Jobnomaden Rastlose Fach- und Führungskräfte

Fach- und Führungskräfte werden zu modernen Ich-AGs: Sie wechseln häufig Einsatzort, Branche und Arbeitgeber, arbeiten zeitweise selbstständig oder in Bürogemeinschaften — und vertrauen auf die Kraft ihrer Netzwerke.

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Zickzack-Aufstieg Quelle: Axel Martens für WirtschaftsWoche

Nach drei Jahren war auch einer der besten Arbeitgeber für Nils Michaelis nicht mehr gut genug. Im Frühjahr dieses Jahres kündigte er seinen Job als Produktmanager bei Google in dessen Europazentrale in Dublin.

Trotz guten Gehalts, flexibler Arbeitszeiten, kostenlosen Mittagessens und Fitnessraums. Annehmlichkeiten, die Google in Rankings über den besten Arbeitgeber regelmäßig einen Platz weit vorne bescheren. "Es ist eine Ehre, bei Google zu arbeiten", sagt Nils Michaelis, "aber ich brauche etwas Neues, das mich weiterbringt – auch wenn ich dafür raus muss aus der Komfortzone."

Der Lebenslauf von Nils Michaelis, 31, Sohn eines Kochs und einer Restaurantfachkraft, ist das beste Beispiel dafür, wie heute schon viele Karrieren aussehen und in Zukunft noch öfter aussehen könnten. In zehn Jahren hat er für fünf Unter-nehmen unterschiedlicher Branchen in drei Ländern gearbeitet. Vom coolen Großkonzern Google wechselte er im Juli zum Hamburger Restaurant-Lieferservice Bloomsburys, der gerade mal 45 Mitarbeiter hat.

Michaelis hat nie aufgehört zu lernen: Er absolvierte eine Ausbildung zum Hotelfachmann in Köln, bevor er 2003 nach Michigan zog, um Public Relations zu studieren. Anschließend arbeitete er dort freiberuflich als PR-Berater, bis sein Telefon klingelte, am anderen Ende der Leitung ein Headhunter von Google. Also zog er Ende 2007 nach Irland. "Das war kein leichter Schritt", sagt Michaelis heute, "aber man muss flexibel sein." Und bereit sein, für seine Karriere auf einiges zu verzichten. Zum Beispiel auf Familie: Michaelis’ Eltern leben in Norddeutschland, Kinder hat er noch keine.

Oder aber die Freizeit musste zurückstehen: Parallel zum Job bei Google zog Michaelis in zwei Jahren ein Fernstudium in "Global Marketing" an der Universität Liverpool durch. "Da waren die Samstagnachmittage erst mal gegessen, aber ich wollte in Marketing noch weiterkommen."

Vorwärtskommen gibt den Kick

Weiterkommen, flexibel sein, mobil bleiben: Während Beschäftigte früher langsam und kontinuierlich in ihrem Unternehmen aufstiegen, bevor sie nach 40 Jahren in den Ruhestand verabschiedet wurden, sind Erwerbsbiografien heute häufiger von Orts-, Branchen- und Arbeitgeberwechseln gekennzeichnet. Kletterkarrieren sind an die Stelle von Kaminkarrieren getreten.

Ein Grund: Es gibt immer weniger klassische "Normalarbeitsverhältnisse" — also unbefristete Vollzeitstellen. Während 1970 noch fast neun von zehn Beschäftigten solche Stellen besetzten, ist heute jede zweite Neueinstellung nach Angaben des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) befristet. Etwa 8,7 Millionen Beschäftigte arbeiten in Deutschland in Teilzeit — doppelt so viele wie noch vor 15 Jahren.

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