Bei den Schulen, an denen tatsächlich Schüler, Eltern und Lehrer gemeinsam Kleiderordnungen verabschieden, sei das entweder „eine Reaktion auf einen allgemeinen Bedarf oder der Versuch, ein Alleinstellungsmerkmal zu generieren.“
Also doch verkehrte Welt? In den USA starten junge Menschen Petitionen, damit sie sich kleiden dürfen, wie sie möchten und hierzulande schreiben sich Teenager gegenseitig vor, wie sie sich zu kleiden haben? Zugegeben, die Regeln, die die Schüler aufgestellt haben, sollte jeder berücksichtigen, ob in der Schule, im Büro oder beim Einkaufen.
So kleiden Sie sich richtig
Wie kleidet man sich ordentlich? Dabei geht es um mehr als die Frage, ob mit oder ohne Krawatte. Welche Aussagen lassen sich durch welche Kleidung transportieren? Das ist keineswegs Jacke wie Hose. Ein Crashkurs.
Im Englischen heißt es „it fits“, wenn etwas passt. Daher das Wort „Outfit“. Ihre Kleidung sollte in drei Kategorien passen: Dem Anlass entsprechend, dem Typ entsprechend und der individuellen Aussage entsprechend. Genau in der Schnittmenge liegt das für sie optimale Outfit.
Anzug oder Kostüm sollten Werte wie Vertrauen und Sicherheit widerspiegeln. Das gilt auch für Mitarbeiter im Back-Office. Ein Ziel ist Understatement. Die Kleidung sollte modern und nicht bieder wirken; dunkle Business-Farben wirken am besten.
Es gilt, einen Tick schicker zu sein als im klassischen Business. Hosen mit Pullover gehen maximal in der Werbebranche. Ansonsten eher kompletter Hosenanzug oder Blazer-Hose-Kombi für Damen, Anzüge und Kombinationen für Herren. Anspruchsvoll, gehobene Qualität und dunklere Farben.
Professioneller Look ist hier unabdingbar. Klassische Kostüme, Anzüge und Kombinationen in mittleren bis dunkleren Farbtönen. Farben dürfen nicht ins Auge springen, sollten aber modern sein.
In der Werbung oder bei den Medien darf es bunter und ausdrucksstark zugehen. Hier ist Nähe angesagt und schwarze Kleidung ist da sehr hinderlich.
Für besonders große Männer empfehlen sich farbliche Unterteilungen. Also zum Beispiel blaue Hose oder roter Pullover. Das unterbricht die Größe und lässt Sie weniger lang wirken. Männer mit langen Beinen tragen am besten längere Jacken und Ärmel.
Ist Ihr Körper insgesamt kurz, empfiehlt sich farblich Ton in Ton. Farbliche Unterteilungen würden die Kürze betonen. Haben Sie kurze Beine, sollten Sie von Hosenaufschlägen absehen – und auch davon, Ärmel aufzukrempeln.
Tiefsinnige und Kreative wollen sich ausdrücken. Die Erscheinung darf Außergewöhnliches bieten, also kreativer Kragen, Schmuck, extravagante Brille oder bunte Farben. Bodenständige Typen verwenden besser natürliche Materialien und Erdtöne. Dramatiker und Extrovertierte mögen vielleicht asymmetrisch geschnittene Kleidung – sie sollten dann aber darauf achten, dass sie niemals billig wirkt. Zu sportlichen Typen passen Blau und Grün.
Sollten Sie eine schlanke Frau sein und Kleidergröße 32 bis 34 tragen, sehen Röhrenjeans super aus. Ab Kleidergröße 40 sehen Sie mit ihnen dicker aus. Es liegt also stets an der Form ihres Körpers.
Sind Schulter, Taille und Hüfte gleich breit, empfiehlt sich eine gerade Hose oder ein gerader Rock.
Die Schulter ist schmaler als die Hüfte. Hier sollten Sie Hosen und Rücke in der sogenannten A-Linie mit kurzen Oberteilen kombinieren.
Die Schulter ist breiter als die Hüfte: Hier empfehlen sich Caprihosen, Röhrenhosen und enge Röcke. Die schmalen Hosen lassen sich gut in Stiefel stecken.
