Unvermögen des führenden Managers, das zu Stress führt, scheint in Luxemburg relativ unbekannt zu sein - nur 11 Prozent der Befragten sind dort mit den Befragten unglücklich, in Dubai sind es gar neun Prozent.
Dass unangenehme Kollegen oder fieser Büroklatsch zu Stress führen kann, ist allgemein bekannt. Dementsprechend führen auch 31 Prozent der Befragten das als Stressgrund an - der Anteil derer, die das ähnlich sehen, liegen in allen anderen Ländern fast gleich hoch - außer in Brasilien: 60 Prozent der Befragten geben unangenehme Kollegen und fiesen Büroklatsch als Stressgrund an.
Ein weitere Stressgrund: personelle Unterbesetzung. 41 Prozent der Befragten sehen das als wichtigen Grund für Stress bei der Arbeit an - ein Wert, der fast in allen Ländern ähnlich ist.
Doch am problematischsten, laut der Studie: die hohe Arbeitsbelastung. 51 Prozent der Befragten gaben dies als Stressgrund an. Deutschland liegt damit im Schnitt, auch in den anderen elf Ländern ist ein ähnlich hoher Anteil der gleichen Meinung.
Und wie ging es dann weiter?
Ich suchte einen Psychiater auf, der schlug eine stationäre Behandlung in der Oberbergklinik vor. Der Arzt schrieb mir eine Überweisung, ich bekam glücklicherweise schnell einen Platz. Am 10. Juni habe ich den Koffer gepackt, das Auto in Berlin gelassen und den Zug hierher genommen.
Fiel es Ihnen schwer, von der Umwelt abgeschnitten zu sein?
Zunächst nicht, denn in den ersten Wochen war ich über die Ruhe froh. Ich war sehr mit mir selbst beschäftigt und hatte kein großes Interesse an der Außenwelt.
Wie sahen seitdem Ihre Tage aus?
Nach dem Frühstück hatte ich eine Stunde Einzeltherapie und zwei Stunden Gruppentherapie, am Wochenende haben die Patienten frei. Dazu kommen ergänzende Angebote, etwa die Gestaltungstherapie.
Was ist das denn?
Malen, töpfern oder kneten – eine Art Kunstunterricht.
Sie lächeln gerade, fanden Sie die Gestaltungstherapie schräg?
Ja, wie zunächst alles hier. Als ich ankam, hatte ich ein paar Wochen Antidepressiva genommen und deswegen bessere Laune. Ich dachte: In ein, zwei Wochen bist du hier raus, und alles ist wieder gut.