Mehr Erfolg mit Englisch
Quelle: imago images

„Moving the goalposts“ – und andere Ausdrücke, die uns das EM-Fieber fürs Business English lehrt!

Ganz egal, ob Sie Fußball mögen und für England jubeln – oder nicht: Dass die Nation, die das Spiel erfand, ein EM-Finale erreicht hat, ist nicht nur eine Seltenheit. Es ist auch die Gelegenheit, ein bisschen Sports English und Football Slang zu lernen – und was fürs Büro mitzunehmen.

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Lassen Sie mich diese Kolumne dem „Sport“ widmen – ein Thema, das die Menschen auf alle Arten und im wahrsten Sinne des Wortes bewegt. Dabei ist es schon aus sprachlicher Sicht keine leichte Übung. Und wenn ich „sprachlich“ schreibe, wissen Sie ja, was ich meine: unsere Lieblingsfremdsprache!

Wie ich in dieser Kolumne gerne betone, ist Englisch für viele von uns längst zu einer Art zweiten Muttersprache geworden – allerdings ohne Mutter. Das führt immer wieder zu Missverständnissen, zum Beispiel, wenn man erklären möchte, dass man „Sport macht“. Sind damit nämlich Dehnübungen auf der Matte oder die Bemühungen auf der Joggingstrecke, auf dem „Home Trainer“ oder im „Circle Training“ gemeint, dann – ja, dann steht man als Denglischer Patient gleich vor mehreren sportlichen Herausforderungen! Auf sie will ich zuerst eingehen:

1. Kein Sport, den man für und mit sich selbst macht, wird auf Englisch „sport“ genannt! Die Auskunft „Peter is doing/making sport“ oder „Peter likes to do/make sport“ ist als Übersetzung von „Peter macht (gerade/gerne) Sport“ völlig ungeeignet, wenn damit keine Wettkampfsportart gemeint sind. Nur sie werden als sport/sports bezeichnet. Alles andere sind exercises, work out oder konkret jogging, yoga and so on. Also: Peter exercises/works out a lot. Peter is jogging/likes jogging. Deshalb heißt es übrigens auch to get enough sport and exercise.

2. Die Verben to make und to do sollten Sie sich im Zusammenhang mit Sport abtrainieren! Ist die Rede von football, handball, basketball, cricket, squash, tennis und den anderen Mannschaftssportarten, die unter sport fallen, kann man zwar Peter does sport(s) sagen. Doch das Verb der Wahl ist – quite naturally – play: Peter plays a lot of sport. He plays/likes to play tennis, football and so on.

3. Während „to make sport“ denglischer Humbug ist, den niemand sagt, muss man mit „to do“ vorsichtig sein, weil es in manchen Fällen zweideutig ist und als sexuelle Anspielung – (sexual) innuendo – missverstanden werden kann. Etwa hier: „I am doing gym.“ Britische Hörer mögen verschämt dreinblicken, Freunde aus den USA haben sich schon gekringelt, als mir selbst dieser Patzer unterlaufen ist. Weil es für sie klang wie „I am doing Jim“ – und was das bedeuten würde, können Sie sich ja denken! Wer unbedingt über die Aktivität im Fitnessstudio sprechen muss, sagt: I like to go to the gym oder Peter goes to the gym a lot. Umgangssprachlich fällt Peter damit in die Kategorie einer gym rat.

4. Die erwähnten Begriffe „Home Trainer“ und „Cycle Training“ sind pseudoenglisch. Mit anderen Worten: Wir haben sie uns ausgedacht! Englisch ist: exercise bike und circuit training.

5. Wer Peters Sportlichkeit hervorheben will, sagt: Peter is sporty/athletic. Das kann wiederum beides bedeuten. 1. Er hat ein sportliches Wesen: Peter is keen on/does a lot of sport(s). 2. Er hat ein sportliches Aussehen: Peter looks as if he's doing a lot of sport(s)/he's exercising a lot.

