Auch hier kommt es auf Vertrauen an: Kennen sich Geldgeber und Unternehmer, sind viele Fragen schnell und unkompliziert beantwortet. „Ein Problem gibt es allerdings bei unterschiedlichen Gesellschafterinteressen“, sagt Fabian Schmidt, Mitgründer von Fanmiles. Das Start-up arbeitet an einem digitalen Treuepunkte-Programm. Schmidt zufolge kommt es regelmäßig vor, dass Halbsätze im Vertragstext geändert werden. Diese aktualisierten Versionen müssen von allen Parteien abgesegnet werden. Davon profitieren allerdings vor allem die beteiligten Anwälte.
Irgendwann treffen sich die Partner beim Notar. Sind sich alle einig, werden die geänderten Gesellschafteranteile im Handelsregister eingetragen – Ordnung muss sein. Erst danach wandert das Geld aufs Firmenkonto. Der Gründeralltag läuft in der Zwischenzeit weiter. „Wenn sich ein Bäcker Geld von der Bank holt, dann feiert er ja auch nicht“, sagt Fanmiles-Gründer Schmidt, „sondern er überlegt, was er tun muss, um das Geld richtig einzusetzen und zurückzuzahlen.“
Bloß nicht prassen
Just an dieser Stelle müssen Gründer diszipliniert sein: Wenn das Firmenkonto innerhalb von wenigen Wochen um siebenstellige Beträge wächst, sollten die Ausgaben nicht sprungartig steigen. „Der Tag nach der Finanzierung hat für uns keinen Unterschied gemacht“, sagt Schmidt. 2,7 Millionen Euro hat sein Start-up im vergangenen Winter erhalten, unter den Investoren war auch der Fußballprofi Philipp Lahm. Sekt kalt gestellt hatten er und seine Mitgründer aber weder für den Notartermin noch für einen Umtrunk nach Erhalt der Summe. „Wir feiern mit dem Team erst Weihnachten“, sagt Schmidt, „dann wissen wir, ob das Jahr gut war.“
So sieht der deutsche Start-up-Markt aus
Startups sind per Definition des Deutschen Start-up-Monitors (DSM) jünger als zehn Jahre und zeichnen sich durch "ein signifikantes Mitarbeiter- und/oder Umsatzwachstum" aus. Wer einen Kiosk eröffnet, hat demnach kein Start-up gegründet, sondern eine sogenannte Existenzgründung. Und wer ein Schuhgeschäft mit drei Angestellten aufmacht, betreibt ein kleines, mittelständisches Unternehmen (KMU) und kein Start-up.
Quelle: Deutscher Start-up-Monitor vom Bundesverband Deutsche Startups e.V. (BVDS) und KPMG in Deutschland
Das dritte Kriterium, woran man ein Start-up erkennt: die Gründer sind mit ihrer Technologie und/oder ihrem Geschäftsmodell (hoch) innovativ. "Gründerinnen und Gründer sind voller Ideen und voller Begeisterung. Sie entwickeln aus Problemlösungen Geschäftsmodelle. Gründungen sind Lebenselixier für unsere Wirtschaft und Motor des strukturellen Wandels. Denn kreative Ideen und innovative Geschäftsmodelle modernisieren unsere Wirtschaftsstruktur, erhöhen die Wettbewerbsfähigkeit und schaffen neue Arbeitsplätze", sagte Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) in seinem Grußwort zum aktuellen DSM.
Die meisten Start-ups finden sich in der Rhein-Ruhr-Region, in und um München, in der Region Karlsruhe/Stauttgart, im Raum Hamburg, in und um Frankfurt am Main - und natürlich in Berlin: Auf 1.000 erwerbsfähige Berliner kommen 26 Gründer - so viele wie nirgendwo sonst in Deutschland.
Laut dem European Startup Monitor arbeiten inklusive der Gründer 12,9 Menschen in einem durchschnittlichen europäischen Startup. In Deutschland ist die Zahl der Mitarbeiter überdurchschnittlich hoch: Hier sollen Startups im Schnitt über 15 Mitarbeiter verfügen – ohne die Gründer mitzurechnen.
Knapp zehn Prozent der Gründerinnen und Gründer von Startups und 22 Prozent der Beschäftigten in Startups kommen aus dem Ausland. Rund 13 Prozent der Gründer in Deutschland sind Frauen.
Soll niemand denken, Investoren achteten nicht penibel darauf, was aus ihrem Geld wird. Der eine will monatliche Reports, andere rufen nur sporadisch mal an. Bei größeren Geldgebern ist der Austausch in aller Regel enger. Die Mittelständische Beteiligungsgesellschaft Baden-Württemberg hat in etwa 20 Start-ups investiert. Damit dabei der Überblick erhalten bleibt, gibt es feste Strukturen: „Wir stellen in der Regel einen 100-Tage-Plan auf, um Ziele festzuhalten“, sagt Vorstand Dirk Buddensiek.
Auch Atomico-Partner de Vries führt bereits während der Finanzierungsverhandlungen ausführliche Gespräche und will wissen, wann und wofür die Gründer das Kapital ausgeben. „Wenn das Geld dann auf der Bank ist, wollen wir nicht, dass sie diese Pläne einfach ändern“, sagt de Vries.
Ende 2016 konnte Fanmiles die letzte Finanzierungsrunde abschließen, an die Öffentlichkeit ging das Start-up mit dem Investment Anfang März. Die guten Nachrichten sorgten nicht nur für eine Runde Aufmerksamkeit für Firma und Produkt, sondern auch für Interesse bei potenziellen neuen Mitarbeitern. „Wenn gute Leute sehen, dass Geld da ist“, sagt Schmidt, „dann häufen sich die Initiativbewerbungen.“