Motivation der Mitarbeiter „Hier macht niemand nur Dienst nach Vorschrift“

Dina Reit ist seit diesem Jahr Geschäftsführerin beim Wiesbadener Mittelständler SK Laser. Quelle: PR

Dina Reit leitet einen Mittelständler in Wiesbaden und ist sich sicher: Für Mitarbeiter ist Wertschätzung wichtiger als Zusatzleistungen. Doch stimmt das wirklich? Und wie loben Vorgesetzte, ohne verkrampft zu wirken?

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Die Deutschen verlieren nach zweieinhalb Jahren Coronapandemie die Lust an der Arbeit. Hohe Krankenstände, Zwangsversetzung ins Homeoffice, geschlossene Schulen und Kitas drücken auf die Gemüter der Beschäftigen. Fast die Hälfte der Führungskräfte klagt über mangelnde Einsatzbereitschaft. Und so müssen die Vorgesetzten inzwischen zum Animateur werden, um dem Geschäftsrisiko Lustlosigkeit entgegenzuwirken. Doch wie lassen sich die eigenen Mitarbeiter motivieren? Dina Reit ist sich sicher: mit Wertschätzung. Anerkennung motiviert, davon ist die Geschäftsführerin des Familienunternehmens SK Laser überzeugt, freier Eintritt ins Schwimmbad und eine Snack Bar hingegen nicht. Ein Gespräch über Obstkörbe, mehr Gehalt und das richtige Feedback.

WirtschaftsWoche: Frau Reit, diverse Erhebungen zeigen, dass den Deutschen die Lust an der Arbeit verloren geht – die Motivation schwindet. Was motiviert Sie persönlich jeden Morgen, in Ihren Familienbetrieb in Wiesbaden zu kommen?
Dina Reit: Mein Vater hat das Unternehmen SK Laser aufgebaut. Allein diese persönliche Verbindung zur Firma motiviert mich. Ich führe das weiter, was mein Vater geschaffen hat, arbeite mit ihm zusammen. Wir sitzen jeden Tag gemeinsam im Büro. Ich habe einen großen Wirkungsraum, kann viel gestalten, Entscheidungen treffen. Das gilt für alle Mitarbeiter: Hier macht niemand nur Dienst nach Vorschrift.

Die Übergabe des Familienunternehmens ist also noch in vollem Gange?
Genau. Ich bin seit 2019 in der Firma, seit diesem Jahr als Geschäftsführerin – gemeinsam mit meinem Vater. Der Plan ist, dass mein Vater nächstes Jahr in Teilzeit wechselt – und dann 2025 aus dem Unternehmen ausscheidet.

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Sehen Sie sich denn selbst als Motivatorin? Ist das eine Aufgabe von Geschäftsführerinnen wie Ihnen?
Definitiv. Zur Motivation gehört ja auch, dass ich dem Team eine Vision gebe, Konflikte löse, ein gutes Betriebsklima herstelle. Wenn es im Unternehmen läuft, motiviert das nicht nur mich als Geschäftsführerin. Sondern das gesamte Team.

Sie haben vor drei Wochen einen Beitrag auf dem Karrierenetzwerk LinkedIn gepostet, in dem Sie darüber schreiben, was Menschen eigentlich im Job motiviert. Eine Frage, über die sich die Wirtschaftspsychologen seit Jahrzehnten streiten. Wie kam es dazu?
Ich war bei einem großen Wiesbadener Unternehmen mit mehreren tausend Mitarbeitern zu Besuch. Das Unternehmen hat in den vergangenen Monaten und Jahren immer mehr Zusatzleistungen eingeführt, um die Belegschaft zu motivieren: kostenloser Eintritt in alle Schwimmbäder in Wiesbaden, freie Mitgliedschaften in Fitnessstudios – und deutlich mehr Homeoffice. Der Personalleiter klagte dennoch über die hohe Krankheitsrate in der Belegschaft, über eine hohe Fluktuation und die geringe Motivation. Ich sagte dazu, dass ich mir ja auch in der Beziehung keinen Partner wünsche, der mich mit Geschenken zuschüttet, aber emotional nicht für mich da ist. Ich wünsche mir einen Arbeitgeber, der sich um mich sorgt – und mir nicht bloß lauter Extras spendiert.

