FH oder Universität Welche Hochschulform passt für wen?

An Unis wird mehr geforscht, Fachhochschulen sind praxisnäher. Dieser Unterschied wird zwar geringer, dennoch bleibt die Entscheidung zwischen beiden Hochschulformen für Studienanfänger wichtig.  

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Studenten in einem Hörsaal Quelle: dpa

Lange Zeit belastete der Zusatz "FH" nach dem "Dipl. -Ing" den Lebenslauf von Fachhochschul-Absolventen. Wer von der Uni kam, galt als schlauer, hatte er doch eine theoretischere Ausbildung hinter sich. Von der Fachhochschule (FH) hingegen kamen die Praktiker, die anwenden aber angeblich nicht entwickeln und forschen konnten. Dementsprechend sollten Graduierte von der Uni höher klettern in der Karriereleiter und mehr verdienen.

Das alles war einmal. 

Seit der Einführung des Bachelor- und Masterstudiums im Zuge der Bologna-Reform im Jahr 1999 verwischt die Grenze zwischen beiden Hochschulformen. Dass Unis theoretischer ausgerichtet sind und FHs auf Praxis setzen, gilt heute nicht mehr uneingeschränkt. So gehören etwa Praxissemester an der Universität immer häufiger zum Lehrangebot. Auf der anderen Seite wird auch an FHs immer mehr geforscht, mit Hilfe staatlicher Programme und oft gemeinsam mit Unternehmen. Auch das Promotionsrecht beanspruchen die FHs. Bisher vergeblich. Nur Unis können bislang akademische Doktor-Weihen verleihen. 

Das sind die besten deutschen Unis
Rang 1: Universität von Oxford Quelle: Creative Commons/Bill Tyne
Platz zehn: Uni Bonn Quelle: Universität Bonn, Dr. Thomas Mauersberg
Platz neun: Universität in Tübingen Quelle: dpa
Platz acht: Technische Uni Berlin Quelle: dpa
Platz sieben: Freie Universität Berlin Quelle: dpa/dpaweb
Platz sechs: Universität Freiburg Quelle: dpa/dpaweb
Platz fünf: Rheinisch-Westfaelische Technische Hochschule (RWTH) Aachen Quelle: dpa

Theorie an der Uni, Praxis an der FH 

Andererseits: "Die Fachhochschulen sollten sich weiterhin über die anwendungsorientierte Ausbildung profilieren, sie leisten hier exzellente Arbeit", sagt Matthias Jaroch. Das muss er sagen, immerhin ist er Sprecher des Deutschen Hochschulverbands, der Interessenvertretung der Universitäten. Dass die Uni immer mehr zur FH werde und umgekehrt, hält Jaroch für eine Fehlentwicklung. 

Beispielsweise haben Dozenten an der Universität mehr Zeit, um Grundlagen zu erforschen und sich der Theorie stärker zu widmen. Während das Uni-Lehrpersonal neun Stunden pro Woche unterrichtet, sind es bei Hochschullehrern 16 bis 18 Stunden, so Jaroch. 

Zahlen des Statistischen Bundesamtes unterstützen diese Sicht: Erwarb ein Hochschulprofessor vergangenes Jahr 23.000 Euro an Drittmitteln fürs Forschen, sammelte ein Universitätsprofessor durchschnittlich 260.000 Euro ein. Mit einem solchen Etat lässt sich natürlich intensiver arbeiten. 

Die Bewerbungsvoraussetzungen für FH-Professoren verdeutlichen den Praxis-Schwerpunkt außerdem: Sie müssen fünf Jahre in der Wirtschaft gearbeitet haben, um an der FH unterrichten zu dürfen. Für Uniprofessoren gilt das nicht. Wer mit 19 Jahren also schon weiß, dass er einmal in der Wissenschaft arbeiten will, dem sei die Universität empfohlen. 

FH gibt klare Vorgaben 

"Wer klare Strukturen mag und ein konkretes Berufsziel vor Augen hat, dem dürfte das Studium an der Fachhochschule besser gefallen", sagt Jens Hohensee, der für die Beratung Kienbaum Unternehmen bei der Personalsuche unterstützt. 

Für Studienanfänger ist es also vor allem eine Frage des eigenen Lernstils. Kann ich mir meine Zeit gut selbst einteilen? Hilft mir ein Stundenplan? Grabe ich mich gerne in Bücher ein und studiere auch mal gerne für den Selbstzweck?

Freie Fächerwahl kann überfordern

Papierkram für Erstsemester
Eine Steuererklärung Quelle: dpa
Eine erkältete junge Frau Quelle: dpa
Füße vor einem Fernseher Quelle: dpa
Eine Studentin wohnt in einem Schaufenster Quelle: dpa
Ein Student bei seinem Nebenjob Quelle: AP
Ein Fahrrad wird geklaut Quelle: dpa

Die Fachhochschulen legen die Stundenpläne wie in der Schule fest, an Universitäten haben die Studenten mehr Freiraum bei der Fächerwahl. Das kann neben all den Freiheiten und der Möglichkeit, in verschiedene Themenbereiche rein zu schnuppern, auch Probleme mit sich bringen. 