Die Figur ist wie eine 8 geformt. Sie ist eine sehr weibliche Figurform. Die Röcke sind konisch geschnitten, sie werden zum Knie hin schmaler. Passende Hosen sind Hosen in Bootcut-Schnitten.
Man müsse bei der Diskussion jedoch bedenken, dass die Schülerinnen nicht oben ohne zur Schule kommen, wie Ingo Barlovic, Jugendforscher und Geschäftsführender Gesellschafter des Marktforschungsinstituts Iconkids & Youth, sagt.
Trotzdem – an einigen deutschen Schulen muss offenbar ein Dresscode her. „Die Regelungen sollen die Schüler nicht in ihrer Persönlichkeitsentfaltung einschränken, sondern nur aufzeigen, was auch die Schülerinnen und Schüler selbst als unpassend empfinden“, heißt es von Seiten des Würzburger Deutschhaus-Gymnasiums.
Rein rechtlich wäre ein strikter Dresscode von Seiten der Schulleitung in Deutschland auch nicht ohne weiteres möglich. Schließlich könnten sich die Schüler auf ihr Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit berufen, zu der die Kleidung gehört. Schlecht angezogen sein ist ein Grundrecht.
"Heute wird offen Druck ausgeübt"
Erst wenn die Kleidung den Schulfrieden stört, beispielsweise wegen rechter Symbole auf T-Shirts, können Lehrer und Schulleiter eingreifen. Woher kommt also der vorauseilende Gehorsam, den es nicht nur an besagtem Würzburger Gymnasium gibt? „Die Jugend ist sehr konservativ. In unserer Gesellschaft fehlen Werte, deshalb suchen sich die Jugendlichen etwas, woran sie sich festhalten können“, erklärt Barlovic.
Und Christian Schuldt vom Zukunftsinstitut in Frankfurt schreibt in seiner Studie „Youth Economy“: „Unsicherheit und Offenheit ist nach Ansicht des Jugendforschers Klaus Hurrelmanns prägend für die von 1985 bis 2000 geborenen jungen Leute.“ Die Folge sei eine „suchende, sondierende Haltung, aber auch eine gewisse Wurschtigkeit. Das Richtige gibt es nicht mehr.“
Hinzu komme die allgegenwärtige Mainstreamkultur, wie Barlovic sagt. „Ein Verhalten, das von dem abweicht, was ‚zum guten Ton gehört‘, wird immer weniger toleriert. Es muss alles korrekt sein, Anders ist nicht gewollt.“ Dabei sei es zunächst einmal egal, ob es um Hotpants, Fleischkonsum oder eine Sportallergie gehe. „Die jungen Menschen wollen nicht anecken und freuen sich über Regeln, die das verhindern“, sagt er. Schließlich drohe von allen Seiten der Shitstorm – sowohl in der Realität als auch im Netz. „Wo früher nur getuschelt wurde, wird heute offen Druck ausgeübt“, so Barlovic.
Reinders sieht bei den Jugendlichen dagegen eine gestiegene Kompromissbereitschaft. „Rebellion findet hauptsächlich zu Hause statt, die Jugendlichen sind aber deshalb nicht gleich von Sinnen“, sagt er. Insgesamt sei die Jugend sehr konservativ – jedenfalls im Vergleich zur Elterngeneration. „Ihnen sind Werte wie Pflichtgefühl oder Pünktlichkeit auch durchaus wichtig, auch wenn sie sie nicht immer leben“, so der Forscher.
Wer in Würzburg den Dresscode nicht lebt und in zu knapper oder transparenter Kleidung erscheint, muss sich übrigens umziehen. Wer kein Ersatz-T-Shirt dabei hat, wird ins Sekretariat geschickt. „Dort erhält er ein T-Shirt aus der alten Schulkleidungskollektion, das sie oder er nach einer Woche dort wieder gewaschen und gebügelt abgeben muss“, heißt es von Seiten der Schule. Widerstand der Schüler gab es bislang übrigens kaum. Dabei sei das Aufbegehren der Jugend gegen Regeln durchaus wünschenswert, wie Reinders sagt. „Das ist Demokratie.“