Konfliktschlichterin Sosan Azad Wenn Kollegen sich streiten, ist oft der Chef schuld

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Große Unternehmen haben meist eigene Mediatoren

Der Chef als Streitschlichter
Viele große Unternehmen holen sich im Falle des Falles externe Berater und Mediatoren ins Boot, die die Streithähne wieder beruhigen sollen. Alternativ lassen sich Konzerne von Beratern ein Konzept erstellen, wie sie im Konfliktfall reagieren müssen. Nachteil daran: Die Beratung ist in der Regel kostspielig und die Umsetzung der Konzepte nicht immer einfach. Trotzdem sollten sich auch kleinere Unternehmen eine Strategie zurecht legen, wie sie auf Konflikte reagieren. Quelle: Fotolia
Wichtig ist, dass sich Betriebsrat und Management inhaltlich aus den Querelen des Teams heraushalten. Das einzige, wo die Führungsriege klar Stellung beziehen sollte, ist bei der Frage nach dem Konfliktmanagement. Hier sollten sich Chefs als Befürworter positionieren. Quelle: Fotolia
Wichtig ist, dass es einen Ansprechpartner im Betrieb gibt, an den sich Kollegen im Konfliktfall wenden können und der die Kommunikation beziehungsweise Konfliktberatung in die Hände nimmt. Ob es sich dabei um ein Mitglied des Betriebsrates, des Managements oder einen einfachen Angestellten handelt, ist zweitrangig. Wichtig ist nur, dass diese Person leicht zu erreichen ist. Der Außendienstmitarbeiter, der nur alle zwei Wochen kurz im Betrieb vorbeischaut, ist genauso ungeeignet wie der Chef, bei dem man vier Wochen auf einen Termin warten muss. Quelle: Fotolia
Es kann nicht schaden, die entsprechende Person zu einem Seminar zu schicken, bei der sie den Umgang mit Auseinandersetzungen lernt. In entsprechenden Kursen können dem Ansprechpartner, aber auch den betroffenen Mitarbeitern Strategien beigebracht werden, wie sie Streitigkeiten beilegen und das Vertrauen wieder herstellen. Quelle: Fotolia
Die Wirtschaftsmediatorin Nicole Musäus-Rausch empfiehlt gegenüber Zeit Online, dass die Beteiligten selbst eine Lösung für den Konflikt entwickeln sollen. Das hat den Vorteil, dass die Betroffenen den Lösungsweg eher akzeptieren werden, als einen aufoktroyierten vom Chef. Quelle: Fotolia
Besonders wichtig ist, dass die Mitarbeiter die Konfliktmanagement-Maßnahmen verinnerlichen und bei weiteren Auseinandersetzungen anwenden. Es kann deshalb hilfreich sein, nach Bewältigung eines Konflikts die Maßnahmen mit dem Team noch einmal zu besprechen und gemeinsam darüber nachzudenken, wie hilfreich sie waren und was verbessert werden könnte. Quelle: Fotolia

Sind Konflikte in kleinen Unternehmen schwieriger zu lösen als in großen Organisationen, weil man sich schlechter aus dem Weg gehen kann?

Nein. Ein großer Konzern ist wie eine große Stadt – man trifft meistens nur die Leute vom eigenen Kiez. Im Unternehmen ist man von den Kollegen aus dem eigenen Team abhängig. Da macht es keinen Unterschied wie groß das Unternehmen ist.

Also kommen sowohl Konzerne als auch kleine Mittelständler zu Ihnen, um Streit schlichten zu lassen?

Ja, allerdings habe ich in meiner Kundschaft mehr kleine und mittlere Unternehmen.

Warum?

Die großen Konzerne haben meist intern Mediatoren ausbilden lassen. Betriebsräte oder Gleichstellungsbeauftrage verfügen häufig über diese Zusatzqualifikation. Gibt es in Zweigstelle A ein Problem zwischen den Mitarbeitern und Zweigstelle B hat einen Mediator, dann kann dieser schlichten.

Was ist bei solchen internen Lösungen zu beachten?

Der Vermittler darf in seinem normalen Berufsalltag nichts mit den Konfliktparteien zu tun haben. Problematisch ist eine interne Mediation, wenn eine Führungskraft in den Streit verwickelt ist. Denn sie könnte später auch einmal zum Chef des internen Vermittlers werden.  

Wann ist die Situation zwischen zwei Parteien besonders verfahren?

Wenn sie nicht mehr miteinander sprechen. Dann ist das eine Katastrophe und  es wird sehr schwierig eine Lösung zu finden.

Hatten Sie einen solchen Fall schon mal?

Ja, mehr als einmal. Aber einer war besonders skurril. Zwei Freundinnen hatten eine Firma gegründet. Das Geschäft basierte auf freundschaftlichen Vereinbarungen. Beim Notar hatten sie so gut wie nichts geregelt. Wem gehört der Name? Wem das Logo? Alles ungeklärte Fragen.

Und dann?

Kleinigkeiten schaukelten sich immer weiter hoch. Die eine hatte befreundete Handwerker beauftragt, mit deren Arbeit die andere nicht zufrieden war. Die eine hatte einer Mitarbeiterin Sonderurlaub gewährt, weil diese in einer schwierigen privaten Situation war, ohne der anderen Geschäftsführerin Bescheid zu sagen. Das ging soweit, dass einst beste Freundinnen nicht mehr miteinander sprachen und wichtige Absprachen nur noch per Mail vornahmen. Die Belegschaft spaltete sich ebenfalls.

Was haben Sie in dieser verfahrenen Situation gemacht?

Es gab nur noch einen Weg, nämlich knallharte Realitäten aufzeigen. Wir haben uns zu dritt getroffen und ich habe ihnen mehrere Szenarien aufgezeigt und diese mit Fakten und Zahlen belegt. Die beiden Extreme waren: Sie reißen sich zusammen und arbeiten wieder miteinander oder das Geschäft geht den Bach runter.

Für was haben sich die beiden entschieden?

Sie haben sich getrennt. Manchmal hilft Vermitteln auf der menschlichen Ebene nicht mehr und auch die knallharten Fakten stoßen an ihre Grenzen.

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