
Wohl jeder Student der Volkswirtschaftslehre hat sich schon einmal gefragt hat, welchen Erklärungsgehalt das im Studium vermittelte Wissen für die Realität bietet. Spätestens wenn mathematische Modelle in Vorlesungen und Lehrbüchern die Realität nonchalant wegdefinieren, beschleichen manch angehenden Ökonomen Zweifel am Lehrstoff.
Statt zum Nachdenken über konkurrierende Theorien anzuregen, verlangt der Mainstream des neoklassisch und neukeynesianisch geprägten Studiums die Kenntnis mathematischer Abhandlungen, die den Eindruck erwecken, die Volkswirtschaftslehre sei eine Teildisziplin der theoretischen Physik.





Schon seit geraumer Zeit wendet sich daher das Netzwerk Plurale Ökonomik gegen die Dominanz der neoklassischen Standardökonomie in den Lehrveranstaltungen der wirtschaftswissenschaftlichen Fakultäten. Die Kritiker werfen der Ökonomie vor, „reale gesellschaftliche Probleme im Schein mathematischer Objektivität und eines überhöhten Dogmatismus in den Hintergrund zu rücken“. Die Vertreter der Initiative fordern daher mehr Methoden- und Theorienvielfalt in der universitären Lehre sowie eine „Selbstreflexion des Faches“. Unter dem Netzwerk haben sich vor allem linke, marktskeptische Strömungen organisiert.
Doch auch aus marktliberalen Kreisen gibt es Kritik an der Standard-Volkswirtschaftslehre. So werfen die Vertreter der Österreichischen Schule der Nationalökonomie der herrschenden Lehre an den Unis vor, sich einseitig auf das neoklassisch/neukeynesianische Paradigma sowie einen übertriebenen Empirismus zu konzentrieren, der mit einer ideengeschichtlichen Entwurzelung einhergehe. Die Österreichische Schule selbst gründet auf einer langen Tradition herausragender Denker. Diese reicht von Carl Menger über Eugen Böhm von Bawerk, Ludwig von Mises, Friedrich August von Hayek bis zu Murray Rothbard und Hans-Hermann Hoppe. Von den meisten Universitäten wird die Lehre der Österreichischer nicht zuletzt aufgrund ihres radikal freiheitlichen und staatskritischen Ansatzes geschnitten.
Individuum rückt in den Vordergrund
Doch das könnte sich bald ändern. Denn es gibt eine Alternative zum Mainstream-Studium. Die private, auf das Unternehmertum ausgerichtete Business and Information Technology School (BiTS) in Berlin bietet zum Sommersemester 2016 einen neuen Master-Studiengang an, der die Lehre der Österreichischen Schule der Nationalökonomie mit praxisnahem Management-Know-how verbindet. Die Studenten sollen auf Basis der Lehre der österreichischen Schule (Austrian Economics), die das einzelne Individuum in den Vordergrund der Analyse stellt, unternehmerisches Denken lernen. „Derzeit führt die Österreichische Schule an den meisten Universitäten völlig zu Unrecht nur ein Schattendasein“, sagt Stefan Kooths, Konjunkturchef am Kieler Institut für Weltwirtschaft und zugleich Programmleiter des Studiengangs.
Das Studium "Entrepreneurial Economics" vermittelt umfassendes Wissen über volkswirtschaftliche Theorien und rückt dabei die unternehmerisch orientierte Erklärung menschlichen Handelns in den Mittelpunkt. „Die Ökonomen der Österreichischen Schule beendeten vor rund 150 Jahren den Stillstand des ökonomischen Mainstreams und bahnten durch eine revolutionäre methodische Umgestaltung den Weg zu modernem ökonomischen Denken“, sagt Kooths. Ein zentraler Schwerpunkt des Studiums an der BiTS besteht daher in der Lektüre der Originalwerke der Ökonomen der Österreichischen Schule. „An die Stelle des flüchtigen Überblicks, wie man ihn sonst in den dogmenhistorischen Seminaren der volkswirtschaftlichen Fakultäten bekommt, tritt bei uns die intensive Auseinandersetzung mit den Originalwerken von Menger, Mises und Co“, sagt Kooths. Wer hier studiert, wird viel lesen.