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Rhetorik am Telefon: Fünf Tipps, mit denen Sie blind überzeugen

Telefonate sind distanzierter als persönliche Gespräche oder Videocalls mit Bild. Das kann eine Herausforderung sein– vor allem beim ersten Gespräch mit Fremden. Erzeugen Sie den perfekten ersten Eindruck und strahlen Sie einen Charme aus, der am anderen Ende der Leitung für Entzücken sorgt. So geht’s.

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Unser Kolumnist Marcus Werner ist Fernsehmoderator und Buchautor und arbeitet als Berater für Kommunikation und Persönlichkeitsentwicklung.

„Hübscher Mantel. Steht Ihnen.“
„Aha, mein alter Mantel stand mir wohl nicht mehr, nur weil ich zehn Kilo Coronaspeck angesammelt habe.“

Wenn Sie mit anderen Menschen sprechen, dann geht es Ihnen (bewusst oder unbewusst) immer darum, die Anderen von Ihrem Anliegen zu überzeugen. Überzeugende Rhetorik richtet sich also nicht danach, wie Sie in schönen Worten loswerden, was Ihnen auf der Seele liegt, sondern danach, was das, was Sie sagen, beim Empfänger auslösen soll.

Leider ist der Erfolg oft schwer zu prognostizieren, wie im Mantel-Beispiel oben. Wer rechnet schon mit solchen Befindlichkeiten? Hätten wir diese aber erahnt, dann hätten wir vielleicht gesagt: „Hübscher Mantel. Aber was ist mit dem alten? Der stand Ihnen doch noch so gut“ – zumindest, wenn wir dafür nicht hätten lügen müssen.

Es ist also immer ratsam, an die Interessen des Anderen zu denken. Nicht, um es dem anderen auf Ihre Kosten recht zu machen, sondern damit Sie selber zum Ziel kommen. Weil Ihr Gegenüber Ihnen gerne zustimmt.

Am Telefon ist das besonders herausfordernd, denn es fehlt Ihnen und Ihrem Gegenüber die Möglichkeit, die Mimik und Körperhaltung mitzulesen. Wenn Sie außerdem auch noch zum ersten Mal miteinander reden, kommt es besonders auf Ihre rhetorische Gewandtheit an:

Begeistern Sie selbst Wildfremde blind von Ihnen als Person und von Ihrem Anliegen.

1. Holen Sie sich das aktive Zuhör-Okay

Treffen Sie Geschäftspartner persönlich, dann liegt dem oft schon eine Vereinbarung zugrunde: „Wir wollen ein bestimmtes Thema besprechen.“ Beide Seiten haben sich Zeit genommen, Kaffee steht auf dem Tisch, alle sind gedanklich bei der Sache. Bei Telefonaten ist das oft nicht so. Dort erwischen wir die Anderen auch mal in Situationen, in denen ihnen das Gespräch mit uns gerade noch gefehlt hat:

„Haben Sie schon einmal einen Blick auf meine Bewerbung werfen können?“ – und die Personalleiterin bereitet gerade die Homeofficeplanung 2022 vor, bei der sie völlig im Verzug ist. Oder:
„Ich habe eine tolle Projekt-Idee und wollte mal über das Budget sprechen“ – und der Abteilungsleiter muss gleich in die Werkstatt, weil etwas am Firmenwagen klappert.

Trotzdem kommen diese Gespräche zustande. Der Andere geht halt dran. Ich beginne die Gespräche deshalb gerne mit der Frage: „Haben Sie ein paar Minuten Zeit für mich?“ Viele werden sich zwar denken: Was für eine Frage. Wenn ich keine Zeit hätte, würde ich nicht drangehen. Aber Sie erhalten so im besten Fall eine Zusage: „Ja, klar“ oder „Okay. Fünf Minuten“ oder so. Es fällt fast jedem schwer, von solch einer Zusage wieder abzurücken. Sie haben dann nämlich eine Vereinbarung. Und wenn die Antwortet lautet: „Gerade ist es ganz schlecht“, dann wissen Sie ebenfalls, in welcher Lage Ihr Gegenüber ist. Stellen Sie sich darauf ein.

2. Fangen Sie fröhlich bei null an

Nicht vergessen: Wenn der Mensch am anderen Ende der Leitung Sie sympathisch findet, kommen Sie selber schneller ans Ziel. Wenn Sie mit jemandem zum allerersten Mal telefonieren, zählen schon die allerersten Sekunden. Sobald Sie den Mund aufmachen, fällt der Andere bereits das erste Urteil über Sie. Schon nach Ihrem „Guten Tag“ könnten Meinungsforscher beim Anderen nachbohren: „Finden Sie den Anrufer nett?“

Der Andere kann dabei nicht wissen, dass Sie sonst ein herzensguter Freund und Kollege oder eine grandiose Witzeerzählerin sind, die sich gerne selber aufs Korn nimmt, wenn Sie emotionslos sagen: „Ich rufe an, weil hier noch eine Warenlieferung aussteht.“ Vielleicht sind Sie einfach nur konzentriert, wenn Sie monoton brummen: „aha, okay, ja, dann machen wir es so“, auf Ihr Gegenüber wirkt das aber womöglich mürrisch. Weil er oder sie nicht sieht, dass Sie parallel zum Gespräch noch Unterlagen durchblättern.

