Unter Beobachtung des Verfassungsschutzes Was AfD-Beamten jetzt blüht

Wer als Beamter Mitglied in der AfD ist, könnte nach der Entscheidung zur Beobachtung der Partei durch den Verfassungsschutz, auch verstärkt von seinem Dienstherren unter die Lupe genommen werden. Quelle: dpa

Seit Dienstag ist klar, der Verfassungsschutz darf die AfD als Gesamtpartei beobachten. Rechtsanwalt Michael A. Else erklärt, wie der Staat künftig mit Beamten umgehen wird, die ein AfD-Parteibuch haben. Von ihnen gibt es nämlich einige.

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Anfang der Woche hat das Kölner Verwaltungsgericht erlaubt, dass die AfD als Gesamtpartei durch den Verfassungsschutz beobachtet werden darf. Das beschäftigt auch Rechtsanwalt Michael A. Else, der auf Beamtenrecht spezialisiert ist und seit den frühen 2000er Jahren in seiner Wiesbadener Kanzlei sowohl Beamte als auch deren Dienstherren berät. Das Urteil aus Köln hat seiner Meinung nach auch verbeamtete Parteimitglieder aufgeschreckt.

WirtschaftsWoche: Herr Else, Beamte legen bei ihrem Eintritt in den Dienst einen Eid aufs Grundgesetz ab. Inwiefern steht das schon im Gegensatz zu der jüngsten Gerichtsentscheidung, dass der Verfassungsschutz die AfD als Ganzes beobachten darf?
Michael A. Else: Zunächst gilt wie immer der rechtsstaatliche Grundsatz, dass jeder erstmal so lange unschuldig ist, bis seine Schuld bewiesen ist. Es könnte ja auch passieren, dass die Partei gar nicht als verfassungswidrig eingestuft wird. 

Also alles beim Alten?
Naja, nicht ganz. Die Tatsache alleine, dass jemand Mitglied in der AfD ist, reicht nicht aus, damit der Dienstherr Maßnahmen gegen den Betroffenen einleiten kann. Es kann aber schon sein, dass einzelne Mitglieder während der Beobachtung durch Äußerungen in sozialen Netzwerken oder die Teilnahme an bestimmten Veranstaltungen auffallen. Dies kann dann zu einem Gesamtbild führen, dass ein Beamter die freiheitlich demokratische Grundordnung infragestellt.

Welche Folgen hätte das dann für den einzelnen?
Das kommt darauf an, in welchem Bereich er arbeitet und ob er im Vorfeld schon aufgefallen ist. Ein Lehrer zum Beispiel, der sich in der Vergangenheit häufiger befremdlich über das Dritte Reich, den Holocaust oder die Flüchtlingsfrage geäußert hat und sich dann als Mitglied der AfD entpuppt, wird sicherlich verstärkt von der Schulleitung beobachtet und muss im Zweifel auch mit einem Disziplinarverfahren rechnen. Auch Beamte, deren Job sicherheitsrelevant ist, werden sicherlich drastischere Folgen spüren.



Was bedeutet das?
Beamte, in besonders sicherheitsempfindlichen Tätigkeiten, die etwa Zugriff auf sensible Informationen haben, zum Beispiel in verteidigungswichtigen Einrichtungen, Verfassungsschützer oder auch Personenschützer, müssen sich einer Sicherheitsüberprüfung unterziehen. Da geht es um verschiedene Dinge: Hat derjenige ein Alkoholproblem oder hohe Schulden? Aber auch: Wie sieht das persönliche Umfeld aus und welchen Vereinigungen gehört er an? Bei einer solchen Sicherheitsüberprüfung könnte jetzt auch nach der AfD-Mitgliedschaft gefragt werden, da zumindest in Zweifel gezogen wird, ob diese die freiheitlich demokratische Grundordnung achtet. 

Jemandem, der Mitglied in der AfD ist, könnte zukünftig diese Freigabe entzogen werden?
Die Mitgliedschaft alleine wird nicht reichen, aber sie ist sicherlich ein Anlass, genauer hinzuschauen. Wenn dann tatsächlich die Sicherheitsüberprüfung nicht bestanden wird, muss der Beamte in einer anderen Tätigkeit eingesetzt werden. Ich kann mir auch vorstellen, dass das AfD-Parteibuch Beförderungen in bestimmte Funktionen zukünftig im Wege stehen könnte.

Muss ich denn überhaupt angeben, wenn ich in einer Partei Mitglied bin?
Nein. Das darf nicht abgefragt werden, da keine allgemeine Gesinnungsprüfung vorgenommen werden darf. Allerdings kann nach einzelnen kritischen Vereinigungen gefragt werden und das könnte künftig auch die AfD umfassen. Maßstab ist immer die Verfassungstreue des Beamten, die Mitgliedschaft könnte als Indiz herangezogen werden.

Wenn die AfD vom Bundesverfassungsgericht tatsächlich als verfassungswidrig eingestuft werden sollte, welche Konsequenzen hätte das für verbeamtete Parteimitglieder?
Der Dienstherr müsste dann davon ausgehen, dass sie sich mit der Ideologie der Partei gemein machen und nicht mehr auf dem Boden der freiheitlich demokratischen Grundordnung stehen. Wenn sie keine Funktion inne hatten und auch sonst nicht aufgefallen sind, könnte es reichen, wenn sie sich ausdrücklich distanzieren. Wenn die Verstrickung mit der Partei enger war, würde das sicherlich nicht mehr reichen. Dann müssten Beamte auch mit einer Entfernung aus dem Dienst rechnen.

Es kommt selten vor, dass Beamte ihren Posten verlieren. Was sind andere Gründe für einen Rauswurf?
Beamte müssen immer dann um Konsequenzen in ihrem Job fürchten, wenn sie eine  Pflichtverletzung begangen haben - also etwa gefälschte Arztrechnungen für die Beihilfe eingereicht haben oder sich durch ihren Posten einen Vorteil verschafft haben. Aber auch sobald etwas strafrechtlich Relevantes geschieht. Neulich gab es einen Fall, in dem ein Beamter im privaten Bereich einen gefälschten Impfausweis vorgezeigt hat. Ein anderes Problem sind ungeordnete Vermögensverhältnisse, also wenn jemand hohe Schulden hat. Man könnte dann vermuten, dass jemand anfällig für Bestechung ist.

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Und was passiert in diesen Fällen?
Das ist sehr vielfältig. Das kann erstmal ein schriftlicher Verweis sein, eine Geldbuße oder eine Rückstufung in eine niedrigere Position. Bei wirklich großen Verfehlungen, wenn man sich zum Beispiel nicht mehr auf dem Boden der freiheitlich demokratischen Grundordnung bewegt oder Gelder veruntreut, dann kann es auch zu einer Entfernung aus dem Dienst kommen. Bis ein solches Verfahren durch ist, dauert es aber häufig Jahre.

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