Sind diese sprachlichen Hürden einmal aus dem Weg, wird es schnell noch schwieriger, wenn man sich einer bestimmten Sportart widmet und sie auf Englisch verstehen und kommentieren will. Dies kann an diesem Wochenende selbstverständlich nur für den Fußball gelten, schließlich steht mit England seit genau 55 Jahren wieder die Nation in einem großen Endspiel, die vor rund 150 Jahren den sogenannten Association Football erfunden hat. Übrigens ist es diese Geschichte, die das wehleidige und in Gesangsform vorgetragene englische Klagen über many years of hurt sowie den Anspruch Football's coming home erklärt.

Dass es im Eifer des Spiels selbstverständlich nicht genügt, deutsche Redensarten ein bisschen Englisch auszusprechen, hat einst der Dortmunder Torwart Roman Weidenfeller demonstriert, als er einem ausländischen Reporter erklärte: „We have a grandios saison gespielt. I think that the team was famous.“

Obwohl viele Begriffe im Englischen und Deutschen identisch oder leicht verständlich sind – ball, corner, wall, net, post –, können andere Wörtern wie „Trainer“, „Handspiel“ oder „Tunneln“ leicht Verwirrung stiften:

– Statt von „trainer“ (was auch „Turnschuh“ bedeutet) ist in England vom club manager oder team coach die Rede. Außerdem sollte man wissen, dass ein club coach auch als „Mannschaftsbus“ durchfahren kann – aber dass er selbstverständlich niemals eine „Klappcouch“ ist, selbst wenn Lothar Matthäus dieser Meinung war.

– Obwohl es bei der Europameisterschaft Euro 2020 weniger zu „Handspiel“ gekommen ist als zu Eigentoren – own goals – und umstrittenen Elfmetern – controversial penalties –, sollten wir gerade für das Finale England gegen Italien vorbereitet sein. Sind Hände und Arme im Spiel, ist nicht etwa von „handplay“ oder „handgame“ die Rede – was schon wieder ein innuendo wäre – sondern von handball, selbst wenn es wie eine andere Sportart klingt.

– So klar unser Wortbild vom „Tunnel“ ist, so wenig gibt es ihn auf Englisch. Man sagt: The player was nutmegged – was im Ernst auf die Muskatnuss zurückführt, oder vielleicht zwei Muskatnüsse, nämlich genau die, die über dem Ball hängen. Warum nicht mal ein absichtliches Innuendo!?

Wie eigen und verwirrend Fußballenglisch und vor allem der English Football Slang sind, hat übrigens der Stürmer – striker – Timo Werner demonstriert, der seit der letzten Saison nicht mehr in Leipzig, sondern in London für den Chelsea FC spielt. In einem sehenswerten Video soll er typische Wörter und Wendungen erklären. Wie auf dem englischen Rasen erzielt er allerdings nur wenige Treffer. Eine Kostprobe:

Timo, what‘s a howler? (gesprochen hau-la)
Timo Werner: „Somebody who makes holes in other legs.“

Indirekt ist die Antwort eine treffende Erklärung: für einen „Heuler“! Wenn Spieler statt zu spielen einen Bock schießen, so dass das Stadion vor Lachen oder Weinen bebt.

Aus sportlicher Sicht können wir alle nur hoffen, dass unsere lieben englischen Colleagues nicht allzu sehr heulen, wenn ihre Mannschaft trotz Heimvorteil – home (field) advantage – am Sonntagabend verl... sorry, spielt.

Als Zuschauerinnen und Zuschauer können Sie unterdessen sprachlich dafür sorgen, dass niemand heult – und noch mehr: Dass Sie etwas für Ihren englischsprachigen Büroalltag mitnehmen! Ich möchte die Kolumne deshalb mit einigen Ausdrücken beenden, die Ihr Business English spielerisch bereichern werden:

to kick off/the kick-off Der Anfang von allem, im Fußball „der Anstoß“! (Sagen Sie nicht versehentlich „offkick“, selbst wenn der Freistoß freekick heißt.) Für Ihr Projekt kann das bedeuten: We'll kick off on Monday. Oder: The project’s kick-off will be chaired by the client‘s chairwoman.

to be on the ball Die Eigenschaft von nervenstarken Spielern – top players, big-game players. Dafür gibt es auch die kurze wie klare Beschreibung: Someone is at it! Wer also in einer bestimmten Angelegenheit und generell sehr gut und zuverlässig ist, ist „am Ball“. Zum Beispiel: She is particularly on the ball with her finances. He is on the ball with his time management. Kann auch leicht verneint werden: She is not particularly on the ball with...