Nehmen Sie sich vor, ganz bewusst Signale auf der Beziehungsebene zu senden, die Sie beide verbinden. Etwa indem Sie sagen: „Schön, dass ich Sie erreiche“ oder „Endlich lernen wir uns mal kennen, wenn auch nur am Telefon“ oder „Ich will Ihnen nicht die Laune verderben, aber ich melde mich mit einer Reklamation.“

3. Lächeln Sie

Der oder die Andere sieht nicht Ihr Gesicht. Umso wichtiger ist es, emotionale Signale durch die Stimme zu erzeugen. Und das geht sehr wohl auch durch Mimik. Lächeln Sie, hört das Ihr Gegenüber sofort. Sich selbst zum Lächeln zu animieren, mag Ihnen unauthentisch vorkommen, aber das gilt höchstens für die ersten Male. Irgendwann geht das auch am Telefon intuitiv. So wie wir ja auch unser fröhlich lächelndes Gesicht präsentieren, wenn wir jemandem wohlwollend persönlich begegnen. Das ist ja auch so ein bewährtes Zeichen, das wir intuitiv setzen.

4. Versetzen Sie sich in Ihr Gegenüber

Der Anrufer versteht meine Lage. Dieses gute Gefühl öffnet Herzen und auch die Bereitschaft, auf Ihr Anliegen einzugehen.

Diesen Effekt können Sie wunderbar an Telefonhotlines üben. Etwa an der eines Versandhauses. Angenommen, Sie sind mit der Qualität des bestellten Produkts oder der Art der Zustellung nicht zufrieden. Welche Haltung nehmen Sie ein? Die des König Kunden, der sich dessen bewusst ist, dass die Hotline-Mitarbeiter über Umwege auch von seinem Geld bezahlt werden? Oder die eines Vertragspartners, der den Dienstleister dabei unterstützen möchte, Sie als Kunden zufriedenzustellen?

Formulierungen, die Wunder wirken, sind:
„Wenn ich in der Sache etwa kritisiere, dann kritisiere ich nicht Sie persönlich.“
„Was haben Sie da für Erfahrungen? Gibt es in diesem Bereich häufiger Probleme?“
„Damit würden Sie mir wirklich weiterhelfen.“
„Ich kann mir denken, Sie finden das genauso unbefriedigend wie ich.“
„Was könnten Sie mir denn noch anbieten, um die Nachteile zu kompensieren?“

All das macht dem Anderen deutlich: Sie bemühen sich um ein Gespräch auf Augenhöhe und bedenken die Position des Gegenübers. Obwohl Sie einander niemals im Leben begegnet sind. Dadurch wird dem oder der Anderen ganz warm ums Herz. Das kommt auch Ihnen zugute.

Sollten Sie ab und an mit Hotlines telefonieren, achten Sie darauf, ob Sie anschließend E-Mails bekommen, in denen steht: „Wie zufrieden waren Sie mit unserem Gespräch gerade?“ Diese Mails werden oftmals nur versendet, wenn die Hotline-Mitarbeiter selber ein gutes Gefühl hatten. Das geht dann meist zu einem großen Teil auch auf Ihre Kappe. Kompliment: hart in der Sache, emphatisch in der Rhetorik. So kommen Sie weiter.

5. Achten Sie auf „Notsignale“

Die Rhetorik-Premiumklasse am Telefon: Fangen Sie das Gegenüber auf.

Denn: Ist jemand nervös, unsicher, überheblich, überfordert, abgelenkt, gekränkt? All das können Sie nicht sehen.

Umso brillanter, wenn Sie heraushören, was auf der Selbstoffenbarungsebene abgeht, also, was Ihr Gesprächspartner von sich an eigenen Befindlichkeiten preisgibt.

Beispiel 1: „Ich war jetzt zwei Wochen krank und meine Kollegin ist auch nicht da.“
Das beinhaltet nicht unbedingt die Botschaft: „Ihre Drängelei nervt“, sondern vielleicht auch: „Ich habe im Moment keinen Überblick“ oder „Ich bin im Hintertreffen“. Und das kann bedeuten: Ihrem Gegenüber ist seine Hilflosigkeit peinlich und er oder sie sucht nach Entschuldigungsgründen. Fangen Sie den Anderen auf: „Dafür habe ich Verständnis. Ich mache Ihnen ja auch gar keinen Vorwurf. Aber mir selber läuft leider die Zeit davon. Können wir das nicht irgendwie gemeinsam beschleunigen?“

Beispiel 2: „Da kann ich leider nichts machen.“
Bäng! Der absolute Offenbarungseid. Auf den ersten Blick aussichtslos. Aber oft wählt hier der Andere auf diese Weise den für ihn einfachsten Weg. Packen Sie ihn bei seiner Ehre, indem Sie nach seinen persönlichen Einflussmöglichkeiten fragen – nach seiner Macht: „Ich respektiere, dass Sie sich an die üblichen Prozesse halten. Aber haben Sie persönlich da nicht doch eine Möglichkeit? Wenn Sie da eine Ausnahme hinbekämen, wäre das wirklich eine Leistung, für die ich Ihnen sehr dankbar wäre.“ Ungefähr so. Auf diese Weise zeigen Sie, dass Sie auf die Kompetenz des Anderen zählen, Sie zu retten. Das hört man gerne.

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Und was ist der Effekt? Das Gefühl von Dankbarkeit für das Verständnis und die Anerkennung. Ihre charmante Art der Kommunikation nutzt somit Ihnen beiden.

Gespräch legitimieren – den allerersten Eindruck mündlich formen – lächeln – die Sicht des Gegenübers mitdenken – die Anderen charmant auffangen. So überzeugen Sie rund um den Globus – und kommen so schneller zum Ziel: die Anderen zu überzeugen. Viel Erfolg!

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Mehr zum Thema: „Höttges spricht, wie man spricht – nicht wie man schreibt“: Überzeugend Reden lernen vom Telekom-Chef.

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