"Viele Studenten überfordert das schlicht", sagt Hohensee.  

Wer an der Uni eine Brutstätte der akademischen Freiheit erwartet, dürfte enttäuscht werden. Der Uni-Bachelor läuft zumeist sechs Semester, ist damit meistens kürzer als FH-Studiengänge, die sieben bis acht Semester dauern. Bei einem so dicht gepackten Lehrplan bleibt wenig Zeit für Freiheit. 

Eindeutiges Berufsbild

"Die Studiengänge an der Hochschule zielen gezielter auf einen Beruf ab", sagt Hermann Reuke, Geschäftsführer der Zentralen Evaluations- und Akkreditierungsagentur (ZEva) mit Sitz in Hannover. Sie entscheidet darüber, ob neue Bachelor- und Masterstudiengänge in Deutschland zugelassen werden. 

Mit "gezielter" meint Reuke Studiengänge wie "Nautik und Seeverkehr" an der Hochschule Bremen oder "Pflegemanagement" an der HS Fulda. Wer also schon früh weiß, wo es hingehen soll, kann sich den passenden Studiengang dafür aussuchen. Wer sich mehrere Berufsfelder offen lassen will, sollte sich für die Universität entscheiden – statt "Internationales Management mit Arabisch" lieber BWL wählen.  

Karriere und Gehalt 

"Wer jetzt einen Abschluss macht, hat hervorragende Jobchancen, egal ob er von der FH oder Uni kommt", sagt Personalberater Hohensee. Wegen des Fachkräftemangels und der alternden Bevölkerung suchen Unternehmen nach gutausgebildeten Akademikern. "Von Unternehmen höre ich, dass sie immer seltener auf die Unterscheidung achten." Hohensee hat in den vergangenen sechs Jahren 120 Betriebe bei der Personalsuche unterstützt. Nur die Top-Führungspositionen in Dax-Konzernen blieben Leuten mit Universitätsabschluss vorenthalten. Auch die Vergütungen würden sich annähern, sagt Hohensee.

Das Research-Unternehmen Personalmarkt kommt zu einem anderen Ergebnis: Beispielsweise verdient die Hälfte der Absolventen mit FH-Diplom und zwei Jahren Berufserfahrung zwischen 41.168 Euro und 47.507 Euro im Jahr. Bei Absolventen mit Uni-Diplom liegt die Spanne höher, zwischen 42.984 Euro und 50.443 Euro. Zu den Topverdienern gehören vor allem Leute mit Abschlüssen der klassischen Universitätsstudiengänge, also etwa Mathematik, Rechtswissenschaften, Biologie, Chemie, Physik und Medizin.

Uni-Absolventen sind beliebter

Eine Erhebung von Universum in Kooperation mit der WirtschaftsWoche zeigt zudem, dass Uni-Absolventen 2013 bei sechs verschiedenen Disziplinen die Nase vorn hatten, beliebter sind bei den Arbeitgebern. 35 Prozent der befragten Unternehmensberatungen bevorzugen Masterabsolventen mit Uniabschluss, 17 Prozent wollten lieber FH’ler.

Wer jetzt mit dem Studium beginnt, kann diese Zahlen allerdings gelassen sehen: Studenten mit einem Bachelor-Abschluss von der FH, können den Master später auch an einer Universität antreten und umgekehrt, sofern die Noten und Voraussetzungen stimmen. 

Duales Studium 

Eine weitere Möglichkeit ist das duale Studium. Dabei lernen die Studenten abwechselnd an einer Berufsakademie und in Unternehmen. Die Dualen Studiengänge werden auch von Fachhochschulen (Dortmund) und Universitäten (Uni Siegen) angeboten. 

In Elmshorn können Studenten an der Nordakademie Studiengänge wie Betriebswirtschaft dual studieren. 

"Wenn ich mein Studium nicht selbst finanzieren kann, ist ein duales Studium eine gute Alternative", sagt Reuke von der ZEva. Auch hier besteht wieder der Nachteil, dass Studierende sich sehr stark auf eine Branche und Berufsfeld konzentrieren. Und: bei dem Arbeitspensum bleibt dann noch weniger Zeit für Freiheiten, die fürs Ausprobieren, Sprachkurse und Auslandsaufenthalte genutzt werden können. Dafür ist der Job nach dem Studium fast sicher:  

"Bei Dualen Studiengängen werden die Studenten häufig von den Unternehmen übernommen", sagt Hohensee. 

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