Wie ging die Geschichte weiter?
Tatsächlich fährt dieses Unternehmen die ganzen Extras gerade zurück: Die Mitgliedschaft bei den Fitnessstudios ist nicht mehr kostenlos. Die Mitarbeiter müssen zehn Euro selbst bezahlen. Total skurril: Das Angebot nehmen jetzt mehr Leute wahr als vorher. Die Führungskräfte erhalten Trainings, sollen viel häufiger mit den Mitarbeitern sprechen. Tatsächlich habe ich zu meinem Beitrag sehr viele persönliche Nachrichten erhalten, darunter auch Anfeindungen.

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Das müssen Sie erklären.
Es waren Nachrichten dabei wie „Nicht jeder kriegt ein Unternehmen geschenkt“. Und: „Für viele Leute ist das Gehalt nun mal das Allerwichtigste.“ Und das stimmt ja auch. Das Gehalt ist immens wichtig, es muss passen. Keine Frage. Aber: Der x-te Gutschein führt nicht zu mehr Motivation. Das Prinzip Gießkanne funktioniert bei Zusatzleistungen nicht. Meine Erfahrung zeigt: Wenn die Grundbedingungen wie das Gehalt stimmen, dann sind die Wertschätzung und der persönliche Bezug viel wichtiger.

Mit dem familiären Umfeld werden Sie allerdings nicht jede und jeden restlos glücklich machen. Welche Benefits bieten Sie denn an?
Wir haben als kleiner Mittelständler das Glück, dass wir uns nicht pauschale Ideen für Tausende Leute überlegen müssen. Wir sprechen mit jedem im Betrieb darüber, wie wir ihn oder sie unterstützen können: Das kann dann ein Nahverkehrsticket sein oder ein Zuschuss zur Autofahrt.

Also monetäre Maßnahmen. Hand aufs Herz: Ist Geld nicht immer noch der beste Motivator?
Na klar, für die Mitarbeiter ist Geld meist wichtiger als ein schöner Obstkorb in der Kaffeeküche. Da machen wir uns nichts vor. Ich erlebe allerdings auch, dass die Leute ihr Leben sehr unterschiedlich gestalten möchten – und der eine mehr Wert auf Geld legt, die andere allerdings weniger.

Sie schrieben bei LinkedIn, dass direktes Feedback und kurze auch informelle Gespräche zwischendurch wichtig seien. Doch wie gelingt das? Zu viel Anerkennung und Feedback können schnell gekünstelt und gezwungen wirken.
Mit ehrlichem Interesse an der Arbeit. Wenn ein Mitarbeiter eine coole Lösung gefunden hat, freue ich mich in dem Moment mit demjenigen gemeinsam. Es bringt doch nichts, nur jedes Jahr im Mitarbeitergespräch über die Leistung der vergangenen zwölf Monate zu sprechen. Das ist gedanklich so weit weg. Ich bin bei uns operativ tätig. Ich bekomme mit, wenn die Mitarbeiter etwas richtig gut machen. Dann sage ich abends, kurz vor Feierabend: „Heute hast Du echt was gerissen!“ So merken die Mitarbeiter, dass ich als Geschäftsführerin sehe, was sie leisten.

So salopp loben Sie?
Na klar. Oder: „Richtig geil, dass Du das geschafft hast!“ Wir duzen uns ja alle. Ich bin keine Vorstandsvorsitzende, die mit dem Chauffeur zur Firma kommt. Wir sind ein kleiner Mittelständler, sehr nah dran an unseren Mitarbeitern. Wenn ich Hunderte Mitarbeiter unter mir habe und die nur jedes Jahr einmal unter vier Augen spreche, könnte ich so nicht mit ihnen reden.

Bei vielen Mittelständlern herrschen dennoch sehr starre, über Jahre hinweg gewachsene Hierarchien. Auch die können Motivation ersticken. Wie ist das bei Ihnen?
Wir haben zwei Führungsebenen. Natürlich habe ich deshalb mit manchen Mitarbeitern viel mehr Kontakt als mit anderen. Ich gebe mir aber immer Mühe. Wenn ein Mitarbeiter bei einem Kunden zum Service war, versuche ich nach dem Termin immer zu fragen, wie es war. Das geht nicht nach jedem Servicetermin. Doch manchmal genügt es, die Leute zumindest bei der zufälligen Begegnung auf dem Flur zu fragen, was sie gerade umtreibt – und dann ein Feedback zu geben.

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Wir sind uns tatsächlich sehr ähnlich: Mein Vater pflegt einen extrem persönlichen, familiären Umgang mit den Mitarbeitern. Das versuche ich auch. Allerdings hat sich die Erwartung der Mitarbeiter in den vergangenen Jahrzehnten nicht nur bei uns geändert: Sie wünschen sich mehr Feedback, mehr Anerkennung, mehr Wertschätzung.

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