Ist ein neuer Job gefunden, die Gehaltsverhandlung geführt und der Vertrag unterzeichnet, sind die Herausforderungen noch lange nicht alle gemeistert. Spätestens jetzt muss der alte Arbeitgeber informiert werden, dass Sie dessen Unternehmen verlassen. Und das ist nur der erste Schritt. Ein gelungener Abgang erfordert – gerade im Überschwang der Freude über einen neuen Job – noch einmal Konzentration, überlegte Schritte und Disziplin.
Neun Schritte, wie Ihre alten Chefs und Kollegen Sie in guter Erinnerung behalten werden.
1. Die Kündigung selbst
Formaljuristisch reicht ein einfaches, fristgerechtes Kündigungsschreiben an die Personalabteilung. Doch formaljuristisch richtige Schritte schließen eben nicht die menschliche Seite mit ein. „Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sollten nicht vergessen, dass es bei Kündigungen auf deutlich mehr ankommt: um Emotionen von Menschen“, sagt Gary Burnison, CEO der weltgrößten Organisations- und Personalberatung Korn Ferry.
Deshalb ist es ratsam, zunächst ein Gespräch beim Vorgesetzten zu suchen, damit dieser nicht aus der Personalabteilung von der Kündigung erfährt. „Die meisten Menschen fühlen sich hintergangen – übrigens ganz unabhängig davon, ob sie vielleicht selbst der maßgebliche Auslöser für die Kündigung waren“, warnt Burison. Diese negative Emotion bleibe meistens dauerhaft bestehen.
2. Auf Nachfragen eingestellt sein
Wichtig ist, erst einmal die eigenen Gefühle zu ordnen: Warum kündigen Sie diesen Job eigentlich? Mehr Gehalt, größere Herausforderungen, Beförderung oder einfach nur die Lust auf Veränderung sind auch für die Zurückgelassenen nachvollziehbare Gründe. Liegt es am Chef, an frustrierenden Strukturen im Unternehmen oder Konflikten im Team, sollte man sich überlegen, wie man auf die Frage nach dem Warum möglichst diplomatisch antwortet.
3. Die Zwischenphase
Es vergehen in der Regel ein paar Tage oder Wochen zwischen dem Informieren des Chefs und der HR-Abteilung und dem Tag, an dem man es den Kollegen verkünden kann. „Man muss ja sich verständigen, wann genau der Kündigende das Unternehmen verlässt, was aus den Projekten wird und ähnliches. Das hat auch den Sinn, dass die vorhersehbaren Fragen der Kollegen – zum Beispiel, wer danach der Ansprechpartner für die Aufgaben sein wird – beantwortet werden können“, sagt Katrin Luzar, Marketingchefin der Jobbörse Monster.de.
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Je nachdem, wie lange man die Füße stillhalten muss, kann dies eine mehr oder weniger große Herausforderung sein – Kollegen haben oft eine gute Antenne für Geheimniskrämerei und nicht jeder ist der Typ dafür. Die anderen spüren vielleicht die Anspannung und Aufregung bei Ihnen und nehmen häufigere Gänge zum Chef oder in die Personalabteilung aufmerksam zur Kenntnis.
4. Auf Gegenangebote einstellen
Verliert Ihr Unternehmen mit Ihnen einen geschätzten Mitarbeiter, so kommt möglicherweise nach Ihrer Kündigung hinter den Kulissen ein Gegenangriff in Gang. Vielleicht fragt der Chef beim Mittagessen: „Sind Sie wirklich sicher, dass Sie gehen wollen? Haben Sie das zu Ende gedacht?“ Dann sollten Sie nicht überrascht sein. „Entweder Sie sind fest entschlossen, Ihren Wechsel umzusetzen. Oder Sie sollten schon im Vorfeld genau definieren, was notwendig wäre, um Sie von diesem Wechsel abzuhalten“, sagt Gary Burnison von Korn Ferry. „Kommt das dann zur Sprache, sind Sie verhandlungsbereit. Erhalten Sie dieses Angebot nicht, unterstreicht es Ihre Entscheidung, dass es sich um eine gerechtfertigte Kündigung handelt.“
5. Informieren der Kollegen und des Teams
„Es ist eine schwierige Zeit, während der man die Kündigung geheim halten muss. Es ist aber der beste Weg“, sagt Katrin Luzar von Monster.de. Ist endlich alles abgeklärt, kann in Absprache mit den Vorgesetzten das Team informiert werden. Je nach Gemengelage ist es Ihnen vielleicht lieber, wenn der Chef dies übernimmt, etwa in einer gemeinsamen Sitzung oder per Rundmail an die betroffenen Kollegen. Vielleicht wollen Sie es aber auch gerne selbst übernehmen, um den bald Ex-Kollegen mit wohlabgewogenen Worten ihren Weggang zu erklären und gleichzeitig noch einmal Ihre Wertschätzung auszudrücken.
6. Die Übergabe
Rückt der Tag des Abschieds näher, können Sie Ihre Wertschätzung für den alten Job und die alten Kollegen unterstreichen, indem Sie eine hilfreiche Übergabe vorbereiten. Und selbst wenn Sie Ihr Unternehmen mit einem gewissen Groll verlassen – lassen Sie diesen nicht an Ihren Kollegen oder wenigstens nicht an den Projekten aus. „Man sollte den Job professionell zu Ende bringen, Aufgaben übertragen und die Übergabe strukturieren, um den Kollegen keine verbrannte Erde zu hinterlassen“, sagt Katrin Luzar. „Schreiben Sie Ihrem Nachfolger ein detailliertes Memo, klären Sie alle offenen Fragen vor Ihrem Ausscheiden“, mahnt Gary Burnison. Wer zeigt, dass ihm nicht plötzlich alles egal geworden ist, zeigt Loyalität und Verantwortungsbewusstsein. „Das wird Ihnen so auch in Ihrem neuen Job vorauseilen“, sagt Burnison.