to take your eye off the ball Vom Skifahren, das bekanntlich keinen Ball erfordert, kenne ich es so: Nimm die Augen von den Skispitzen, sonst stürzt Du! Der Sturz ist im Fußball weniger die Gefahr als den Überblick über das Umfeld und die anderen Spieler zu verlieren und zum Beispiel falsch, um nicht zu sagen, krank zu passen – to play a hospital pass. Andererseits muss man den Ball auch im Auge behalten, um ihn nicht zu verlieren. Wahrscheinlich kommt es am Ende immer auf einen guten Mix an. Im Business Jargon ist hingegen das gemeint, was wir „am Ball bleiben“ nennen, sich also nicht ablenken zu lassen: As the market is changing very quickly, we cannot afford to take our eyes off the ball!

a game changer Eine verbreitete Managementfloskel – mit Berechtigung, wenn Entscheidungen gefällt werden oder Dinge passieren, die die Ausgangslage verändern und eine neue Situation schaffen. Auf dem Spielfeld kann es der Einwechslung – substitution – eines sehr starken Ersatzspielers – super sub(stitue) – folgen. Oder der falschen Entscheidung des Schiedsrichters – the referee, the ref. So wie im Spiel England-Dänemark, als der Niederländer Danny Makkelie den Engländern in der 102. Minute einen Elfmeter gab, der zum 2:1 Sieg führte – he blew for a penalty during extra time. Im echten Leben können neue Gesetze, ein sensationelles Konkurrenzprodukt oder eine Virusepidemie Game Changer sein: Due to Covid our rival company went bankrupt, which turned out to be a huge game changer for us.

to take sides Parteinahme, nennen wir es: für ein Team, einen Ansatz, ein Konzept sein. Ist im Sport – Sie wissen: sport = Wettkämpfe – ganz natürlich. Im Büro gewöhnungsbedürftig bis fragwürdig. Aber manchmal auch nicht zu vermeiden. Könnte im drastischen Fall so klingen: I don’t want to take sides against my boss, but this project is lost if I remain neutral!

to move the goalposts Man kennt es von kleinen Kindern auf Spielplätzen und von sehr unfairen Menschen im Büro: Sie ändern die Regeln zu ihren Gunsten und – they change the rules or objectives and aims of what the team or someone is trying to do and they feign ignorance – und lassen sich nichts anmerken! Echte Klagen klingen so: Our client keeps moving the goalposts! Und auf dem Fußballplatz? Mal sehen, was sich Italiener und Engländer einfallen lassen. Klar könnten sie ihre Tore verschieben oder die Pfosten verbiegen wie es der dänische Torwart – goal keeper, keeper, goali – Kim Christensen 2009 gemacht hat. Wenn es allerdings herauskommt, ist das dermaßen Scheiße, dass es dafür längst ein Wort gibt, das ich mir auch für Konflikte außerhalb des Spielfelds gemerkt habe: Shithousery! Absichtliche Schwalben – deliberate dives – , absichtliches Zeitschinden – offensive time wasting. Oder der absichtliche Einsatz eines Laser Pointers durch den 12. Mann! So geschehen von englischen Fans gegen den dänischen Torwart Kasper Schmeichel im Halbfinale. Zynisch gewürzt könnte man auch sagen: That's damn creative shithousery!

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Sollte Ihnen keine Wendung gefallen haben, dann hoffentlich und wenigstens diese: Let's play foosball! Das ist kein Denglisch, sondern astreines Englisch, sogar mit einem eigenen Eintrag im Oxford English Dictionary. Es bedeutet: „Kommt Leute, wir spielen Tischfußball!“ Schließlich sollen Sie nach der EM auch noch etwas Gescheites im Team machen!

Peter Littger beschäftigt sich mit deutsch-englischen Sprachverwirrungen und ist Autor unter anderem der Bestseller-Buchreihe „The Devil lies in the Detail – Lustiges und Lehrreiches über unsere Lieblingsfremdsprache“. Sie können Peter Littger auf Instagram und Twitter folgen.

Mehr zum Thema: „Let’s become concrete!“ – konkrete Tipps, um solche englischen Patzer zu vermeiden.

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