Erfolg im Beruf Männerkarriere trotz Frauenquote?

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Ist die Quote eine umgekehrte Diskrimminierung?

Immerhin kommt Bewegung in die Männerriegen in den Vorstandsetagen: Nachdem der Frauenanteil in den Vorständen der DAX-30-Unternehmen seit Ende 2012 durchgehend von 7,8 Prozent auf 5,5 Prozent im Juli dieses Jahres gesunken war, liege er nun bei sieben Prozent. Immerhin drei Vorständinnen seien in den vergangenen Monaten berufen worden.

"Es besteht Hoffnung, dass die Talsohle beim Frauenanteil in den Vorständen der DAX-30-Unternehmen durchschritten ist", sagt Elke Holst, Forschungsdirektorin für Gender Studies am DIW Berlin. "Ob die Entwicklung nachhaltig ist, muss sich allerdings erst noch zeigen."

Für die Wirtschaft wäre das gut, sie kann es sich einfach nicht länger leisten, die Hälfte ihrer Leistungsträger links liegen zu lassen. Entsprechend suchen Unternehmen und Headhunter nach qualifizierten Frauen - und lassen ihnen im Zweifelsfall den Vortritt.

"Auf den Empfehlungslisten der Headhunter sind Frauen längst in der Überzahl. Die Männer, die dort aufgelistet sind, haben mitunter nur noch Alibi-Funktion", sagt Manfred Gentz, Aufsichtsratschef der Deutschen Börse und Mitglied der Corporate Governance Kommission der Bundesregierung. "Selbst wenn sie besser qualifiziert sein sollten als ihre Konkurrentinnen, ist davon auszugehen, dass derzeit meistens Frauen den Vorzug erhalten. Das könnte man als umgekehrte Diskriminierung bezeichnen."

Eine Haltung, die bei vielen verständnisloses Augenrollen auslöst. Der Vorwurf: Da äußere sich nun mal ein alternder Männerversteher aus dem Old Boys Network, der den Zeiten der Deutschland AG nachtrauert, in denen Vorstands- und Aufsichtsratsposten schon mal beim Bier an der Hotelbar ausgekungelt wurden – und Kandidatinnen dabei so exotisch waren wie Meerschweinchen auf dem Mount Everest.

Nachteil Y-Chromosom

Um eine wie auch immer geartete Quote einlösen zu können, müssten, schon rein rechnerisch, Männer bei gleicher Qualifikation benachteiligt werden, sagt aber auch Jürgen Schupp, Leiter des Sozioökonomischen Panels beim Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW). "Unter Gerechtigkeitsgesichtspunkten ist es wenig plausibel, warum jüngere Männer nun jahrelang für die fraglos vorhandenen Versäumnisse der Vergangenheit büßen sollen."

Oder, wie es Jurist Jan Lüttringhaus vom Max-Planck-Institut für ausländisches und internationales Privatrecht ausdrückt: "Eine Frauenquote bekämpft die Diskriminierung der Frauen nun mithilfe einer sogenannten ,umgekehrten Diskriminierung‘ der Männer. In der Sache heißt das aber nichts anderes, als dass neue an die Stelle alter Ungleichbehandlungen treten."

Ein Argument, dem auch die oberste Bundesfrauenbeauftragte etwas abgewinnen kann: "Jeder, der über die Frauenquote redet, muss zugeben, dass sie im Einzelfall gegenüber Männern ungerecht sein kann. Der Mann, der wegen der Quote nicht zum Zuge kommt, kann ja nichts dafür, dass er ein Y-Chromosom hat und dass jahrhundertelang Männer dominiert haben", sagte die ehemalige Bundesfrauenministerin Kristina Schröder bei der Vorstellung ihrer Pläne zur Frauenquote im Jahr 2011. Sie selbst sagte: "Wer Frauen fördert, darf Männer nicht diskriminieren. Jede Quote ist eine Krücke."

Hinterfragen Sie sich selbst: Stimmen diese Klischees über Frauen und Männer im Job?

Und zwar eine, die bei dem einen oder anderen Alphamännchen ohnmächtige rhetorische Beißreflexe auslöst – oder den Griff in die Trickkiste subversiver Abwehrmaßnahmen. Bei der einen oder anderen Frau immerhin dürfen die weidwunden Männer auf ein wenig Verständnis hoffen: "Wir laufen Gefahr, Männer zu diskriminieren", sagte etwa Annette Winkler, Chefin der Daimler-Sparte Smart, „wenn bei gleicher, manchmal sogar niedrigerer Qualifikation der weibliche Kandidat das Rennen machen würde."

Genau das aber erlebte Thomas Bichler. Der Personalchef eines Mittelständlers aus Baden-Württemberg war auf der Suche nach einem Spartenchef mit Personalerfahrung. Unter den Bewerbern waren einige hoch qualifizierte Männer. Eingestellt aber hat Bichler eine Frau.

Allerdings nicht, weil sie besser war als ihre männlichen Konkurrenten. "Die Entscheidung fiel aufgrund der politischen Großwetterlage", sagt Bichler – der nur unter der Bedingung mit der Sprache rausrückte, seine Identität nicht öffentlich zu machen. "Wenn rauskommt, dass ich erzähle, was hier los ist, bin ich meinen Job los."

Diese Angst vor dem Jobverlust ist es auch, die erste Männer in die innere Emigration treibt. "Ich sehe, wie immer mehr Frauen mit ähnlichen Qualifikationen an mir vorbeiziehen", sagt ein promovierter Wirtschaftsingenieur eines regionalen Energieversorgers unter dem Deckmantel der Anonymität. Er hatte sich vergebens um die Stelle eines Bereichsleiters beworben, auch hier ging der Zuschlag an eine Frau. "Ich fühle mich machtlos."

Ein Gefühl, das auch Alexander Reiter von einigen seiner männlichen Mandanten kennt. Denn die Unternehmen, die den Personalberater aus dem pfälzischen Frankenthal beauftragen, seien sehr auf Frauen fixiert. Das Problem: Er findet kaum welche mit dem richtigen Profil.

"Mit viel Goodwill wählen wir auch schon mal eine auf dem Papier offensichtlich schlechter qualifizierte Frau aus", sagt Reiter. Und fragt sich, warum "zukünftig eine Frau nur deshalb qualifizierter sein soll, weil sie eine Frau ist."

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