Berufsberatung Drei Berater, drei Meinungen – was taugt Coaching?

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Erstes Fazit

Mein erstes Fazit: hmmm. Eigentlich hatte ich erwartet, nach dem Besuch bei Elke Fink besser Bescheid zu wissen, wohin meine berufliche Reise gehen soll. Irgendwie kommt mir meine Zukunft immer noch wolkig vor. Unter IT-Systemkauffrau kann ich mir alles und nichts vorstellen. Und ich bezweifle, ob ein Ausbildungsberuf das Richtige ist. Dieser Eindruck bestätigt sich ein paar Tage später. Nun soll ich Diplomatin werden.

Ilke Kaymak leitet den Career Service an der Heinrich-Heine-Universität in Düsseldorf. Zu ihr kommen vor allem Studierende, die schon eine gewisse Ahnung haben, wohin die berufliche Reise gehen könnte. Doch viele sind mit dem Angebot überfordert. Das gilt für mich genauso.

Kaymak orientiert sich an meinem Lebenslauf, ihr fällt mein Praktikum bei einem Logistikunternehmen auf. Ob ich mir das noch mal vorstellen könnte? Ich winke ab. „Dann versuchen Sie es doch mal in der Personalabteilung eines Unternehmens“, sagt Kaymak. In den folgenden Minuten erwähnt sie verschiedene Arbeitgeber: die Unternehmensberatung McKinsey, die EU-Kommission, den Pharmakonzern Bayer. Doch bevor ich mich dort bewerbe, solle ich mich selbst hinterfragen, sagt Kaymak. „Finden Sie heraus, welche Werte und Zielvorstellungen Ihnen im Leben wichtig sind.“ Was treibt mich an, was motiviert mich? Was will ich erreichen?

So sieht der perfekte Bewerber aus
Was Arbeitgeber wollen Quelle: Fotolia
79 Prozent der befragten Unternehmen sind auf der Suche nach Absolventen dieser Fachrichtung. Quelle: dapd
Deutschen Personalern ist der Untersuchung zufolge besonders wichtig, dass die Bewerber Arbeitserfahrungen gesammelt haben: Quelle: dpa
Von den Bewerbern, die eine Universität besucht haben, erwarten die Personalverantwortlichen gute Noten. Quelle: dpa
Sein Lebenslauf überzeugt Quelle: gms
Wenn der Personaler nach dem Lebenslauf einen Blick aufs Anschreiben wirft, kann der Bewerber mit klarer Struktur überzeugen. Quelle: Fotolia
Das Anschreiben kann noch so strukturiert sein – wenn sich Fehler einschleichen, kann der Bewerber den Job schon vergessen. Quelle: dpa

Im zweiten Schritt sollten sich Unentschlossene fragen, mit welchen Unternehmen und Organisationen sie sich identifizieren könnten. Beantworte man diese Fragen ehrlich, sei man schon einen ganzen Schritt weiter. Wer seine Interessen kenne und sich daran orientiere, könne nicht viel falsch machen. So gehen die meisten Deutschen vor. Die Meinungsforschung YouGov fand in einer Umfrage 2016 heraus, dass 59 Prozent der mehr als 1000 Befragten ihr Studium aus fachlichem Interesse gewählt hatten.

Als Kaymak liest, dass ich ein Praktikum in der Nähe von Shanghai gemacht habe, fragt sie nach: „Warum China?“ Ich war schon oft im Ausland, lerne in meiner Freizeit Chinesisch und würde gern in ein paar Jahren in China arbeiten. Für immer? Nein danke. Der Beraterin hat meine Antwort anscheinend weitergeholfen. Sie springt auf und kehrt mit ein paar DIN-A4-Zetteln zurück – eine Stellenausschreibung vom Auswärtigen Amt. „Wäre Diplomatin etwas für Sie?“

Im ersten Moment bin ich überrascht. Doch je länger ich darüber nachdenke, desto mehr kann ich mich damit anfreunden. Kaymak nennt weitere mögliche Wege: Ich solle mich mal mit Unternehmensberatungen auseinandersetzen, mit Wirtschaftsprüfungen und Public Relations. Und wolle ich wirklich einen Master-Abschluss machen? Den verlangt das Auswärtige Amt nämlich.

Wenn mir ihre Tipps nicht weiterhelfen, soll ich noch mal wiederkommen. Aber erst, nachdem ich einen Text geschrieben habe über einen fiktiven Tag in fünf Jahren. „Wenn sich jemand keine Gedanken gemacht hat, wohin er will“, sagt Kaymak, „dann braucht er sich nicht zu wundern, wo er landet.“

Zurück in die Schule?

Auf dem Rückweg habe ich einen Stapel Flyer in der Tasche und ein paar Bilder im Kopf, von Hosenanzügen und diplomatischen Vertretungen. Ein paar Tage später formt sich dort ein anderes Bild: Ich stehe vor einer grünen Tafel, halte Kreide in der einen Hand und forme mit der anderen einen Schweigefuchs – das Handzeichen soll eine laute Schulklasse beruhigen. Lutz Thimm, Gründer und Leiter des Thimm Instituts für Bildungs- und Karriereberatung, sagt: „Sie wären eine gute Lehrerin.“

Auch das noch. Eigentlich war ich froh, die Schule hinter mir zu haben. Und ich bezweifle, dass ich eine gute Lehrerin wäre – ich kann ziemlich ungeduldig sein. Ob ich nett und verständnisvoll zu den Schülern wäre?

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