Die Digitalisierung hat die Arbeitswelt längst voll erfasst. Schon jetzt macht die Arbeit an Tablet, Notebook oder Smartphone viele Beschäftigte im Büro, unterwegs oder im Home-Office zu Dauergästen im Internet. Auch in der Produktenwicklung und bei vielen Produktionsprozessen geht nichts mehr ohne Software und Vernetzung. Der Wandel birgt klare Chancen - aber auch Risiken.
Während die Einen von neuen Geschäftsideen für Firmen und einer freieren Zeiteinteilung für die Mitarbeiter schwärmen, warnen Andere vor einem Rationalisierungsschub und fordern Spielregeln für die neue Arbeitswelt. Vor allem die ständige Erreichbarkeit durch E-Mails und Mobiltelefonie bietet seit Jahren Diskussionsstoff.
Einige Unternehmen bauen aber mittlerweile Dämme gegen die Kommunikationsflut. Sie bieten an, beispielsweise dienstliche E-Mails, die Mitarbeiter während ihrer Urlaubszeiten bekommen, zu löschen, wie der Autobauer Daimler. Beim Versicherungskonzern Allianz appelliert eine Kampagne auch an die Eigenverantwortung der Beschäftigten: Auf Plakaten, die im Firmengebäude aushängen, ist ein Mann mit Laptop zu sehen, daneben seine kleine Tochter, die wohl lieber mit ihm spielen würde. „Wie Sie Ihr Wochenende gestalten, entscheiden Sie selbst“, heißt es auf den Plakaten.
Der Technikkonzern Bosch will das Mail-Dickicht auch im Arbeitsalltag lichten: Über eine firmeninterne Plattform können sich die Beschäftigten zu Arbeitsgruppen zusammenfinden und beispielsweise Besprechungsprotokolle direkt bearbeiten, ohne noch viel elektronische Post mit Anhängen an große Verteiler hin- und herzuschicken. In manchen Fällen können so bis zu 30 Prozent des bisherigen Mail-Pensums eingespart werden, sagt ein Unternehmenssprecher.
Abarbeiten lassen sich viele Aufgaben mittlerweile von jedem Ort, der Zugriff aufs Internet bietet - ob von zu Hause, aus dem Zug oder aus einem Internetcafé. Damit durch die flexiblere Zeiteinteilung nicht Arbeit und Freizeit immer stärker verschwimmen, machen sich Arbeitnehmervertreter dafür stark, dass Grenzen gezogen werden wie beim Autobauer BMW: Auf Basis einer Betriebsvereinbarung können sich die Mitarbeiter mobile Tätigkeiten als Arbeitszeit anrechnen lassen und ihre Aufgaben erledigen, wann es am besten in ihren Tagesablauf passt - und das ist bei manchen Beschäftigten eben erst um 20.00 Uhr abends, wenn der Haushalt erledigt ist und die Kinder im Bett liegen.
Arbeit muss auf Augenhöhe gestaltet werden
Neben solchen positiven Ansätzen gibt es aber auch problematische Entwicklungen, sagt Vanessa Barth, Digitalisierungs-Expertin beim IG-Metall-Vorstand. Weil mehr Menschen mobil arbeiten, bieten manche Firmen nicht mehr für jeden Arbeitnehmer einen festen Arbeitsplatz im Büro an und setzen zunehmend auf die sogenannte Vertrauensarbeitszeit. Dabei stehen die zu erledigenden Aufgaben, und nicht mehr der Zeitaufwand des Mitarbeiters im Vordergrund. „Das ist eine Flatrate auf die Arbeitszeit“, sagt die Gewerkschafterin. So lasse sich auch nicht mehr kontrollieren, wie viel Manpower für ein Projekt nötig ist.
Auch das sogenannte Crowdsourcing, also die Vergabe von Teilaufgaben an Internet-User in aller Welt, sieht Barth zwiespältig. Der Zugang zu Arbeit werde zwar erleichtert, weil aufwendige Bewerbungsprozesse wegfallen, doch seien die Auswahl der geleisteten Arbeit und die Bezahlung häufig intransparent.