WirtschaftsWoche: Puma lässt seinen CEO Björn Gulden direkt zum Konkurrenten Adidas wechseln. Normalerweise blockieren Wettbewerbsverbote im Arbeitsvertrag solche unmittelbaren Anschlussverpflichtungen. Haben solche Klauseln an Bedeutung verloren?
Cornelia Marquardt: Wettbewerbsklauseln haben nach wie vor große Bedeutung bei den wichtigsten Managern und Angestellten von Unternehmen. Weil aber die Kosten der Entschädigungszahlungen an den Betroffenen hoch sind, wenn sie ein lukratives Angebot aufgrund der Klausel ausschlagen müssen, vereinbaren Unternehmen diese meistens nur mit Top-Managern und Vertrieblern. Für den CEO eines renommierten Markenartiklers wie Puma würde man aber ein Wettbewerbsverbot erwarten. Das verwundert schon.
Was steht genau in diesen Wettbewerbsklauseln, wie sind die Konditionen?
Durch ein Konkurrenzverbot wird dem jeweiligen Vertragspartner die Tätigkeit für Wettbewerber für einen bestimmten Zeitraum verboten. Maximal zulässig sind dafür in Deutschland zwei Jahre. Außerdem muss durch eine hinreichende Beschränkung des Verbots sichergestellt sein, dass sie den Wechselwilligen nicht stärker einengt als es die schützenswerten Interessen des Unternehmens erfordern. Darin liegt das größte Risiko bei der Vereinbarung von Wettbewerbsverboten.
Inwiefern?
Also man kann das Konkurrenzverbot zum Beispiel räumlich begrenzen, etwa bestimmte Länder. Oder auf eine Branche. Das Risiko für das Unternehmen ist folgendes: Schießen diese Wettbewerbsbeschränkungen über den zulässigen Umfang hinaus, muss sich der Betroffene nicht daran halten. Darüber hinaus muss das Unternehmen dem Manager für den gesamten Zeitraum des Verbots eine Entschädigung zahlen, die so hoch ist wie mindestens die Hälfte der zuletzt gezahlten Vergütung – und zwar der Gesamtvergütung einschließlich variabler Bestandteile. In der Praxis sehe ich auch Vereinbarungen, die eine Entschädigung von 75 Prozent der bisherigen Vergütung vorsehen. Für das Unternehmen sind das also erhebliche Summen.
Sind die hohen Kosten dann auch der Grund, warum Unternehmen auf diese Klauseln verzichten?
Genau. Es ist aus Sicht des Arbeitgebers ja nur sinnvoll, wenn der zu erwartende Schaden durch den zum Wettbewerber wechselnden Manager klar höher sein wird, als die entstehenden Kosten. Es gibt auch Manager, die einfach nicht bereit sind, ein so ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot zu akzeptieren. Je nachdem, wie gut dessen Verhandlungsposition ist – also wie dringend das Unternehmen gerade den Manager für sich gewinnen will – kann er auch den Verzicht auf eine solche Klausel durchsetzen.
Gibt es womöglich einen gegenläufigen Trend, weil im Internetzeitalter Erkenntnisse aus dem vorherigen Job ohnehin schneller überholt sind?
Grundsätzlich nicht, allenfalls in einzelnen Branchen, zum Beispiel bei neuen Technologien. Da haben teure Wettbewerbsklauseln natürlich wenig Sinn.
Können Sie sich einen Grund vorstellen, warum Puma seinen CEO Björn Gulden ausgerechnet zum größten Konkurrenten wechseln lässt?
Dass Björn Gulden mit Auslaufen seines Vertrages zum 1. Januar 2023 direkt zu Adidas wechseln kann, kann aus rechtlicher Sicht vor allem drei Ursachen haben: Entweder konnten sich die Parteien bei Beginn der Zusammenarbeit nicht auf ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot einigen. Oder das vereinbarte Wettbewerbsverbot ist ganz klar unwirksam und Puma will einen aussichtslosen Streit darüber vermeiden. Oder Puma geht davon aus, dass ein möglicher Wettbewerb durch Gulden den Preis für dessen Verhinderung nicht wert ist. Daneben ist es natürlich auch möglich, dass tatsächlich eine freundschaftliche Trennung gewollt ist, weil die Branche überschaubar ist und man sich auch in Zukunft wieder treffen wird. Das gibt es auch.
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