Tipps für das Kündigungsgespräch
Verwenden Sie keinesfalls Sätze wie: „Es wird schon nicht so schlimm werden!“, „Mach Dir keine Sorgen!“ oder „Das Leben geht doch weiter!“
Floskeln vermitteln dem Gekündigten nur, dass Sie mit seinen Emotionen nicht zurechtkommen. Sie wirken dadurch verunsichert. Ihre möglicherweise gute Absicht, Trost zu spenden, wird jedenfalls nicht erreicht.
Sagen Sie nicht: „Wenn ich hätte wählen können, hätte ich den Müller rausgeworfen, nicht Dich!“ oder „Was soll ich denn machen? Ich habe das ja nicht entschieden!“
So vermitteln Sie nur Hilflosigkeit und verdrehen das Geschehen auf eine fast unlautere Art und Weise: Sie zwingen den Anderen, Sie als „Opfer“ mit seinem berechtigten Schmerz zu verschonen. Außerdem müssten Sie damit rechnen, dass der betroffene Mitarbeiter seinen Gefühlen bei den Kollegen freien Lauf lässt.
Gehen Sie nicht lax oder fahrlässig mit den Gefühlen Ihrer verbliebenen Mitarbeiter um! Sparen Sie sich scheinbare Aufmunterungen wie „Ihr könnt Euch freuen, Euch betrifft es ja nicht!“
Erkennen Sie stattdessen deren Emotionen an. Es ist für niemanden einfach, wenn Kollegen entlassen werden – die Gefühle bewegen sich von Hilflosigkeit, Scham und schlechtem Gewissen gegenüber den gekündigten Kollegen bis hin zu Sorge und Ärger aufgrund der neuen Mehrarbeit.
Machen Sie grundsätzlich keine Aussagen über anstehende Entlassungen. Falls aber einer Ihrer Mitarbeiter nachfragen sollte, geben Sie ihm kleine Bissen Information. So vermeiden Sie, dass die Gerüchteküche erst richtig brodelt und möglicherweise unter den Mitarbeitern ein Hauen und Stechen beginnt.
Bleiben Sie bei der Wahrheit! Geben Sie den Bleibenden keine anderen Begründungen für die Kündigung als dem Gekündigten. Wenn auch nur einer der entlassenen Kollegen über die wahren Hintergründe spricht, haben Sie Ihr Image nachhaltig geschädigt. Das Vertrauen in Sie als Vorgesetzter ist dann verloren. In so einem Fall ist es sehr schwer, eine Mannschaft wieder in die Spur zu bringen.
7. Immer professionell bleiben
Man sieht sich immer zweimal im Leben, lautet ein berühmtes Bonmot der Arbeitswelt. Deshalb gilt: nicht nachtreten. „Das sollte man unbedingt vermeiden, auch wenn man negative Erfahrungen gemacht hat“, sagt Luzar. Gekündigt und fortan nur noch im Standby arbeiten? Kann man machen, es hinterlässt nur keinen guten Eindruck. „Sie werden es nicht glauben, aber Ihre letzten Wochen in der Firma könnten die anstrengendsten werden“, prophezeit Gary Burnison. „Sie sollten ‚besenrein‘ übergeben, nach Möglichkeit auch bei der Suche eines Nachfolgers helfen – und Ihre Arbeit genauso gewissenhaft tun, wie Sie es auch vorher getan haben.“ Und auch, wer mit negativen Gefühlen geht, sollte damit professionell umgehen und keine Brücken abbrechen. Wer weiß, was kommt und wie man die Vergangenheit mit etwas Abstand bewertet. Immerhin haben Sie ja eine gewisse Zeit in Ihrem alten Unternehmen verbracht – nur schlecht kann es nicht gewesen sein.
8. Der Ausstand
Wer nicht völlig verstritten oder nach Kündigung durch den Arbeitgeber das Unternehmen verlässt, tut seinen Kollegen mit einem lockeren Ausstand mit Sicherheit einen Gefallen. Bei einem Snack oder Getränk lassen sich noch einmal persönliche Worte wechseln, die Kollegen werden Sie so in guter Erinnerung behalten. Bei der Gelegenheit können Sie auch Kontaktdaten austauschen, wenn noch nicht geschehen. Von langen E-Mails an die ganze Belegschaft empfiehlt Burnison abzusehen: „Halten Sie den Abschied präzise und kurz. Verabschieden Sie sich insbesondere von Ihrem Vorgesetzten persönlich, senden Sie den Ihnen wichtigen Menschen ihre neuen Kontaktdaten zu und lassen Sie den Rest einfach weiterarbeiten.“
9. Der Neuanfang
Auch in der neuen Firma können Fragen gestellt werden, warum man das alte Unternehmen verlassen habe. Hier gilt es, sich bedeckt zu halten. Ablästern über die frühere Firma, die Chefs und Kollegen ist hochgradig unprofessionell und kann den guten ersten Eindruck trüben. „Auch wenn es verführerisch erscheinen mag zu erklären, warum man den alten Arbeitgeber verlassen hat, sollte man sich zurückhalten. Es gehören ja auch immer zwei dazu“, sagt Katrin Luzar.
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Transparenzhinweis: Dieser Artikel erschien erstmals im September 2019. Wir haben ihn redaktionell aktualisiert.